Die Insel der Dämonen
Regen von den Salinen übriggelassen haben mochte. Wahrscheinlich mußten sie die ebenfalls wieder neu anlegen. Zum Glück hatten sie ihre Waffen und das Pulver trocken halten können - ohne die Waffen wären sie wirklich verloren.
Es war schwül und der Boden dampfte. Sie hasteten voran. Marguerite hatte ein ungutes Gefühl und ein schlechtes Gewissen, daß sie Damienne so lange allein ließen.
Endlich erreichten sie die Stelle, an der sie vor zwei Tagen ihr Wild erlegt hatten. Marguerite bemerkte erst jetzt, nach zwei Tagen, die wilde Schönheit dieses Fleckens: die hohen, einzelnstehenden und verwitterten Felsen, die aus der Erde zu wachsen schienen. Die kleine, dichte Föhrengruppe, hinter der die Kreatur hervorgetreten war, die riesigen Laubbäume, durch deren leuchtend grünes Dach die Sonne einzelne Strahlen in das dampfende
Unterholz warf. Sie erkannte den Baum wieder, an dem sie gelauert hatten. Die Szene hatte sich tief in ihr Gedächtnis eingebrannt. Hier hatte sie zum ersten Mal auf etwas Lebendes geschossen. Dort hatte der Elch gestanden, dort drüben war er zusammengebrochen, und dort, zwischen den Bäumen, hatten sie die Reste der Beute versteckt.
Sie sah sofort, daß etwas nicht stimmte: Äste und Steine waren auseinandergerissen und lagen wild verstreut in der Gegend - der Kadaver war verschwunden.
»Wo ist er?«, fragte Marguerite verblüfft.
Henri antwortete nicht; statt dessen zündete er die Lunte seiner Arkebuse an. Marguerite bekam Angst. Henri untersuchte den Boden.
»Sie haben es fortgeschleift«, sagte er.
»Sie?«
»Oder es - wer oder was immer das war.«
»Aber das war unsere Beute!«
»Und jetzt ist sie weg. Die Spur führt zum Pfad, so viel ist sicher, aber der Regen hat alle weiteren Spuren weggewaschen.«
»Wenn es den Pfad benutzt, war es dann vielleicht ein Mensch?«, fragte Marguerite.
Marguerite dachte an die verschwundene Arkebuse. Ein Dämon hatte doch wohl keine Verwendung für Waffen? Gab es also vielleicht doch noch andere Menschen auf dieser Insel?
»Ich weiß es nicht. Der Elch kam auch auf diesem Weg. Vielleicht ist es nur ein alter Wildwechsel. So etwas gibt es auch in Frankreich.«
»Wirklich?« Marguerite war nicht überzeugt.
»Es war sicher eher ein Tier als ein Dämon«, sagte Henri unsicher.
»Warum?«
»Dämonen fressen Seelen und kein Fleisch.«
»Aber was mag das für ein Tier gewesen sein?« »Ein Tier, das groß und stark genug ist, fünfhundert Pfund Fleisch und Knochen wegzuschleifen. Vielleicht ein Bär.«
»Und glaubst du, er ist noch in der Nähe?«
»Ich hoffe es nicht, denn er muß riesig sein.«
»Du machst mir Angst, Henri.«
»Verzeih, Liebste! Vielleicht sollten wir umkehren. Wir werden alle drei Büchsen brauchen, wenn wir gegen einen solchen Riesen kämpfen wollen.«
Marguerite war sehr damit einverstanden.
Damienne sagte nichts, als sie mit leeren Händen zurückkehrten, schnitt aber ihr »Ich hab’s ja gleich gesagt« - Gesicht. Als Marguerite ihr von dem unbekannten Wesen berichtete und daß es vielleicht ein Bär sein konnte, schnaubte sie nur verächtlich: »Ein Bär? Ich habe Bären in Frankreich gesehen, auf den Jahrmärkten, ausgewachsene Tiere. Sie waren nicht größer als du und ich. Nein, hier haben die Kräfte der Hölle ihre Hand im Spiel! Genau wie bei der Zerstörung der Hütte.« Sie bekreuzigte sich.
Marguerite war allerdings skeptisch. »Warum sollten die Kräfte der Hölle unsere Behausung mit Regen zerstören und nicht mit Feuer?«
»Weil es ihr gefällt, uns in die Irre zu führen, Lämmchen - deshalb. Der Teufel wird dir nicht den Gefallen tun und handeln, wie du es erwartest. Er ist einfallsreich.«
Marguerite war nicht überzeugt, aber sie war sich mit Damienne einig, daß ihre nächste Hütte wesentlich stabiler gebaut werden mußte.
Abends, am Feuer, überlegten Damienne und Marguerite, wie ihre neue Hütte aussehen sollte, und sie entwickelten Ideen, diskutierten sie, lachten, wenn sie merkten, wie undurchführbar ihre Einfälle waren, und dann versuchten sie, etwas anderes zu ersinnen. Henri beteiligte sich nicht an diesen Überlegungen. Er war überhaupt wieder sehr still geworden.
»Und du, was meinst du, Liebster?«
»Ich verstehe nichts vom Häuserbauen. Ich kann euch nicht dabei nützlich sein.«
»Aber ohne dich wird es nicht gehen.«
»Wirklich? Ich tauge nicht zum Maurer. Ich bin schließlich Soldat.«
Damienne setzte zu einer spitzen Bemerkung an, aber ein warnender Blick
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