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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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nicht stimmte. Nicht mehr.
    »Gut«, sagte er nur und wechselte das Thema. »Da ist noch etwas, ich wollte es während des Essens nicht zur Sprache bringen. Ich muss den morgigen Ausflug leider absagen. Dringende Geschäfte …« Er ließ den Satz unvollendet.
    »Wie schade! Dabei hatte ich mich so auf den Bootsausflug gefreut. Es ist Monate her, seit ich auf dem Wasser war.«
    »Ich habe ja auch nur von mir gesprochen. Du wirst selbstverständlich mit Henry nach St. John’s hinübersegeln.«
    »Aber ich kann den Tag unmöglich mit ihm allein auf einem Boot verbringen.«
    »Soweit man mit drei Mann Besatzung allein ist. Aber wenn es dir unangenehm ist, nimm doch deine Mutter mit.«
    »Du weißt genau, dass sie nie wieder ein Schiff betreten wird. Die Überfahrt von Europa hat ihr das Wasser ein für allemal verleidet.«
    »Wohl wahr«, brummte er. Mit den Fingerspitzen strich er ihr sanft über die Wange. »Ihr solltet trotzdem nicht auf die Bootspartie verzichten.«
    »Die Leute werden sich die Mäuler zerreißen.«
    »Das werden sie nicht, denn ich liefere euch am Hafen ab.« Er beugte den Kopf und suchte ihre Lippen. Erst zögernd, dann immer drängender küsste er sie, und schließlich gab sie nach.
    »Lass uns nach oben gehen«, flüsterte er heiser. »Ich habe Sehnsucht nach dir.«
    Johanna folgte ihm mit gemischten Gefühlen die Treppe hinauf. Lange Monate war es her, und ihr Körper verlangte nach der Vereinigung, doch die warnenden Stimmen in ihrem Kopf wollten nicht verstummen.
     
    Die Yacht, die Friedrich von einem Bekannten geliehen hatte, gehörte nicht zu den schnittigsten, doch Johanna genoss den Törn in vollen Zügen. Es tat ihr gut, einmal nicht auf Hermann achtgeben zu müssen, und selbst Friedrich fehlte ihr nicht, obwohl die letzte Nacht sie wieder näher zusammengeführt hatte. Henry schien ihr Bedürfnis nach Ruhe und Schweigen zu spüren. Schon beim Ablegen fügte er sich ganz selbstverständlich in die Mannschaft ein und half bei allen Segelmanövern. Bald schob sich die Insel St. John’s näher. Der Bootsführer ließ die Segel einholen. Langsam trieb die Yacht in Richtung Ufer. Johanna war schon häufiger hier gewesen und spähte voller Freude über den Bootsrand. Das Wasser war so klar, dass sie die Fische und Korallen am Meeresgrund betrachten konnte. Sie holte den Picknickkorb aus der Kajüte.
    »Wollen wir nicht warten, bis wir am Strand sind?« Henry kletterte von seinem Platz neben dem Steuermann zu ihr aufs Vorderdeck und wies fragend auf den Korb.
    »Wir warten, die Fische aber nicht. Passen Sie auf!« Johanna förderte einen klebrigen Reisklumpen vom Vortag hervor und krümelte ein wenig davon ins Wasser. Sofort schossen Dutzende bunte Korallenfische zur Wasseroberfläche und balgten sich um die Reiskörner. Johanna warf eine weitere Handvoll ins Meer und löste damit eine regelrechte Hysterie unter den Wasserbewohnern aus.
    »Ich wusste gar nicht, dass Fische Reis mögen«, bemerkte Henry erstaunt.
    »Brot finden sie noch besser, aber ich hatte keines übrig.«
    In diesem Moment sprang eines der malaiischen Besatzungsmitglieder neben ihnen ins Wasser, in der einen Hand eine primitive Harpune, in der anderen ein Messer. Der Mann mochte sich wohl nicht auf die Angel verlassen, die Henry mit an Bord gebracht hatte.
    Eine Stunde später saßen sie an einem Lagerfeuer am Strand und verspeisten gegrillte Rochenflügel und einen der bunten Fische. Johanna hatte sich ihrer Schuhe und Strümpfe entledigt und grub zufrieden die nackten Zehen in den Sand. Sie fühlte sich lebendig wie lange nicht mehr, was sicher auch an dem Champagner lag, den Ping neben Gemüseröllchen und mit Schweinefleisch gefüllten Teigtaschen, Hühnercurry, Obstsalat und vielen anderen Leckereien in den Korb gepackt hatte.
    Nachdem das Mahl beendet war, zog sich die Mannschaft zum Boot zurück, um ein Verdauungsschläfchen zu halten. Johanna und Henry hatten den Strand für sich allein.
    »Wie Robinson und Freitag«, sagte Johanna und prostete Henry zu. »Wer von den beiden wollen Sie sein?«
    »Robinson? Ach nein, dann müsste ich ein Fort bauen, Felder umgraben und Ziegen züchten.« Er hob sein Glas. »Lieber bin ich Freitag. Dann trete ich auf, wenn die ganze Arbeit bereits getan ist, und kann mich Ihnen zu Füßen werfen.«
    Seine Unbekümmertheit brachte Johanna kurz aus der Fassung. Um ihre Verlegenheit zu überspielen, schenkte sie Champagner nach. Nachdem sie ihre Gläser geleert hatten, stand sie

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