Die Hyperion-Gesänge
der Krone befand sich die unverwechselbare zwiebelförmige Ausbuchtung der Akkumulatorblase. An den kranzförmigen Ästen über der Blase befanden sich Dutzende Nimbusreben, die vor dem grünen und türkisfarbenen Himmel silbern und metallisch aussahen. Ich musste bei dem Anblick unwillkürlich an eine elegante Hohe Moschee der Moslems auf Neu-Mekka denken, die respektlos mit billigem Flitter geschmückt wurde.
»Wir müssen de Brids un’ unsre Ärsche schnellstens hier fortschaffen«, grunzte Tuk. Er bestand darauf, dass wir auf der Stelle die Kleidung für die Flammenwälder anlegten. Den Rest des Nachmittags und Abends stapften wir mit unseren Osmosemasken und dicken Stiefeln mit Gummisohlen weiter und schwitzten unter den steifen Schichten der ledrigen Gammakleidung. Beide Brids waren nervös und spitzten die langen Ohren beim leisesten Geräusch. Ich konnte das Ozon sogar durch die Maske riechen; es erinnerte mich an die elektrischen Eisenbahnen, mit denen ich als Kind an ruhigen Weihnachtsnachmittagen in Villefranche-sur-Saône gespielt hatte.
Heute Abend haben wir unser Lager so dicht wie möglich an einem Asbesthain aufgeschlagen. Tuk hat mir gezeigt, wie ich den Ring der Ableiterpflöcke einschlagen muss, und dabei unaufhörlich abgedroschene Warnungen vor sich hingemurmelt und nach Wolken am Abendhimmel gesucht.
Ich gedenke, trotz allem gut zu schlafen.
TAG 84:
04:00 Uhr –
Heilige Mutter Gottes!
Drei Stunden lang steckten wir mitten im Weltuntergang.
Die Explosionen fingen kurz nach Mitternacht an, anfangs lediglich Blitz und Donner, und Tuk und ich steckten wider besseres Wissen die Köpfe zum Zelt hinaus, um das pyrotechnische Schauspiel zu verfolgen. Ich bin an die Monsunstürme des Matthäusmonats auf Pacem gewöhnt, daher schienen mir die Blitze während der ersten Stunde nicht allzu ungewöhnlich zu sein. Lediglich der Anblick der fernen Teslabäume als immerwährender Brennpunkt der atmosphärischen Entladungen war etwas nervenaufreibend. Doch nur wenig später glühten diese Giganten des Waldes und versprühten ihre akkumulierte Energie, und da wurde – als ich trotz des anhaltenden Lärms gerade wieder einschlafen wollte – das wahre Armageddon entfesselt.
Mindestens hundert Lichtbögen Elektrizität müssen in den ersten zehn Sekunden der anfänglichen Stöße gewaltiger Energie der Teslabäume freigesetzt worden sein. Keine dreißig Meter von uns entfernt explodierte ein Prometheus und ließ brennende Trümmer über fünfzig Meter hinweg auf den Waldboden regnen. Die Ableiterpflöcke glühten und reflektierten Bogen um Bogen blauweißen Todes rings um und über der kleinen Lagerstätte. Tuk schrie etwas, aber bloße Menschenlaute waren über das Toben von Licht und Lärm hinweg nicht zu hören. Ein Stück des verstreuten Phoenix loderte bei den festgezurrten Brids auf, und eines der erschrockenen Tiere riss sich geblendet los und sprang durch den Kreis glühender Ableiterpflöcke. Sofort schoss ein halbes Dutzend Lichtbögen vom nächstgelegenen Teslabaum auf das unglückliche Tier zu. Für einen irren Sekundenbruchteil hätte ich geschworen, dass ich das Skelett des Tieres durch
das brutzelnde Fleisch hindurch erkennen konnte, dann zuckte es hoch in die Luft und war schlichtweg spurlos verschwunden.
Drei Stunden lang haben wir den Weltuntergang beobachtet. Zwei Ableiterpflöcke sind ausgefallen, aber die restlichen acht funktionieren noch. Tuk und ich kauern in der heißen Höhle unseres Zelts; die Osmosemasken filtern genügend kühlen Sauerstoff aus der überhitzten, rauchigen Luft, dass wir atmen können. Einzig die Tatsache, dass es kein Unterholz in der Nähe gibt, und Tuks Geschick, mit dem er unser Zelt fernab von anderen Zielen und in der Nähe der abschirmenden Asbestpflanzen aufgestellt hat, haben es uns ermöglicht, zu überleben. Das und die acht legierten Pflöcke, die zwischen uns und der Ewigkeit stehen.
»Sie scheinen es gut auszuhalten!«, brülle ich Tuk über das Zischen und Knistern, Donnern und Prasseln des Gewitters hinweg zu.
»Sind gemacht für ne Stunde, vielleicht zwey«, grunzt mein Führer. »Dann, oder auch friher, sie schmelzen, wir sterben.«
Ich nicke und schlürfe lauwarmes Wasser durch den Saugschlitz der Osmosemaske. Wenn ich diese Nacht überlebe, möchte ich Gott stets für seine Großzügigkeit danken, dass Er mir gestattet hat, dieses Schauspiel zu sehen.
TAG 87:
Tuk und ich sind gestern mittag aus dem schwelenden
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