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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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Taschenlampe zu stecken oder weil sein Lunch liegengeblieben war. Ich ging dann gewöhnlich auf die Veranda hinaus, um dem Geräusch nach festzustellen, ob Ebbe oder Flut war. Wenn Ebbe war, freuten wir uns, denn dann konnte er den Abkürzer an der Bucht nehmen. Eine Minute vor fünf! In 16 Minuten mußte er am Wasser entlangrennen, dann in den Wagen springen, den Motor anlassen und anderthalb Meilen zum Fährboot fahren. Meistens schaffte er es, falls nicht gerade ein Baumstamm über den Weg gefallen oder die Fähre früher losgefahren war.
    Um halb sieben weckte ich die Mädchen, schlichtete ihre morgendlichen Kämpfe wegen Unterzeug, Blusen, Röcken, Haarnadeln, Socken und wichtiger Probleme, zum Beispiel wer mein Liebling sei. Mit Anne besprach ich, was wir zum Abendbrot essen könnten, und Joanie bat ich, mir auf dem Heimweg von der Schule Holz mit heraufzubringen. Dann bekamen sie beide Lunch-Geld und einen Tropfen von meinem Parfüm.
    Immer war ich zehn Minuten zu spät, immer mußte ich die letzte Viertelstunde rennen. Ich trug alte Schuhe und wollene Socken über den Seidenstrümpfen, die guten Schuhe hatte ich in einem Beutel bei mir, zusammen mit Frühstücksbrot, Handtasche, Einkaufsliste und so weiter. Wenn ich den dicht zugewachsenen, mit Spinnennetzen dekorierten Fußpfad hinter mir hatte, blieb ich atemlos am großen Baum stehen und konnte sehen, ob die Fähre einlief, schon dalag oder bereits abfuhr.
    Diese aufreibende Morgengeschäftigkeit brachte mein Blut natürlich in Bewegung, so daß ich vor Hitze förmlich kochte und das überhitzte Büro mit den fröstelnden Kollegen und den Wolken blauen Zigarrenrauchs bald verabscheute, denn die andern drohten, ‹zum Chef zu gehen, wenn ich nicht sofort das Fenster wieder zumachte!›.
    Weshalb ließ ich mir so viel Mühsal gefallen? Weil wir abgemacht hatten, beide noch mindestens ein halbes Jahr weiterzuarbeiten, sonst hätten wir uns das Haus nicht leisten können. Außerdem war ja Krieg, und jeder leistungsfähige Amerikaner mußte etwas tun. Außerdem brauchten wir das Geld. Das bringt mich auf eine interessante Feststellung. Weshalb schämen sich so viele Frauen, zuzugeben, daß sie für Geld arbeiten? Weshalb müssen sie sich überhaupt schämen, als ob sie schnarchten oder sonst ein Gebrechen hätten? Wer weiß wie oft sagen solche Leute zu mir: «Ich arbeite, aber eigentlich nur, um nicht zu Hause herumzusitzen und mich zu langweilen. Ich interessiere mich für Menschen, und in meiner Stelle sieht man so viel interessante Leute. Sogar an armen Menschen kann man seine Studien machen. Wirklich, Betty, du könntest ein Buch über die Menschen schreiben, die ich schon alle kennengelernt habe!»
    Und so habe ich Freundinnen, die in Drogerien, Kleidergeschäften, Warenhäusern und Versicherungsbüros arbeiten, um ‹Studien zu machen›.
    Am ersten Morgen, den ich von unserm neuen Haus zur Landestelle lief, hatte ich viel Zeit und konnte mich unten am Wasser, gemütlich gegen das abgesplitterte, alte Geländer lehnen. Eine Möwe setzte sich neben mich. Der Mount Rainier hing wie aus violettem Papier geschnitten vor dem blaßgelben Morgenhimmel. Die dicke kleine Fähre wackelte erhobenen Hauptes auf die Insel Blake zu, auf der weder Lichtschimmer noch Menschen zu sehen waren.
    Leute mit geröteten Gesichtern eilten an mir vorbei ans Ende des Landesteges. Alle Frauen trugen Beutel mit guten Schuhen. Ich überlegte, ob ich meine schon jetzt wechseln sollte, oder erst – ganz vornehm – in der Toilette der Fähre. Ich musterte meine Schuhe und sah zwischen meinen Füßen – einen Fünfdollarschein liegen! ‹Das bringt Glück›, sagte ich am Abend zu Don und den Kindern, als ich den Schein in die alte Teekanne stopfte, die beliebte Sparbüchse aller Mamas, auch der sorgenfreien ohne Stellung in der Stadt. Und tatsächlich brachte er Glück.

Wie schmeckt Hundefutter
    In der Stadt ist das Wetter ein Gesprächsgegenstand, den man bald nach der gegenseitigen Vorstellung fallenläßt. Auf dem Lande ist das Wetter jedoch genauso wichtig wie die Herbeischaffung von Lebensmitteln, und Mrs. Exeters Baby wäre fast am Strand zur Welt gekommen, weil die Fähre wegen des Sturmes nicht sogleich vor Anker gehen konnte.
    In den zwölf Jahren, die wir nun hier auf der Insel Vashon wohnen, haben wir den heftigsten Regen, den trockensten Sommer, den kältesten Winter, den meisten Schnee, das gefährlichste Erdbeben, die höchste Flut, die niedrigste Ebbe, den stärksten

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