Die IQ-Kids und die geklaute Intelligenz (German Edition)
sagte Anna Lísa bestimmt. „Ohne Handy fühlt man sich ja wie in der Steinzeit.“
Anna Lísa und Raggi liefen zum Aufzug. Diesmal hatte Raggi nicht so viel Angst wie beim ersten Mal, denn er wusste, was er zu dem Kellner sagen würde. Sie stiegen aus dem Aufzug, und wie beim ersten Mal ging Anna Lísa direkt zur Garderobe und Raggi zum Empfangstresen. Diesmal war nur der Kellner da, der nach dem Handy geschaut hatte.
„Hören Sie“, sagte Raggi, „mein Vater hat mich noch mal zurückgeschickt. Er hat sich plötzlich wieder daran erinnert, dass er sein Handy auf die Fensterbank gelegt hat, als er rauchen war.“ Sein Vater würde ihm nie verzeihen, dass er ihn als Raucher hingestellt hatte. „In irgendeiner Sofaecke.“
Der Kellner musterte Raggi. „Das kann zwar in der Sofaecke gewesen sein, aber der Boden dreht sich ja. Das Handy könnte überall sein.“ Er warf Raggi einen entnervten Blick zu. „Na gut, ich schicke jemanden rum.“ Der Kellner wollte Raggi nicht alleine lassen, winkte einen Jungen heran, der mit einer Wasserkaraffe die Tische abklapperte, und schickte ihn suchen. Plötzlich stand Anna Lísa neben Raggi. Anscheinend hatte sie den Schlüssel schon zurückgebracht. Nervös ließ Raggi seinen Blick durch den Speisesaal schweifen. Dr. Guðgeir und sein Bekannter waren nicht zu sehen, und Raggi atmete erleichtert auf. Dann sah er an der Treppe zur Bar von hinten jemanden, der Dr. Guðgeir ähnelte. Ganz langsam, je weiter sich der Boden drehte, kam mehr von ihm ins Blickfeld. Wo war denn der Junge mit der Karaffe? Raggi wollte Anna Lísa schon anstoßen und die Flucht ergreifen, als der Junge mit dem Handy in der Hand zurückkam und es dem Kellner gab.
Der Kellner schaute das Handy verblüfft an, und Raggi wurde rot bis hinter die Ohren. Das Handy war grellrosa und sah überhaupt nicht so aus, als gehöre es seinem Vater. „Cooles Foto auf dem Display“, sagte der Kellner und reichte Raggi das Handy. „Bist du dir sicher, dass es das Richtige ist?“
Raggi schaute aufs Display und murmelte: „Ja, das ist es. Tokio Hotel ist die Lieblingsgruppe meines Vaters.“ Hastig bedankte er sich und zog Anna Lísa zum Aufzug. Während sie warteten, spähte Raggi aus dem Augenwinkel zu dem Rücken, der inzwischen zu einem ganzen Mann geworden war. Es war Dr. Guðgeir. Raggi stieß Anna Lísa zur Aufzugtür. Als sie aufging, purzelten sie hinein, einem eleganten Paar direkt in die Arme. Das Paar wich bei dem Aufprall zurück, wobei die schicke Frisur der Frau völlig durcheinandergeriet und die Krawatte des Mannes verrutschte. Die beiden verließen laut schimpfend den Aufzug. Hektisch drückte Raggi auf den Knöpfen herum. „Puh, das war knapp!“
Als sie wieder unten angekommen waren, klingelte Raggis Handy. „Hallo, hier ist Papa, bei dir war ja ewig besetzt. Bist du nicht beim Tanzkurs? Du kannst doch nicht tanzen gehen und dann die ganze Zeit telefonieren. Ich wollte dir nur sagen, dass wir mit diesen Regeln nicht klarkommen und mal kurz im Gemeindehaus vorbeischauen. Deine Cousins wollen dich beim Square Dance sehen!“ Raggi brachte kein Wort heraus und konnte den Besuch nicht abwenden. Seine bescheuerten Cousins würden ihn nur auslachen. Verdammt, was sollte er denn jetzt tun? Er packte Magga am Arm.
„Magga, kommst du mit zum Square-Dance-Kurs?“, fragte er atemlos.
„Äh, was?“, fragte Magga verwundert. Sie hätte mit allem gerechnet, aber nicht damit. „Was? Wann denn?“
„Jetzt“, antwortete Raggi und zog sie zu einem Taxi, das am Ende des Parkplatzes stand. „Bitte sag nicht nein.“
Magga war zu verwirrt, um zu protestieren, und ließ sich von Raggi ins Taxi ziehen. Arnar und Anna Lísa folgten ihnen. „Das muss ich sehen!“, sagte Anna Lísa, nachdem sie Arnar ins Auto dirigiert hatte, selbst eingestiegen war und die Tür zugeknallt hatte. Keiner von ihnen hatte schon mal ohne Erwachsene ein Taxi genommen. Der Taxifahrer raste zum Gemeindehaus, da Raggi ihm gesagt hatte, sie hätten es sehr eilig. Den Grund für ihre Eile behielt er allerdings für sich, und der Taxifahrer fragte nichts und fuhr zum Glück sehr sicher. Sie erreichten ihr Ziel in Rekordzeit.
Raggi zahlte das Taxi von dem Geld, das sein Vater ihm gegeben hatte. Eilig erklärte er den anderen, worum es ging. Dann schaute er auf seine Uhr und sah, dass sie sofort reingehen mussten. Auch wenn sein Vater immer unglaublich lange brauchte, um loszufahren – er musste sich unter anderem persönlich
Weitere Kostenlose Bücher