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Die Insel der Dämonen

Die Insel der Dämonen

Titel: Die Insel der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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weil der Waldboden nicht wie überall sonst mit dem modernden Laub vieler Jahre bedeckt war, sondern über nackten Lehm führte.
    Sie sprachen wenig und nur im Flüsterton miteinander. Es war bedrückend still. Manchmal tönte von weit her das Klopfen eines Spechtes herüber, aber dieses Klopfen schien, so wie alle anderen Geräusche auch, seltsam gedämpft. Marguerite kam selbst der Klang ihres eigenen Atems fremd vor. Sie ging in der Mitte des kleinen Trupps, Henri vorneweg, Damienne bildete den Schluß. Sie tasteten sich voran. Immer mehr Nadelbäume mischten sich unter die Laubhölzer um sie herum. Es wuchs auch wieder mehr Gestrüpp und Unterholz. Es roch modrig und gelegentlich drang leises Rascheln durch das Unterholz. »Das sind nur Mäuse, oder Eichhörnchen«, versuchte Henri zu beruhigen, aber die Anspannung stieg mit jedem Meter, den sie weiter vordrangen.
    Es war unmöglich zu sagen, wie weit sie dem Weg schon gefolgt waren, doch schien er sie in einem Bogen nach Norden und dann nach Osten geführt zu haben. Das Gelände stieg leicht an und zwischen den Wipfeln war das eine oder andere Mal ein Stück der Hügelkette zu erkennen. Marguerite war müde, und sie hatte plötzlich das Gefühl, daß es sie nirgendwohin führen würde.
    Plötzlich blieb Henri stehen. Marguerite hätte ihn fast umgerannt, weil sie so in Gedanken versunken war.
    »Was ist denn?«, fragte sie.
    Henri legte einen Finger auf die Lippen. Marguerite lauschte - und dann hörte sie etwas knacken, einen Ast. Marguerite hörte sofort, daß nicht der Wind dieses Geräusch verursacht hatte: Da war etwas im Wald! Sie hielt den Atem an. Jetzt konnte sie Schritte hören, langsame, schwere Schritte. Was immer dort war, es mußte groß sein! Henri machte seine Büchse schußbereit, und er gab Damienne und Marguerite ein Zeichen, daß sie sich ebenfalls bereit machen sollten. Er kniete neben einen Baum nieder und zündete mit Feuerstein und trockenem Zunder die Lunte. Marguerite reichte ihm die zweite Flinte und er entzündete auch deren Lunte. Der Funke fraß sich ganz langsam die Zündschnur entlang. Brandgeruch stieg Marguerite in die Nase. Aufgeregt überprüfte sie, ob die Lunte richtig lag und bei einem Schuß auch die Zündpfanne treffen würde.
    Damienne stand wie versteinert da und spähte in den Wald. Aus welcher Richtung war das Geräusch gekommen? Es schien von den Bäumen abgelenkt zu werden, aber ohne Zweifel näherte es sich. Marguerite hörte ein schnaufendes Atmen und das Brechen kleiner Aste. Dann roch sie sogar etwas - noch über den Brandgeruch der Lunten hinweg. Der Geruch war streng und er kam ihr bekannt vor. Aber warum konnte sie es - was immer es war - nicht sehen? Es mußte schon ganz nah sein!
    Dann kam es hinter einer kleinen Gruppe von Föhren hervor, vielleicht zwanzig Schritte entfernt. Es war schwarz und groß. Ein Hirsch? Es sah fast aus wie ein Hirsch, nur daß die Farbe nicht stimmte - und das Geschöpf trug kein Geweih. Aber es war ein Tier und kein Dämon. Ein riesiges Tier allerdings, und Marguerite war viel zu beeindruckt, um an das Wichtigste zu denken.
    Nicht so Damienne. Der Normannin war egal, was sie da vor sich sah - solange es nur Fleisch auf den Rippen hatte. Sie vergaß ihr Vorhaben, nie wieder zu schießen, und legte an. Henri gab ihr ein Zeichen, noch zu warten. Der Wind stand günstig, das Tier hatte sie noch nicht gewittert und trottete gemächlich in ihre Richtung. Vielleicht sah Damienne Henris Wink nicht, vielleicht wollte sie ihn auch nicht sehen - sie drückte ab. Der Hahn fiel mit einem lauten metallischen Klicken auf die Pfanne - aber es folgte kein Schuß. Die Lunte brannte nicht.
    Das metallische Geräusch war laut genug, daß auch das Tier es hörte. Es blieb stehen und sog mißtrauisch die Luft durch die Nüstern ein. Es witterte Brandgeruch - und drehte mit einem mißmutigen Blöken ab.
    »Jetzt, Marguerite!«, rief Henri. Gleichzeitig sprang er auf, zielte und schoß. Der Knall hallte in Marguerites Ohren unnatürlich wider. Sie sah den Blitz aus Henris Büchse, den aufsteigenden Pulverdampf. Sie folgte mit den Augen der Flugbahn der Kugel. Das schwarze Tier war getroffen, die Kugel oberhalb des Schulterblattes in den Körper eingedrungen. Es zuckte zusammen. Strauchelte.
    »Jetzt, Marguerite«, rief Henri noch einmal.
    Marguerite erschrak. Sie hatte völlig vergessen, daß sie ebenfalls schießen mußte. Sie legte an, atmete tief ein und visierte das Ziel an. Dann drückte sie ab,

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