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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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zu mir selbst sprach. »Lass ihm eine sichere Überfahrt zuteil werden. Amen.«
    Heute Abend habe ich mein Lager einen halben Kilometer nach Norden verlegt. Das Zelt steht auf einem Stück offenem Gelände zehn Meter entfernt, ich aber sitze mit dem Rücken an einem Felsen, habe den Schlafsack um mich gehüllt und Machete und Strahler griffbereit. Nach Tuks Beerdigung habe ich die Vorräte und Kisten mit Ausrüstung durchgesehen. Nichts war mitgenommen worden, abgesehen von den wenigen verbliebenen Ableiterpflöcken. Ich fragte mich unwillkürlich, ob uns jemand durch den Flammenwald gefolgt
war, um Tuk zu ermorden, damit ich hier festsaß, aber mir fiel kein Motiv für eine derart aufwendige Vorgehensweise ein. Jeder von den Plantagen hätte uns töten können, als wir in den Regenwäldern schliefen, oder – noch besser vom Standpunkt des Mörders aus gesehen – tief in den Flammenwäldern, wo sich niemand über zwei verkohlte Leichen gewundert hätte.
    Damit blieben die Bikura. Meine primitiven Auserwählten.
    Ich habe daran gedacht, ohne die Pflöcke durch den Flammenwald zurückzukehren, den Einfall aber bald aufgegeben. Es bedeutet möglicherweise den Tod, wenn ich bleibe, aber den sicheren Tod, wenn ich umkehre.
    Drei Monate, bis die Ruheperiode der Teslas anfängt. Einhundertzwanzig der sechsundzwanzigstündigen hiesigen Tage. Eine Ewigkeit.
    Lieber Gott, warum ist das über mich gekommen? Und warum wurde ich letzte Nacht verschont, nur um in dieser geopfert zu werden – oder der nächsten?
    Ich sitze hier in der zunehmend dunkleren Felsspalte und höre das geheimnisvolle Stöhnen, das mit dem Nachtwind aus der Kluft emporsteigt, und bete, während die blutroten Streifen der Meteore den Himmel überziehen.
    Spreche Worte zu mir selbst.
     
    TAG 95:
    Die Schrecken der letzten Woche sind weitgehend gewichen. Ich musste feststellen, dass nach ereignislosen Tagen selbst die Angst nachlässt und gewöhnlich wird.
    Ich habe mit der Machete kleine Bäume zum Bau eines Schuppens gefällt, dessen Dach und Wände ich mit Gammastoff bespannt und zwischen den Stämmen mit Lehm abgedichtet habe. Die Rückwand besteht aus dem soliden Stein der Felsen.
    Ich habe meine Forschungsausrüstung durchstöbert und
einiges rausgelegt, obwohl ich glaube, dass ich es jetzt nie mehr benützen werde.
    Ich habe mit Sammelausflügen begonnen, um meinen zunehmend schwindenden Vorrat an gefriergetrocknetem Essen aufzufrischen. Mittlerweile müsste ich, dem absurden Plan folgend, der vor so langer Zeit auf Pacem geschmiedet wurde, seit einigen Wochen unter den Bikura leben und Kleinigkeiten gegen hiesiges Essen eintauschen. Einerlei. Außer meiner Diät aus Chalmawurzeln, die nach nichts schmecken, aber leicht zu kochen sind, habe ich ein halbes Dutzend Arten von Beeren und kleineren Früchten gefunden, die eßbar sind, wie mir das Komlog verrät; bisher habe ich mir nur mit einer Art so sehr den Magen verdorben, dass ich die ganze Nacht am Rand der nächstgelegenen Felsspalte hocken musste.
    Ich schreite die Grenzen der Region so rastlos ab wie eine jener eingesperrten Pelopen, die von den unbedeutenderen Padischahs auf Armaghast so hoch geachtet wurden. Einen Kilometer im Süden und vier im Westen sind die Flammenwälder in höchster Aktivität. Morgens vereint sich Rauch mit den wabernden Nebelschwaden und verbirgt den Himmel. Einzig und allein die fast undurchdringlichen Asbesthaine, der Felsboden hier oben auf dem Gipfelplateau und die Gipfelkuppen, die wie Rückenpanzerplatten nordöstlich von hier verlaufen, halten die Teslas auf Distanz.
    Im Norden wird das Plateau breiter und das Unterholz nahe der Kluft auf einer Strecke von fünfzehn Kilometern dichter, bis der Weg von einer Felsspalte abgeschnitten wird, die ein Drittel so tief und halb so breit ist wie die Kluft selbst. Gestern erreichte ich diesen nördlichsten Punkt und sah voller Frustration über die klaffende Barriere. Eines Tages werde ich es wieder versuchen und nach Osten ausweichen, um eine Stelle zu finden, wo ich hinüberkomme, aber aufgrund der eindeutigen Zeichen der Phoenixe jenseits des Grabens und
der Rauchsäulen am nördlichen Horizont vermute ich, dass ich nur Täler voller Chalma und Steppen der Flammenwälder finden werde, die grob auf der orbitalen Erkundungskarte eingezeichnet sind, die ich bei mir habe.
    Heute habe ich Tuks steiniges Grab besucht, als der Abendwind sein luftiges Wehklagen begann. Ich kniete dort und versuchte zu beten, bekam aber

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