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Die Insel und ich

Titel: Die Insel und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: betty McDonald
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of Ages› zum besten gab. Die Blumenzwiebeln jedoch blieben in ihren kleinen Tüten.
    Dann war es Februar, und ich hatte meinen Posten verloren und nahm keine neue Stelle an, und eines Tages kam die Sonne zum Vorschein und war schön warm, und ich begann im Garten zu arbeiten und sah plötzlich kleine grüne Spieße und Spitzen, und da fielen mir die Blumenzwiebeln wieder ein, die immer noch in den braunen Papiertüten mit den rätselhaften Aufschriften steckten. Da ich vollkommen ahnungslos in Gartenfragen bin, auch heute noch, rief ich Mutter an und erkundigte mich, ob ich die Zwiebeln noch setzen könne oder bis nächstes Jahr warten müsse.
    Mutter sagte: «Stecke sie nur in die Erde! Es ist ein bißchen spät, aber das läßt sich nicht mehr ändern! Tu nur etwas Knochenmehl unter die Zwiebeln!».
    Ich fragte sie auch nach den grünen Spitzen und Spießen, und sie meinte:
    «Wahrscheinlich sind es Narzissen und Tazetten. Ich komme nächstens mal und schau sie mir an. Ich find’s herrlich, in einem alten Garten herumzustochern und nachzusehen, was da alles ans Licht will.»
    Ich setzte die Blumenzwiebeln haufenweise aus, und trotz der Tatsache, daß ich überall, wo ich auch Löcher grub, auf ältere Zwiebeln oder auf Wurzeln der Trichterwinde stieß und die Anemonen verkehrt herum einsteckte, wuchsen sie alle tüchtig und wurden fast so groß wie auf den Bildern. Zum erstenmal in meinem Leben konnte ich einen ganzen Arm voll blauer Hyazinthen pflücken.
    In jenem ersten Frühling merkte ich, daß Gärtnern nur etwas für Erwachsene ist. Halbwüchsige interessieren sich für einen Garten nur insoweit, als sie dort Blumen für ihr Haar pflücken können. Von dem Tage an, da die ersten Kamelien zu knospen begannen – und das war im Januar – gingen Joan und Anne in einem Aufputz zur Schule, daß sie von vorne wie Tahiti-Mädchen aussahen, die zum Tanz geschmückt sind, während sie von rückwärts – dank ihrer Holzschuhe, der langen Bubenjacken und karierten Kopftücher – eher an armselige Bäuerchen erinnerten, die Reisig sammeln wollten.
    Als die Hyazinthen verblüht waren, machte sich Don darüber her: er bildet sich ein, daß er etwas vom Gärtnern versteht, obwohl er eine Aspidistra nicht von einer Aspirintablette unterscheiden kann. Eines Sonntagmorgens, als er gerade einen Aufräume-Anfall hatte, schnitt er alle grünen Hyazinthenblätter dicht über dem Boden ab und warf sie auf den Komposthaufen. Im nächsten Jahr fand ich dann dort, wo erst Scharen blühender Hyazinthen gestanden hatten, ein paar spinnedürre Stengel mit Blüten, die so klein wie Szillen waren.
    In jenem ersten Frühling mußte ich auch lernen, wie wild alles auf unsrer Insel wucherte. Wir putzten das Land im Januar aus, und im Juni hatten wir wieder den reinsten Dschungel. Ich hatte mir eine weiße Zwerg-Buddleia kommen lassen, die garantiert nicht größer als einen Fuß werden sollte, setzte sie in mageren Boden oberhalb des Felsengartens und erlebte, daß sie im ersten Jahr drei Meter lang wurde und Blüten von unglaublicher Größe bekam. Jetzt ist sie bereits sechs Meter hoch, und ich schneide sie jedesmal bis auf den Boden zurück, so oft ich nur an ihr vorübergehe. Und ringsherum in einem Radius von etwa dreißig Metern wachsen Millionen von kleinen Zwerg- (hahaha!) Buddleias. Dann die Paulownien, die ich im ersten Jahr kaufte. «Ganz was Seltenes!» hatte der Gärtner gesagt und dabei getan, als wollte er sie eigentlich gar nicht verkaufen, ließe sie mir aber freundlichst ab, weil seine Frau gerade zu ihrer Schwester Cora gefahren sei. Als er fünf Bäumchen ausgegraben hatte, sagte er, sie seien so furchtbar selten, ‹diese heiligen Bäume der heiligen Kaiserin Paulownia›, daß in ganz Seattle nur zwei vorhanden wären. Don und ich pflanzten sie, und wir beugten uns über sie und streichelten sie und waren ganz eingeschüchtert von ihrem Seltenheitswert.
    Und dann begannen sie zu wachsen. Und wie! Der vor der Küche ist jetzt dreizehn Meter hoch, und das ist für eine Paulownia noch Babygröße. Diese Bäume haben schöne, duftende, blaulila Blüten, die in Trauben angeordnet sind. Sie haben riesige, sehr locker sitzende Blätter, die den ganzen Sommer hindurch fallen und wie große Fächer auf den Sitzplätzen und Blumenbeeten herumliegen. Wir finden, die einzige Möglichkeit, die Blüten wirklich zu genießen, besteht darin, daß man aufs Meer hinausrudert und sieht, wie schön sie sich gegen den Himmel

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