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Die irische Meerjungfrau

Die irische Meerjungfrau

Titel: Die irische Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Roemer
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Augen.
    »Sie gehört auch zu denen.«
    »Zu wem?«
    »Zu den Meerjungfrauen.«
    Stimmt, das hatte sie bereits erwähnt.
    »Sie ist mit den Quinns verwandt. Siobhán ist, glaube ich, ihre Tante.«
    »Sie stammt hier aus der Gegend, hab ich gehört.«
    »Pah, sie ist eines Tages hier aufgetaucht wie es die Art der Meerjungfrauen ist. Hat sich einen Prinzen geschnappt. So sind sie halt, die Meerjungfrauen, wollen alles haben, was sie sehen, und wenn ihnen das schöne Leben an Land gefällt, dann werfen sie ihren Fischschwanz ab und bleiben einfach. Ein Zurück gibt es dann für sie allerdings nicht mehr.«
    »Ein Prinz, soso … Und was ist das für ein Prinz?«
    »Na, ein Prinz eben. Natürlich kein echter. Märchenprinzen sind nämlich ausgestorben. Vor langer Zeit schon. Aber das weiß ja jedes Kind.«
    Ja, davon hatte er gehört.
    »Aber sie kann die Männer noch immer ins Verderben ziehen!«, warnte Nora.
    »Sicher.«
    Welche Frau konnte das nicht?

11. Charlotte
    Er brachte Nora zurück nach Foley, rechtzeitig zu ihrer Verabredung.
    Die Versuchung war groß, sich sofort mit Hacke und Schaufel zu bewaffnen und loszuziehen, aber er zögerte. Nicht dass es ein Problem gewesen wäre, Hacke und Schaufel aufzutreiben. Ein Abstecher in O’Connors Laden und eine halbe Stunde später hätte er losbuddeln können.
    Aber würde er sich nicht lächerlich machen?
    Warum war nicht schon früher jemand auf die Idee gekommen, dort oben zu graben? War es zu einfach? Zu naheliegend? Oder doch schlicht zu unwahrscheinlich und gerade deshalb nie versucht worden?
    Und warum sollte Nora Nichols ausgerechnet ihm, Fin O’Malley, die Wahrheit erzählen? Wenn es denn eine Wahrheit gab. Nur weil er ihr zuhörte, was sonst offenbar niemand tat? Weil er ihr das Gefühl gab, dass er ihr glaubte? Oder weil die Alte wusste, dass sie ihn verarschen konnte?
    Er hatte sich ja noch nicht mal getraut, sie zu fragen, woher sie seine Schuhe hatte …
    Fin saß im Auto, der Motor brummte leise im Leerlauf. Der Kühler zeigte nach Norden. Richtung Cape Cloud. Seine Armbanduhr sagte ihm, dass gestern um diese Zeit der Damm zum Leuchtturm freigewesen war. Er wusste eigentlich gar nichts über Ebbe und Flut, nur dass das Wasser jeden Tag ein paar Mal hin und her schwappte und dass sich dieser Rhythmus jeden Tag um ein paar Minuten verschob. Ob nach vorne oder nach hinten, das wusste er allerdings nicht.
    Er legte den Gang ein. Den Versuch war es wert.
    Er konnte es den anderen noch früh genug zeigen. Der Gaul hatte jetzt fast dreißig Jahre dort oben unter der Grasnarbe vor sich hin gemodert, auf einen Tag mehr oder weniger kam es nun auch nicht an. Schließlich durfte er seinen eigentlichen Auftrag nicht aus den Augen verlieren.
    Sie war eine Zeugin, oder? Jeder, der in seiner Gegenwart zugab, Thomas Keane zu kennen oder zumindest gekannt zu haben, war für ihn ein Zeuge. Und somit automatisch verdächtig. Außerdem wurde er das Gefühl nicht los, dass man es in Foley nicht gerne sah, wenn er sich zu auffällig für Charlotte interessierte. Womöglich lohnte es sich gerade deshalb herauszufinden, wer ihr ominöser Märchenprinz war. Am Ende hieß er mit Nachname Keane. Reich genug für einen Prinzen waren sie alle beide. Egal ob Jack oder Thomas.
    Zum wiederholten Mal schlängelte er sich auf der schmalen Küstenstraße gen Norden. Einsame Strände und malerisch zerrissene Klippen zu seiner Linken, das herbstbraune Moor zu seiner Rechten. Anfangs war ihm die Landschaft eintönig, ja geradezu langweilig erschienen. Aber mit jedem neuen Tag, der Wasser und Land in ein neues Licht tauchte, erlag er ihren Reizen. Nein, leben wollte er hier nach wie vor nicht. Zu einsam eben, aber ein oder zwei Wochen Urlaub von der Großstadt konnte er sich mittlerweile durchaus vorstellen.
    Keine Viertelstunde später kam die blendend weiße Fassade des Leuchtturms in Sicht. Ein kleiner heller Fleck bewegte sich langsam über die kahle Inselkuppe. Immerhin, das Pferd war da. Vielleicht hatte er Glück.
    Wie erhofft war der Damm frei von Meerwasser, zwar nass von Wellen, die der stete Wind immer wieder hochschlug, aber passierbar. Fin entschloss sich, das Auto mit hinüber auf die andere Seite zu nehmen. So hatte er eine Zuflucht, falls sein Besuch ein Fehlschlag und der Rückweg wieder abgeschnitten war. Auf eine weitere Nacht unter freiem Himmel konnte er gut verzichten.
    Am Ende des Damms hielt er an. Er traute sich nicht, den Hügel hinaufzufahren, zu unwegsam

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