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Die Hyperion-Gesänge

Die Hyperion-Gesänge

Titel: Die Hyperion-Gesänge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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das hoffnungslose Unterfangen der Rückendeckung für den letzten US-Präsidenten aufgeschlagen hatte, legte er die Hand auf die warme Haut zwischen ihren Brüsten und sagte: »Kannst du nie … da draußen zu mir kommen?« Sie berührte seine Wange mit der Handfläche und lächelte.
    Im letzten Jahr der Militärakademie wurden nur fünf MAO:HTN-Sims angeboten, da sich die Ausbildung der Kadetten auf echte Gefechtsübungen verlagerte. Manchmal, wenn Kassad während einer Bataillonslandung auf Ceres in den Kommandostuhl geschnallt war, machte er die Augen zu, sah zwischen die primärfarbenen Geografien der kortikal erzeugten Taktik/Terrain-Matrix und spürte das Gefühl von – jemand? Von ihr? Er war sich nicht sicher.
    Dann kam sie nicht mehr. Nicht in den letzten Monaten seiner Arbeit. Nicht in der letzten Simulation der großen Schlacht im Kohlensack, wo General Horace Glennon-Heights Meuterei niedergeschlagen wurde. Nicht während der Paraden und Partys der Abschlussprüfungen und auch nicht, als die ganze
Klasse Kadetten eine letzte olympische Übung vor dem Präsidenten der Hegemonie ausführte, der von seinem rot erleuchteten Levitationsdeck salutierte.
    Und nicht einmal zum Träumen blieb Zeit, als die jungen Offiziere zur Masada-Zeremonie zum Erdmond farcastet wurden und anschließend nach Tau Ceti Center, wo sie formell auf FORCE vereidigt wurden, was das Ende ihrer Ausbildung bedeutete.
    Der Zweite Leutnant Kadett Kassad wurde Leutnant Kassad, verbrachte drei Wochen im Weltennetz mit einer auf FORCE ausgestellten Universalkarte, die es ihm ermöglichte, so weit und oft zu farcasten, wie er wollte, und wurde dann zum Ausbildungszentrum für den Kolonialdienst auf Lusus geschickt, wo er sich auf den aktiven Dienst außerhalb des Netzes vorbereiten sollte. Er war überzeugt, dass er sie nie wiedersehen würde.
    Er irrte sich.
     
    Fedmahn Kassad war in einer Zivilisation der Armut und des plötzlichen Todes aufgewachsen. Als Teil einer Minderheit, die sich immer noch Palästinenser nannte, hatten er und seine Familie in den Elendsvierteln von Tharsis gelebt, einem menschlichen Zeugnis für das bittere Ende der ewig Besitzlosen. Jeder Palästinenser im Weltennetz und darüber hinaus trug die Erinnerung an ein Jahrhundert der Kämpfe in sich, gefolgt von einem Monat nationalen Triumphs, bevor der Nukleare Dschihad von 2038 alles auslöschte. Dann kam die Zweite Diaspora, die fünf Jahrhunderte andauerte und in Sackgassen toter Welten wie dem Mars führte, und zuletzt wurde ihr Traum zusammen mit der Alten Erde zu Grabe getragen.
    Kassad zog, wie alle anderen Jungs der Zwischenlager in Süd-Tharsis, entweder mit Banden herum oder sah sich der
Möglichkeit ausgesetzt, jedem selbsternannten Raubtier im Lager zur Beute zu werden. Er entschied sich für die Banden. Als Kassad sechzehn Standardjahre alt war, hatte er schon einen anderen Jugendlichen getötet.
    Wenn der Mars überhaupt im Weltennetz bekannt war, dann für Safaris im Mariner Valley, Schrauders Zen-Massiv in Hellas Basin und die Militärakademie Olympus. Kassad musste nicht ins Mariner Valley reisen, um zu erfahren, wie es war, zu jagen oder gejagt zu werden, er interessierte sich nicht für Zen-Gnostik und empfand als Teenager bloß Verachtung für alle uniformierten Kadetten, die aus jedem Teil des Netzes kamen, um die Ausbildung für FORCE zu absolvieren. Mit seinen Altersgenossen verhöhnte er den Neuen Bushido als Kodex für Feiglinge, aber eine Ader uralten Ehrgefühls in der Seele des jungen Kassad fühlte sich insgeheim zur Vorstellung von einer Samuraikaste hingezogen, deren Leben und Arbeit um Pflicht, Selbstachtung und den unerschütterlichen Wert des eigenen Ehrenwortes kreiste.
    Als Kassad achtzehn wurde, bot ihm ein Hoher Richter der Provinz Tharsis die Wahl zwischen einem marsianischen Jahr im polaren Arbeitslager oder einer Meldung zur John-Carter-Brigade, die gerade im Entstehen war, um FORCE zu helfen, die Glennon-Height-Aufstände in den Klasse-drei-Kolonien niederzuschlagen. Kassad meldete sich und stellte fest, dass ihm Disziplin und Ordnung des militärischen Lebens zusagten, auch wenn die John-Carter-Brigade ausschließlich Besatzungsdienst im Netz leistete und aufgelöst wurde, als Glennon-Heights geklonter Enkel auf Renaissance starb. Zwei Tage nach seinem neunzehnten Geburtstag meldete sich Kassad zur FORCE :Bodentruppe und wurde abgelehnt. Er begann eine neun Tage dauernde Zechtour, wachte in einem der tiefen Wabentunnels

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