Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
Vom Netzwerk:
nach wie vor achtete er nicht auf die Gefahr, sondern sah nur das Blutbad. » Verflucht«, sagte er leise. » Verfluchte Mistkerle.« Ich war mir nicht sicher, ob er von den Wahrern sprach oder von den Dunkelmagiern; vielleicht meinte er beide. Er beugte sich zu dem Sklaven zu meinen Füßen und begann, den Mann in den Schutz einer nahen Mauer zu ziehen. » Glut«, sagte er. » Ich kann hier nicht weg. Diese Leute haben niemanden, der ihnen hilft. Einige von ihnen verbluten, einfach nur deshalb, weil sich niemand um sie kümmert. Aber sie haben nie jemandem etwas getan.«
    Ich hätte ihn am liebsten angeschrien: Aber sie gehen uns nichts an! Hatten wir nicht schon genug erlitten? Ich wollte mich ausruhen. Ich war das alles so leid.
    Er schien mein Zögern nicht einmal zu bemerken. Er hatte sein Schwert durch den Gürtel geschoben und trat zu einem anderen Sklaven, einer Frau, die ausgestreckt in der Mitte der Straße lag; Fetzen ihres Kleides bedeckten ihren Kopf. Schweigen hüllte uns plötzlich ein. Das Rumpeln der Kanonen hörte auf, und es versiegte auch das damit verbundene Knirschen von getroffenen Gebäuden. Die Schreie wurden leiser und hörten ganz auf. Feuer knisterte in der Nähe, dumpfes Stöhnen kam aus einem nahe gelegenen Haus, das herzzerreißende Jammern eines Mädchens – das war alles. Thor schien die Veränderung nicht zu bemerken. » Hast du eine Ahnung, wo wir etwas Wasser herbekommen können?«
    » Ich hole was«, sagte ich benommen. Ich wollte nicht bleiben. Ich hatte nicht Thors Mitgefühl. Mein ganzes Leben lang war ich von Armen und Unterdrückten umgeben gewesen und hatte gelernt, dass man, um am Leben zu bleiben, kämpfen musste, statt zu bleiben und sich als Märtyrer zu verhalten. Ich wollte nicht in diesem Irrenhaus aus Tod und Dunkelmagie sterben. Und doch konnte ich nicht gehen. Nicht, solange Thor noch dort war.
    Also blieb ich.
    Ich kam allerdings nicht mehr dazu, ihm das Wasser zu bringen. Zwar fand ich einen Brunnen und füllte auch einen Eimer mit Wasser, aber auf dem Rückweg lief ich Morthred und einigen bezwungenen Wahrer-Silbmagiern geradewegs in die Arme. Morthred war unbewaffnet, die Wahrer allerdings nicht. Er selbst konnte erst gar nicht glauben, wen er da vor sich hatte. Und als er es dann doch begriff, war er so wütend, dass er einen Zauberspruch auf mich abschleuderte, ohne daran zu denken, dass ich eine Wissende war. Das, was er abschoss, war schrecklich und voller lebendiger Boshaftigkeit, aber wenn ich auch das Übel spürte, zersplitterte es dennoch an meiner Schulter, ohne mir etwas anhaben zu können. Als er seinen Fehler begriff, machte er seinen ehemaligen Silbmagiern ein Zeichen, und ich sah mich gezwungen, in einem wilden Schlagabtausch mit dem Schwert um mein Leben zu kämpfen. Es war ein stürmischer Angriff aus Hieben und Stichen, und ich wusste, ich würde ihm nicht lange standhalten können. Mir blieb nichts anderes übrig, als immer wieder aufs Neue zu parieren.
    Es war tatsächlich Morthred selbst, der den Kampf für mich gewann. Beinahe wahnsinnig vor Wut, stieß er weiter Flüche aus Dunkelmagie aus, als könnte er so den Schutz vernichten, über den ich verfügte. Tatsächlich aber verwirrte und ermüdete er nur die ehemaligen Silbmagier, da ein Teil der Dunkelmagie von mir abprallte und sie erwischte. Sobald einer zusammenbrach, stieß ich in die Lücke vor und tötete ihn so sauber, wie es mir möglich war.
    Dann wandte ich mich wieder Morthred zu. Was ich in seinem Gesicht sah, erschütterte mich sogar noch mehr. Es musste sich um den Beginn dessen handeln, was schon damals in ihm aufgekeimt war, als er die Dunstigen vernichtet hatte: Sein Gesicht glühte rot vor Macht, aber die Macht war durch Wahnsinn verzerrt und stand zumindest im Augenblick noch in den Anfängen. Es war ein teuflischer Irrsinn, der hundert Jahre zuvor das Unmögliche möglich gemacht hatte. Und ich wusste, dass er eines Tages diese Macht zurückerlangen würde.
    Ich ging mit dem Schwert auf ihn los, aber er war zu schnell für mich. Ein zufällig vorbeikommender Sklave wurde mit einem Fluch belegt und warf sich zwischen mich und ihn, stürzte wie wahnsinnig auf mich zu und versuchte, mir das Fleisch mit den bloßen Fingern vom Körper zu reißen. Ich versuchte, ihn mit der Klinge abzuwehren, aber er war durch den Fluch irre geworden. Als ich zufällig über seinen Arm schlitzte, schien er es kaum zu bemerken – er sackte auf den Boden und griff mich mit den Zähnen an.

Weitere Kostenlose Bücher