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Die Insel der Orchideen

Die Insel der Orchideen

Titel: Die Insel der Orchideen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: white
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das Geschäftliche anbelangte, war gestiegen. Immer häufiger geschah es, dass Franklin Cameron ihre Anregungen beherzigte. Im Laufe des letzten Jahres hatte sie ein gutes Gefühl für Waren, Preise und Absatzmärkte bekommen. Auch wenn sie die Entscheidungen letztendlich ihrem Geschäftsführer überließ, machte es ihr Freude, mit Gewürzen und Zinn, mit Tropenhölzern und Seide und Tee zu jonglieren.
     
    Ross Bowie erwartete sie in dem von ihm vorgeschlagenen Café. Da er gerade dem indischen Kellner seine Bestellung mitteilte, bemerkte er ihr Kommen nicht. Johanna blieb in der Tür stehen und beobachtete ihn. Sie wusste nicht recht, was sie von diesem Treffen halten sollte. Zwar liefen Bowie und sie sich immer wieder zufällig über den Weg, doch eine offizielle Einladung hatte keiner von ihnen jemals ausgesprochen. Umso überraschter war sie gewesen, als er ihr in der letzten Woche schrieb. Sie hatte nur kurz gezögert und die Einladung dann angenommen.
    Der Kellner zog sich zurück. Johanna gab sich einen Ruck und ging zu Bowies Tisch. Er sprang sofort auf und rückte ihr den Stuhl zurecht.
    »Ich habe Kaffee und Torte bestellt. Das ist doch in Ihrem Sinne?«, fragte er.
    Johanna nickte erstaunt. Derartige Beflissenheit passte nicht zu ihrem Verhältnis in den letzten Jahren. Eine verlegene Pause entstand, die Johanna unterbrach, indem sie Bowie nach seiner Meinung zu den Perspektiven des Amerikahandels befragte. Er ging dankbar darauf ein, und bald entspann sich eine lebhafte Diskussion. Johanna freute sich, mittlerweile genügend Sachverstand zu besitzen, um seinen Ausführungen folgen zu können.
    Der Inder erschien und deckte ihren Tisch ein. Johanna konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, als Bowie die Kaffeetasse ergriff. Das delikate Porzellan wirkte in seinen klobigen Händen ebenso fehl am Platze wie er selbst in dem eleganten Etablissement mit den zierlichen Möbeln, Spitzendecken und Blumenarrangements.
    »Sie schulden mir noch eine Erklärung für die Einladung«, sagte sie.
    Er antwortete nicht, sondern stellte behutsam seine Tasse auf die Untertasse, als versuchte er um jeden Preis, ein Geräusch zu vermeiden. Oder um Zeit zu schinden. Dann zog er eine Urkunde aus der neben ihm stehenden Tasche und überreichte sie Johanna mit einem feierlichen Ausdruck. Irritiert nahm sie das Papier entgegen.
    »Lesen Sie«, forderte er sie auf.
    Sie tat wie geheißen. Eine heiße Welle durchfuhr sie. Sie überflog das Papier ein zweites und ein drittes Mal. Der Wortlaut änderte sich nicht. Ihr Mund fühlte sich wie ausgedörrt an. Mit einer heftigen Bewegung hielt sie ihm das Dokument hin. »Das kann ich nicht annehmen.«
    Er lachte. »Zu spät. Da ich Ihre Reaktion vorausahnte, hielt ich es für nötig, alles hieb- und stichfest zu machen. Das Haus neben dem Orchid Hospital gehört Ihnen, machen Sie damit, was Sie wollen. Zum Beispiel einen Durchbruch, um die Klinik zu vergrößern.« Es fehlte nicht viel, dass er sich die Hände rieb. »Ich stelle Ihnen gern ein paar Arbeiter für die Umbaumaßnahmen zur Verfügung.«
    »Ich brauche es nicht.«
    »Das stimmt nicht. Sie haben nicht genügend Platz für alle Patientinnen.«
    Johannas Gedanken rasten. Woher wusste er von ihren Plänen? Es stimmte, das Orchid Hospital platzte aus allen Nähten, und als Johanna vor etwa zwei Monaten erfahren hatte, dass der Besitzer des Nachbarhauses nach China zurückkehren wollte, war sie sofort zu Chee Boon Lee geeilt. Es hatte sie einiges an Überzeugungskraft gekostet, doch am Ende hatte er eingewilligt, das Haus zu kaufen. Voller Freude war Johanna bei ihrem Nachbarn vorstellig geworden, der ihr mit einem hintergründigen Grinsen eine Kaufsumme genannt hatte, die den wahren Wert des Hauses um ein Zehnfaches überstieg. Da er sich nicht aufs Handeln einließ, war Johanna am Ende wutschnaubend aus der Tür gerannt. Seitdem ruhte die Angelegenheit. Bis heute.
    »Sie wussten, dass ich kaufen wollte«, stellte sie mit belegter Stimme fest.
    Er schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er bestimmt. »Sie waren lediglich zu langsam. Ich kenne den Hausbesitzer seit langem, und als er mir von seinem Plan erzählte, machte ich ihm sofort ein Angebot.« Er hob entschuldigend seine schweren, breiten Hände. »Ich bewundere Ihre Arbeit, Johanna. Sie würden mir die größte Freude machen, wenn Sie diese Urkunde einfach in Ihrer Tasche verschwinden ließen.«
    »Ich will es nicht.« Warum musste ausgerechnet er der Käufer sein? Von jedem

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