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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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vielleicht sogar beitreten, aber die Bruderschaft steht Außenstehenden nicht offen.«
    Der Bischof rieb eins seiner Kinne. Seine Haut war totenblass, und er blinzelte, als wäre er nicht an Sonnenlicht gewöhnt. »Die Zen-Gnostiker sprechen von vierzig Milliarden Anhängern«, knurrte er. »Aber was ist das schon für eine Religion, hm? Keine Kirchen. Keine Priester. Keine heiligen Bücher. Kein Konzept der Sünde.«
    Duré lächelte. »Es scheint die Glaubensrichtung zu sein, die am besten zu den Zeiten passt – und das schon seit vielen Generationen.«
    »Pah!« Der Bischof schlug mit den Händen auf den Tisch, und Duré zuckte zusammen, als er das Metall der Ringe über Muirholz kratzen hörte.
    »Wie kommt es, dass Sie wissen, wer ich bin?«, fragte Paul Duré.
    Der Tempelritter hob den Kopf gerade so weit, dass Duré Sonnenlicht auf Nase, Wangen und dem spitzen Kinn im Schatten der Kapuze sehen konnte. Er sagte nichts.
    »Wir – haben Sie ausgewählt«, knurrte der Bischof. »Sie und die anderen Pilger.«
    »Wir, ist das die Kirche des Shrike?«, sagte Duré.
    Der Bischof runzelte angesichts dieses Ausdrucks die Stirn, nickte aber wortlos.
    »Warum die Aufstände?«, fragte Duré. »Warum die Unruhen, während die Hegemonie bedroht wird?«
    Als sich der Bischof das Kinn rieb, funkelten rote und schwarze Steine im Abendlicht. Hinter ihm raschelten eine Million Blätter in einer Brise, die den Geruch regennasser Vegetation mit sich trug. »Die Letzten Tage sind angebrochen, Priester. Die Prophezeiungen, die uns das Avatar vor Jahrhunderten
gemacht hat, erfüllen sich vor unseren Augen. Was Sie Aufstände nennen, sind die ersten Todeskrämpfe einer Gesellschaft, die den Tod verdient hat. Die Tage der Buße sind gekommen, und der Herr der Schmerzen wird bald unter uns wandeln.«
    »Der Herr der Schmerzen«, wiederholte Duré. »Das Shrike.«
    Der Tempelritter machte eine beschwichtigende Geste mit einer Hand, als wollte er die Aussage des Bischofs ein wenig abschwächen. »Pater Duré, wir sind über Ihre wundersame Wiedergeburt im Bilde.«
    »Nicht wundersam«, sagte Duré. »Die Laune eines Parasiten namens Kruziform.«
    Wieder eine Geste mit den langen, braungelben Fingern. »Wie Sie es auch sehen, Pater, die Bruderschaft jubiliert, weil Sie wieder unter uns sind. Bitte fahren Sie mit den Fragen fort, die Sie bei Ihrem Anruf vorhin erwähnt haben.«
    Duré rieb die Handflächen am Holz des Stuhls und betrachtete den Bischof, der ihm in all seiner schwarzroten Masse gegen übersaß. »Ihre Gruppen arbeiten schon seit geraumer Zeit zusammen, richtig?«, sagte er. »Die Bruderschaft der Tempelritter und die Kirche des Shrike.«
    »Kirche der Letzten Buße«, sagte der Bischof in einem Bassknurren.
    Duré nickte. »Warum? Was bringt Sie in dieser Angelegenheit zusammen?«
    Die Wahre Stimme des Weltbaums beugte sich vor, sodass wieder Schatten unter der Kapuze herrschte. »Sie müssen wissen, Pater, dass die Prophezeiungen der Kirche der Letzten Buße Berührungspunkte mit unserer Mission im Namen des Muir haben. Nur diese Prophezeiungen enthalten den Schlüssel zur Strafe, die über die Menschheit kommen muss, weil sie ihre eigene Welt getötet hat.«
    »Die Menschheit allein hat die Erde nicht zerstört«, sagte
Duré. »Es war ein Computerirrtum beim Versuch des Teams von Kiew, ein mikroskopisches Schwarzes Loch zu erschaffen.«
    Der Tempelritter schüttelte den Kopf. »Es war menschliche Anmaßung«, sagte er leise. »Dieselbe Anmaßung, mit der unsere Spezies sämtliche Lebensformen ausgerottet hat, die selbst vielleicht eines Tages Intelligenz entwickelt hätten. Die Seneschai Aluit auf Hebron, die Zeplen von Whirl, die Marschzentauren von Garden und die Primaten der Alten Erde …«
    »Ja«, sagte Duré. »Es sind Fehler gemacht worden. Aber deshalb sollte die Menschheit nicht zum Tode verurteilt werden, oder?«
    »Die Strafe wurde von einer viel größeren Macht als uns verhängt«, dröhnte der Bischof. »Die Prophezeiungen sind präzise und explizit. Der Tag der Letzten Buße muss kommen. Alle, die die Sünden von Adam und Kiew geerbt haben, müssen die Konsequenzen dafür erdulden, dass sie ihre Heimatwelt vernichtet und andere Spezies ausgelöscht haben. Der Herr der Schmerzen wurde von den Fesseln der Zeit befreit, damit er das Jüngste Gericht bringen kann. Es gibt kein Entkommen vor seinem Zorn. Der Buße kann niemand entrinnen. Eine weit größere Macht als wir hat das gesagt.«
    »Das stimmt«,

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