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Die Insel Der Tausend Quellen

Die Insel Der Tausend Quellen

Titel: Die Insel Der Tausend Quellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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er Doug jetzt nicht willkommen hieß, würde er versuchen, sein Glück auf eigene Faust zu machen. Und obendrein fuhren eben zwei Kutschen vor. Lord Hollister und Christopher Keensley, ein weiterer Nachbar. Auf keinen Fall konnte er den Streit mit seinem Sohn vor den Gästen fortführen. Elias resignierte.
    »Also schön, Doug, geh und lass dir ein Zimmer anweisen. Ich schicke dir meinen Diener, der dir helfen wird, dich zurechtzumachen. Ich hoffe, du verfügst über angemessene Festkleidung.«
    Doug nickte erleichtert, obwohl er sich dessen alles andere als sicher war. Die meisten seiner Sachen waren eher abgetragen. Und was hieß wohl »zurechtmachen«? Folgte man hier der französischen Mode, in der sich der Herr schminkte und parfümierte wie ein Mädchen? Egal, damit konnte er sich später beschäftigen. Aber die Notwendigkeit des Zurechtmachens erklärte zumindest die bisherige Abwesenheit der Frau des Hauses. Zweifellos dauerte es Stunden, eine Lady für solche Festlichkeiten zu präparieren.
    Nora hielt geduldig still, während Máanu ihr Haar flocht und mit Orangenblüten schmückte. Das Mädchen hatte hier im letzten Jahr beachtliche Fertigkeiten erworben, angeleitet von Lady Hollisters speziell geschulter und sündhaft teurer Zofe. Und an Möglichkeiten zum Üben fehlte es nicht. Elias hatte nicht übertrieben, als er gleich nach Noras Ankunft auf Jamaika von regem gesellschaftlichem Leben sprach. Während der Ernte pflegte das zu stagnieren, aber das gesamte restliche Jahr war angefüllt mit Einladungen – vom Gartenfest mit Picknick bis zum großen Ball. Selbst Jagden veranstalteten die Pflanzer inzwischen, wobei ein paar junge Sklaven den Fuchs spielten. Nora hatte das zuerst furchtbar gefunden, aber tatsächlich hatten die Jungs Spaß daran, ihren Run so lang wie möglich auszudehnen, und sie kicherten ausgelassen, wenn die Hunde sie schließlich stellten. Von der vergnügten und meist bald etwas alkoholisierten Jagdgesellschaft wurden gute Läufer mit Süßigkeiten und Pennys reich belohnt. Nora war erst ernüchtert, als Máanu ihre alte Reserviertheit zeigte, während sie ihre Herrin für den auf die Jagd folgenden Ball herrichtete.
    »Jetzt ist das ein Spiel, Missis, und keiner kommt zu Schaden. Aber wenn der nächste Nigger flieht, dann rennt ihm die Meute genauso nach. Und dann tragen die Jäger Flinten, Missis, und der ›Fuchs‹ hat nichts zu lachen!«
    Nora hielt sich den Jagden seitdem fern, was nicht schwer war. Elias, nach wie vor ein eher schlechter Reiter, riss sich schließlich auch nicht darum. An allen anderen Gesellschaften musste sie jedoch teilnehmen, und sie fügte sich geduldig, obwohl sie wenig Freude daran fand. Nora hatte viele Bekannte, aber keine Freunde unter den Pflanzern, sie mochte weder die großsprecherischen Männer noch die zimperlichen, gelangweilten Frauen, die sich stundenlang darüber unterhalten konnten, wie sich ihr reinweißer Teint trotz karibischer Sonne erhalten ließ. Sie schimpften über ihre faulen und unfähigen Haussklaven, statt sich einmal die Mühe zu machen, die Leute anzulernen, und jammerten über die Hitze und den Mangel an kultureller Ansprache. Nora hasste ihre gönnerhaften Komplimente für ihre Arbeit in den Sklavenquartieren: Also ich könnte das nie, Schätzchen! Die Hitze und der Schmutz! Diese Leute transpirieren doch! Sie machte aber gute Miene zum bösen Spiel, schon um den Sklaven zu helfen. In den letzten Monaten kamen immer wieder Hilferufe von anderen Plantagen – meist übermittelt von Máanu oder Adwea. Wenn irgendwo auf den Nachbarplantagen ein Mann verletzt war oder eine Frau unter Krämpfen und Blutungen litt, schickten die Sklaven mit dem Mut der Verzweiflung Boten zur Fortnam-Plantage. Die Jungen oder Mädchen riskierten, als flüchtige Sklaven eingefangen und bestraft zu werden, und Nora musste obendrein erst die Erlaubnis der Plantagenbesitzer einholen, bevor sie ihnen in die Sklavenquartiere folgen konnte.
    Elias war sehr erbost gewesen, als sie das ein-oder zweimal nicht getan hatte. Inzwischen hatte sich die Sache aber eingespielt. Nora – geübt in der Werbung für Wohltätigkeit – hatte die Damen Hollister und Keensley so weit zur Mithilfe überredet, dass sie die verzweifelten Freunde und Angehörigen der Kranken empfingen und dann nach Nora schickten. Das klappte nicht immer, und oft war der Patient schon gestorben, wenn Nora endlich benachrichtigt wurde – in der Nacht zum Beispiel mochten die Ladys ihre Ruhe

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