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Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende

Titel: Die Inseln des Ruhms 01 - Die Wissende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenda Larke
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Gruß, und es tat das Gleiche, aber es lächelte nicht. Ich war mir nicht sicher, ob Ghemfe überhaupt lächeln konnten.
    Ich weiß nicht, warum ich nicht aufstand und einfach wegging. Es gab keinen Grund für mich zu bleiben. Ich glaube, es war, weil ich trotz allem in diesem flachen, grauen Gesicht etwas gesehen hatte, etwas, das mich berührt hatte. Ich hätte schwören können, dass ich den Schmerz der Einsamkeit dort gesehen hatte …
    » Nicht gerade ein toller Ort, dieses Gorthen-Nehrung, was?«, fragte ich leichthin.
    Es betrachtete mich mit schiefergrauen Augen. Dann wanderte sein Blick durch den Raum, als wollte es meine Bemerkung überprüfen, sah mich wieder an und schüttelte den Kopf, als würde es mir zustimmen.
    » Schon lange hier?« Ich rechnete nicht wirklich mit einer Antwort, und ich bekam auch keine. Das Ghemf leerte seinen Becher, stand auf und verbeugte sich tief, eine respektvolle Geste, die sie oft genug Menschen gegenüber machten. Und dann sagte es: » Die Tätowierung eines Ohrläppchens ist ein Symbol. Manche Menschen brauchen keine Symbole.«
    Meine Augenbrauen mussten in diesem Moment vor Überraschung von meiner Stirn verschwunden sein. Das war zweifellos die längste und wohlformulierteste Bemerkung, die ich jemals von einem Ghemf gehört hatte. Sie war auch etwas rätselhaft, aber ich hatte keine Zeit, das Wesen zu bitten, sie mir zu erklären. Es eilte bereits mit seinem unbeholfenen, leicht hopsenden Gang zur Tür.
    Ich blickte immer noch verblüfft hinter ihm her, als Thor Reyder zu mir kam, der von seinem Kameraden offensichtlich ebenfalls verlassen worden war. » Darf ich mich setzen?«, fragte er höflich.
    » Bitte.« Ich setzte mich etwas aufrecht hin. Trotz des Ernstes, den er ausstrahlte, war Reyder ein sehr gutaussehender Mann, und mein Körper war sich dessen nur zu bewusst. » Wir scheinen heute Nacht dazu verdammt zu sein ineinanderzulaufen.«
    » Ich dachte, Ihr wärt mir gefolgt.«
    Ich blinzelte, vollständig unfähig zu erkennen, ob er einen Witz machte oder aufrichtig unter Verfolgungswahn litt. Es geschah nicht oft, dass jemand mich so aus dem Gleichgewicht brachte wie er. Schließlich gelang es mir, ein unverbindliches Lächeln aufzusetzen, das alles hätte bedeuten können.
    » Thor Reyder«, sagte er schließlich, als er saß. » Von den Versprengten.«
    » Glut Halbblut. Von nichts Besonderem.«
    » Was auch so bleiben wird, wie ich vermute. Ich hätte Euch sagen können, dass Ihr bei einem Ghemf keinen Erfolg haben werdet.« Also hatte er erraten, weshalb ich mich dem Geschöpf genähert hatte. Ich vermute, der Grund war offensichtlich genug.
    » Woher wisst Ihr, dass ich keinen hatte?«, fragte ich, ein bisschen streitsüchtig.
    » Ich habe Eure Miene gesehen.«
    » Es war einen Versuch wert«, sagte ich wieder mit einem Schulterzucken. » Wie auch immer, es scheint, als wäre das Ghemf doch kein Abtrünniger. Habt Ihr irgendeine Idee, was es hier tut?«
    » Ganz und gar nicht. Glut, habt Ihr den Mann gesehen, mit dem ich gesprochen habe, als Ihr herkamt?«
    » Den Wahrer?«, fragte ich.
    » Ich möchte, dass Ihr ihn trefft. Er wohnt oben in einem Zimmer und ist jetzt auch dort. Wollt Ihr mit mir zu ihm gehen?«
    Eine ganze Reihe von Fragen rauschte durch meinen Kopf, nicht zuletzt die wichtigste: Handelte es sich um irgendeine Falle? Ich war mir nicht sicher, was ich von Reyder halten sollte. Der einzige Grund, weshalb ich ein bisschen Vertrauen zu ihm haben konnte, war die Tatsache, dass er zum Weißvolk gehörte und die Wissenden dazu neigten, ein bisschen vertrauenswürdiger zu sein als die gewöhnlichen Menschen, besonders, wenn sie mit ihresgleichen zu tun hatten.
    Schließlich zuckte ich die Schultern und sagte: » Wieso nicht?« Aber während ich aufstand, um Reyder zu folgen, spürte ich eine Unsicherheit in mir, als würde ich es bereuen, eingewilligt zu haben. Und ich hatte nicht die leiseste Ahnung, warum.

* * *
    Brief des Feldforschers (Sonderbeauftragten) S. iso Fabold, Nationalforschungsministerium, Bundeshandelsministerium, Kell, an den Leitenden M. iso Kipswon, Präsident der Nationalen Gesellschaft für das Wissenschaftliche, Anthropologische und Ethnographische Studium nicht-kellischer Völker.
    Heutiges Datum, 6. – 1. Einzelmond – 1793
    Lieber Onkel,
    danke für deine Anteilnahme an meinem Gesundheitszustand. Erfreulicherweise kann ich dir mitteilen, dass das Fieber, das ich mir auf den Inseln des Ruhms zugezogen habe, verschwunden

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