Die Insel der roten Erde Roman
zeichne sehr gern, und ich dachte mir, ich könnte die Zeit nutzen, die wunderschöne Landschaft hier zu skizzieren.«
»Wir hatten vor, Montagnachmittag eine Geburtstagsteeparty für Amelia zu geben. Vielleicht kann ich sie überreden, Sie einzuladen.«
»Das würde mir unendlich viel bedeuten. Ehrlich gesagt graut es mir bereits vor der Rückfahrt, und wenn ich Amelia nicht wenigstens ein Mal gesehen habe, weiß ich nicht, wie ich diese Tortur überstehen soll.«
»Haben Sie Familie, die auf Sie wartet?«
»Nein. Meine Frau starb ein Jahr nach der Hochzeit an Typhus. Ich habe nicht wieder geheiratet, deshalb habe ich auch keine Kinder. Amelia und Marcus waren ein bisschen wie eigene Kinder für mich, und ich gebe zu, auch ich habe sie verwöhnt. Ich hätte nie gedacht …« Brian versagte die Stimme.
Edna kamen die Tränen, als Erinnerungen an ihre liebe Freundin Camilla wach wurden.
Cape du Couedic
Carlotta hatte die Pflanzen, die Professor James Lally in seinem Buch beschrieb, sorgfältig studiert, aber keine davon in der Nähe des Leuchtturms gefunden. Allein wagte sie sich jedoch nicht in die Umgebung, aus Angst, sich zu verirren. Nach zwei entnervenden Tagen beschloss sie, Gabriel um Hilfe zu bitten.
»Ich würde gern nachsehen, ob hier irgendwo einige dieser Sträucher und Pflanzen wachsen. Würden Sie mich begleiten?«, fragte sie ihn, das Buch in der Hand, als er von der Finnlay-Farm zurückkam, wo er nach dem Ende seiner Schicht gefrühstückt hatte.
»Jetzt? Ich wollte mich eigentlich hinlegen, Carlotta.«
»Aber wir sind doch gleich zurück!«
»Ich gehe nirgendwohin, bevor ich nicht ein paar Stunden geschlafen habe«, versetzte Gabriel unwirsch. Er hatte seit Tagen kaum ein Auge zugetan, weil er unentwegt an seine Sarah denken musste. Er war nicht in der Stimmung, sich von Carlotta herumkommandieren zu lassen.
Sie schluckte ihren Zorn hinunter, um ihn nicht vollends zu verärgern. »Und danach? Können wir dann gehen?«, fragte sie mit schmeichelnder Stimme.
»Mal sehen«, antwortete Gabriel knapp und ließ sie stehen. Carlotta sandte ihm giftige Blicke hinterher.
In diesem Moment kam Edgar aus ihrem Cottage und sah seine Frau mit dem Buch in der Hand. Sie hatte sich seit Tagen ständig in irgendwelche Bücher vertieft. Obwohl er neugierig war, hatte er sie nicht gefragt, weshalb sie auf einmal so viel las. Er genoss es, seine Ruhe vor ihr zu haben.
»Guten Morgen, Schatz«, rief er.
Sie brummte eine mürrische Antwort. Edgar seufzte innerlich. »Suchst du etwas?«, fragte er.
»Sì« , versetzte sie und rauschte davon.
Als Edgar die Linsen im Leuchtturm gereinigt und andere Arbeiten erledigt hatte, kam er gegen Mittag zum Essen nach Hause, fand jedoch eine kalte Küche vor. Es erstaunte ihn nicht weiter, dass Carlotta nichts gekocht hatte. An manchen Tagen setzte sie ihm ein anständiges Essen vor, dann wieder bekam er nichts, je nachdem, wie ihre Laune war.
»Für alle kocht sie, bloß nicht für mich«, grummelte er, während er sich ein Stück Brot abschnitt und Tee aufbrühte.
Kurz darauf kam Carlotta herein, leise vor sich hin schimpfend. Edgar fragte sie nicht, was los sei, weil er keine Lust hatte, sich ihr Genörgel anzuhören.
»Was tust du denn da?«, fuhr sie ihn an, als sie ihn nach einem Pflanzenblatt greifen und es sich in den Mund schieben sah.
»Gar nichts«, antwortete er achselzuckend.
»Und was ist das da?« Sie griff nach einem der Blätter, die auf dem Tisch lagen, und betrachtete es argwöhnisch.
»Das nehme ich gegen meine Arthritis.«
»Was ist das?«
»Eine Pflanze. Der wissenschaftliche Name lautet Centella asiatica. Ich habe sie vor ein paar Tagen in der Nähe gefunden. Zum Glück – meine Arthritis ist nämlich schlimmer geworden, seit wir hier sind.« Er hatte über Schmerzen geklagt, was Carlotta allerdings wenig interessiert hatte.
»Woher weißt du, dass diese Pflanze gegen Arthritis hilft?«
Edgar sah seine Frau verwundert an. Ihr Zorn schien verflogen und ihre Wissbegier aufrichtig.
»Ich hatte vor Jahren einen guten Freund, einen Aborigine, der mir viel über die Heilkräuter der Eingeborenen und die Arzneien erzählt hat, die sie daraus gewinnen.«
»Maledetto! Warum hast du mir das nie gesagt?«, keifte Carlotta.
Der unerwartete Wutausbruch ließ Edgar zusammenzucken. »Ich … ich konnte doch nicht ahnen … woher hätte ich wissen sollen …« , stammelte er.
Das Buch in der Hand, ging Carlotta auf ihn los. »Da, schau,
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