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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Wirklichkeit ein besseres Englisch sprichst als mein Personal in London?«
    Máanu senkte den Kopf. »Meine Mutter sagt, ich soll es mir nicht anmerken lassen. Und Akwasi auch nicht. Das gäbe nur Schwierigkeiten, für uns Hausneger und erst recht für die Feldsklaven. Akwasi hat schon genug ärger.«
    Nora ließ das vorerst unkommentiert. »Das heißt also, die weiße Herrschaft bevorzugt es, mit euch in einer Art … hm … Babysprache zu reden?«
    Máanu nickte. »Es können aber auch nicht alle sehr gut Englisch«, meinte sie dann. »Eigentlich nur sehr wenige, obwohl ich schon denke, manche verstehen zumindest mehr, als sie tun.«
    Dafür sprach auch der schnelle Erfolg von Noras Unterricht rund um den korrekt gedeckten Tisch. Aber Máanu drückte sich wirklich erstaunlich gewählt aus.
    »Und woher hast du deine Kenntnisse?«, erkundigte sich Nora.
    »Von Doug … von Mr. Douglas, Missis«, verbesserte sich Máanu. »Dem Sohn des Backras. Meine Mama hat sich um ihn gekümmert, besonders als seine Mama starb, und auch um Akwasi, das war so zur gleichen Zeit …«
    »Akwasis Mutter ist auch gestorben?«, fragte Nora.
    Ihr fiel plötzlich ein, wie wenige Kinder es auf der Plantage gab. Natürlich liefen die Sprösslinge des Personals in englischen Stadthäusern auch nicht herum, aber da waren die Dienstboten entweder unverheiratet und lebten im Haus, oder sie gingen am Abend heim zu ihren Familien wie Peppers. Die Sklaven lebten dagegen hier, und offensichtlich kontrollierte keiner, wer das Bett und die Hütte mit wem teilte. Zumindest die Hüttensiedlung hätte also voller kleiner Schwarzer sein müssen, aber man sah niemals ein Kind oder hörte auch nur Geschrei wie damals in London aus der Wohnung der Tanners.
    Máanu biss sich auf die Lippen. »Nicht … hm … direkt. Aber Mama Adwea passte auf beide Jungen auf, sie spielten zusammen, und ich eben auch, als ich dann zur Welt kam. Ich bin aber viel jünger. Dou… Backra Douglas wollte Akwasi als seinen Boy, und das hat der Backra dann auch erlaubt. Deshalb blieb er bei ihm, als er dann Hauslehrer bekam und eine weiße Erzieherin. Und ich lief den beiden später nach, wann ich konnte. Die weiße Nanny – Miss Carleon – fand mich niedlich.«
    Nora nickte. »Ich verstehe. Und irgendwann fiel Akwasi in Ungnade und landete auf den Feldern, und du denkst, wenn ich merke, dass du richtig sprechen kannst, passiert dir vielleicht das Gleiche. Das brauchst du aber nicht, Máanu! Ich habe gern eine Zofe, die in ganzen Sätzen mit mir redet, und ich bevorzuge es auch, wenn meine Zofe nicht auf jede Frage erst mal mit ›Weiß nicht‹ antwortet. Also werden wir uns jetzt benehmen wie normale Menschen.«
    »Menschen, Missis?«, fragte Máanu hart.
    Kaum, dass ihre Panik verflogen war, brachen ihr Widerspruchsgeist und ihr Hang zum Spott wieder durch. Nora seufzte und zog die Schlafhaube wieder von ihrem Haar, die Máanu ihr schon aufgesetzt hatte. Wahrscheinlich würde Elias sie noch besuchen, und er mochte es lieber offen. Und außerdem sollte sie jetzt dieses Gespräch beenden, bevor ihr Gatte sie womöglich überraschte.
    »Ich möchte dich nicht zur Feindin haben, Máanu«, sagte Nora müde. »Im Gegenteil. An deiner und meiner Stellung kann ich nichts ändern, aber ich werde dich nicht behandeln wie ein Tier, und ich wünschte, du würdest mich nicht behandeln wie eine Ankleidepuppe. Um meinen guten Willen zu beweisen, werde ich dich jetzt nicht nach Toby und Hardy fragen und nicht danach, was ihr zwei, du und Adwea, ihnen über diesen Akwasi geschickt habt. Ich gehe davon aus, dass ihr alle in bester Absicht handelt und niemandem schaden wollt. Ist das so?«
    Máanu nickte und wirkte erleichtert. »Wir wollen nur helfen«, sagte sie hölzern.
    Nora griff nach dem Obstkorb, der wie stets in ihrem Ankleidezimmer stand. »So nimm das mit für Toby und Hardy, wer auch immer sie sind. Und sag Adwea, ich werde die Vorräte an Fleisch und Gemüse, oder was auch immer sie da zu einem Eintopf verkocht hat – der übrigens sehr aromatisch duftete, vielleicht serviert sie uns auch einmal etwas Vergleichbares –, auch fürderhin nicht kontrollieren.«

KAPITEL 9
    D as Mädchen Máanu war weit davon entfernt, auf die neue Freundschaft mit seiner Herrin zu vertrauen oder sie gar auf die Probe zu stellen. Wenn Nahrungsmittel aus der Küche verschwanden, so geschah das nach wie vor unmerklich, und Máanu verzichtete auch fürderhin nicht auf das Pidgin-Englisch, das Nora so

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