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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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echt Joan – das Frühstücksbrot einer Freundin verspeist, für welche Verbrechen sie nachsitzen mußte, was ich sehr ungerecht fand, denn es bedeutete immer, daß sie die drei Meilen Schulweg zu Fuß zurücklegen mußte, und oft im Regen. Als es das erste Mal passierte, sagte ich ärgerlich, daß ich zur Schule gehen und mich beschweren wolle. Joan und Anne waren Feuer und Flamme. Joan sagte: «Ja, dann kannst du auch gleich Miss Harwood erklären, daß der Doktor findet, ich muß Kaugummi kauen.» Anne sagte: «Zieh aber unbedingt dein gutes graues Kostüm an und mach sie gleich darauf aufmerksam, daß wir aus der Großstadt kommen.»
    Don empfahl mir, nicht zu heftig zu werden, und wies auf mehrere Erlebnisse aus seiner Schulzeit hin, wo er sich in Schuhen mit Pappsohlen durch Schneestürme zur Schule kämpfte und mit aufgeweichtem Frühstücksbrot ankam – und alles in seinem Eifer, eine gute Schulbildung zu erhalten.
    Wegen meiner Stelle in der Stadt oder einfach aus Bummelei kam ich jedoch nie dazu, meine Beschwerde vorzubringen, und ging erst zur Weihnachtsfeier hin, die ich geradezu reizend fand. Joan sang ein Lied – solo – und allgemein herrschte eine so wunderschön echte und harmlose Festfreude, wie man sie nur noch auf dem Lande findet. Also brachte ich es nicht über mich, meine Beschwerde wie eine düstere Wolke in diese fröhliche Stimmung hineinzutragen, und deshalb mußte Joan, solange sie die Gemeindeschule von Vashon besuchte und Verbrechen wie Kreidewerfen und Aus-dem-Fenster-Klettern beging, gelegentlich immer wieder nachsitzen und den drei Meilen langen Weg zu Fuß zurücklegen. Wenn ich es mir aber jetzt recht überlege, finde ich, daß es eine sehr gesunde und bekömmliche Strafe war.
    Anne dagegen mochte ihre Schule von Anfang an nicht leiden; erstens, weil es überhaupt eine Schule war, zweitens, weil in der Mittagspause Choräle gesungen wurden, drittens, weil «alle Lehrer Missionare waren», viertens, weil es eine Landschule war. So geschah es denn oft, daß mir meine Anne, wenn ich abends müde von der Arbeit heimkam, von einer geheimnisvollen Krankheit erzählte, die sie vom Schulbesuch abgehalten hätte. Schlimme Zehennägel, ein schmerzender Hacken, Augenbrennen. An solchen Abenden begrüßte mich ein strahlend schönes Heim: die Betten waren gemacht, die Zimmer gereinigt, alle Bügelarbeit besorgt und ein Essen vorbereitet, das mit Lust und Liebe gekocht war. Mußte es einem da nicht schwerfallen, dies kleine Hausmütterchen weiter in die Schule zu schicken? Doch mein Gewissen predigte mir vor, ich müsse sie zwingen, sich Bücherwissen anzueignen, besonders angesichts der Tatsache, daß ihre Intelligenzquote fabelhaft war. Offensichtlich interessierte sie sich aber nur für Koch- und Haushaltskurse. Selbst als ich vom Februar an aufhörte, in der Stadt zu arbeiten und statt dessen daheim blieb, gelang es mir nur mit Mühe, Anne dazu zu bewegen, regelmäßig in die Schule zu gehen. Sogar wenn ich sie glücklich in den Schul-Autobus befördert hatte – mitsamt aller Bücher und dem Versprechen, daß sie sich in der Schule warmes Essen bestellen dürfe (Brote waren so ordinär!) – war ich deshalb noch lange nicht sicher, daß sie nicht unterwegs wieder wankend wurde und beschloß, den Tag im Krankenzimmer der Schulschwester auf deren Couch zu verbringen.
    Mit Joan war es viel einfacher. Sie erklärte ihre guten Nummern damit, daß man ‹doch nett zu den Lehrern sein müsse, dann würde man auch nicht dauernd geprüft›.
    Sowie wir die Kinder in den neuen Schulen untergebracht hatten, kehrten Don und ich jeder an seine Arbeit zurück. Don mußte das Fünf-Uhr-Fünfzehn-Fährboot erwischen, sonst war er nicht rechtzeitig um halb sieben in der Flugzeugfabrik.
    Der Tageslauf spielte sich also folgendermaßen ab: Aufstehen um halb fünf Uhr morgens, Feueranmachen durch Don, Betty macht Kaffee und Dons Mittagsbeutel, Tischdecken, falls es nicht schon am Abend vorher geschehen war. Nachdem Don sich angekleidet hatte, trank er in aller Gemütsruhe Kaffee und Orangensaft und aß seine Eier, um sich dann träumerisch eine Zigarette anzuzünden. Nach dem dritten Zug starrte er plötzlich ungläubig auf die Uhr, sprang hoch, riß den Regenmantel vom Haken und stürmte hinaus in Dunkel und Nacht. Ich pflegte mir dann meistens noch eine Tasse Kaffee einzugießen, um erleichtert aufzuatmen, doch dann platzte Don wieder ins Zimmer, weil er vergessen hatte, eine neue Batterie in seine

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