Die Insel und ich
Dünger in seinem eigenen Garten. In diesem Jahr habe er es mit Kaffeegrund versucht. Er hatte sich den ganzen Kaffeegrund des Marinehospitals gesichert und schüttete alles auf sein Gartenland, um den Lehmboden aufzulockern. Das Ergebnis war jedoch nicht befriedigend gewesen. Der Garten war jetzt eher eine riesige Kaffeemaschine und konnte kaum einem Vergleich mit Lehmboden standhalten, der durch Sickerstoff und Seesand aufgelockert worden war.
Don ist ein großer Baumfreund. Vielleicht war unter seinen Vorfahren ein reizender Baum-Elf. Jedenfalls kann er sich nie von einem Baum trennen, und wenn ich einen abhacken muß, leidet er körperliche Qualen – sogar bei dem wilden Kirschbaum, der seine liebste Trauerweide fast erstickte. Als wir einen Landschaftsgarten anlegen wollten, lief er in die Stadt und kaufte fast eine ganze Baumschule auf. Das war alles recht und gut, solange sie winzig waren, doch jetzt haben die Bäumchen Wurzel gefaßt, und wenn Mutter und ich sie auch immer wieder verstohlen zurückstutzen, so nützt das nichts. Man sieht es kaum. Die Sequoien waren etwa zwölf Zentimeter hohe Miniaturtannenbäumchen, als Don sie anbrachte. Kaum waren sie aus den Töpfchen in unsere gute Laubmull-Erde verpflanzt worden, da krempelten sie sich die Ärmel auf und sagten: «Nun aber los! Hier gefällt’s uns!» Und damit begannen sie wie toll in den Himmel hineinzuwachsen.
Doch es macht auch Spaß, etwas zu pflanzen und dann gedeihen zu sehen. Als wir den ersten Valentinstag auf Vashon begingen, brachten Anne und Joan mir eine zarte blaßrosa Kamelie in blaß-rosa Topf. Es war ein schmächtiges, zitterndes kleines Pflänzchen, kaum fingerhoch, und hatte nur eine Blüte. Ich pflanzte sie neben die Spalier-Aprikose an der Südwand. Die kleine Kamelie wuchs und gedieh, und im folgenden Jahr hatte sie vier Blüten. Nach einiger Zeit mußten wir einen Gasofen setzen lassen. Der Gasmann sagte: «Das Ofenrohr muß hier nach außen treten.» Es war genau neben der Kamelie. Ich machte mir Sorgen. «Soll ich sie verpflanzen?» fragte ich meine Mutter.
«Verpflanze zuerst mal die elende Glyzinie», meinte Mutter. Sie kann Glyzinien nicht leiden, weil sie so ungestüm draufloswachsen, und unsre Glyzinie hatte mit ihren kräftigen Pfötchen einen edlen, seltenen Flieder abgewürgt, ehe er sich zur Wehr setzen oder rufen konnte: «Laß mich in Ruhe!»
Ich verpflanzte also die Glyzinie an die Wand des Gästehauses, wo keine edlen Ausländer wuchsen, und darüber vergaßen wir ganz unsre kleine Kamelie. Und eben ging ich nach draußen, um nachzusehen, und entdeckte, daß sie größer ist, als ich es bin, nämlich fast einen Meter sechzig, und obendrein ist sie reich mit Blüten besetzt. Abgase scheinen ihr außerordentlich zu bekommen.
Das ganze üppige Wachstum geht wirklich nicht auf meine Rechnung. Ich war alles andere als eine gute Gärtnerin, ehe wir nach Vashon zogen. Aber wir haben hier eben das unvergleichliche Zusammenspiel von Salzluft, ständigen Regenfällen, dem Japanischen Meeresstrom, hundertjährigem Laubmull und kühlen Sommern. Es ist das ideale Klima für Rhododendren, Kamelien und Azaleen – für Menschen aber weniger. Mein Fabia-Rhododendron, das im Gartenbuch als ‹selten und anfällig› bezeichnet wird, blüht im Mai und noch ein zweites Mal im September. Um manche Rhododendren macht Mutter sich Sorge, weil sie bereits im Dezember Farbe zu zeigen beginnen: dann können die Blüten noch erfrieren.
Jetzt sollte ich wirklich aufhören, aber die Wahrheit verlangt, daß ich eingestehe, so herrliche klimatische Bedingungen sind natürlich für Unkräuter genauso ideal wie für edle Gewächse. Schafthalm gedeiht hier, der seinen Kopf einfach durch den Asphalt bohrt. Wilde Winden schlichen sich über die Veranda ins Gästehaus und um die Beine des altmodischen Ofens dort, während wir nichtsahnend die Wände strichen. Und wie die Unkräuter sich breitmachen! Günsel zum Beispiel, den ich wegen seiner blauen Blüten zuerst im Felsgarten duldete, der dann alle Pfade überwucherte, die Rosen abwürgte und schon die Hand nach den Dachschindeln erhob - so daß Muttter und ich ihn mit Stumpf und Stiel ausrotten wollten und die Überreste ins Wäldchen warfen. Gestern nun wollte mir Don ein Stück Land dort oben am Waldrand zeigen, und mein Auge fiel auf ein strahlendes Blau. Was war’s? Der Günsel in Großkampf-Uniform, Marschrichtung: unser Haus!
Ein anderer Nachteil des zu milden Klimas, über den sich
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