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Die irische Meerjungfrau

Die irische Meerjungfrau

Titel: Die irische Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolin Roemer
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nie untergehen wird!«
    »Tifo   –   was?«
    »Das Feenreich«, murmelte Ronan im Vorbeigehen.
    »Ah.« Fin nippte an seinem Glas, während Nora ihren Krug in einem Zug leerte. So wie die Alte soff, konnte sie unmöglich von dieser Welt sein. Entweder war sie höchstpersönlich im Feenreich zu Hause oder sie zog hier eine verdammt gute Show ab. Irgendwie musste er sie loswerden, je eher desto besser. Er versuchte es mit einem Themenwechsel.
    »Ich dachte, in unseren irischen Pubs herrscht Rauchverbot«, sagte er, als Ronan wieder in Hörweite war.
    »Bei mir hat sich noch keiner beschwert.«
    »Kontrolliert das niemand?«
    Ronan zuckte vielsagend seine muskulösen Schultern und schob den Schaum von zwei Pintgläsern.
    Hätte er sich eigentlich denken können. Foley war schon immer ein rechtsfreier Raum gewesen, daran hatte sich über all die Jahre nichts geändert. Kein Polizist würde auf die Schnapsidee kommen und sich hierhertrauen, um so etwas Banales wie ein Rauchverbot durchzusetzen.
    Apropos Schnaps.
    Er merkte, dass er den Überblick verlor. Er hätte schwören können, dass dieses Whiskyglas vor seiner Nase eben noch halbleer war – und nicht randvoll. Misstrauisch starrte er Ronan an, der ihm seinerseits aufmunternd zunickte.
    »Kommt ausm Norden.« Ein kantiges Kinn deutete auf sein Glas und dessen Inhalt. »Zwanzig Jahre alt, kleine uralte Destillerie. Mein Bruder arbeitet dort. Macht mir immer einen guten Preis.«
    Fin wollte gar nicht wissen, von welchem Lieferwagen die Kiste runtergefallen war, aber in einem Punkt musste er Ronan recht geben, der Stoff streichelte wie Samt durch seine Kehle.
    »Und dann haben sie ihn einfach abgeknallt!«
    Fin zuckte zusammen. »Wie?«
    »Na, was man eben mit jedem Gaul macht, der sichs Bein gebrochen hat.« Nora war wieder in ihrer Spur. »Kannte halt bisher nur die flache Rennbahn. Die Gomballs haben ihn über Stock und Stein gejagt, und es kam, wies kommen musste. Der Gaul is in ’n Erdloch getreten und das wars. Zack!« Ihre flache Rechte fiel auf die Theke, als verdiente das Geräusch eines knackenden Knochens eine besondere Betonung. »Die haben nicht viel Federlesens gemacht. Bo Gomball wars, der hat sich ne Knarre geschnappt und aus wars mit Shergar.«
    »Und da waren Sie natürlich auch dabei.« Fin leerte sein Glas.
    »Nicht nur das …« Nora machte eine bedeutungsschwangere Pause und rückte ein Stück näher an Fin heran. Ihre nächste Aussage mochte sie nur hinter vorgehaltener Hand machen. »Ich weiß sogar, wo sie ihn begraben haben«, wisperte sie verschwörerisch.
    Fin bemerkte im Augenwinkel eben noch, wie Ronan mit der Whiskyflasche nahte und schob rechtzeitig die Hand über sein Glas.
    »Soll ich’s dir zeigen?«
    »Nein, Nora, ein andermal vielleicht.« Den Gedanken an Abendessen hatte er schon lange aufgegeben. Müde zerrte er seine Jacke hervor. »Ich muss jetzt wirklich …«
    »Noch einen für den Heimweg?« Ronan hielt die Flasche hoch.
    »Danke, Ron… Ronnie. Ich muss irgendwie noch nach Hause fin–«
    »Zur Tür raus, einmal links, an der Kreuzung rechts und dann immer geradeaus.«
    »Danke.«
    Natürlich wussten sie Bescheid. Alle.
    Er musste jetzt nur noch rausfinden, wie viel sie wirklich wussten.
     

3. Foley
    Er hatte keinerlei Erinnerung daran, wie er in sein Bett gefunden hatte. Zwar war Ronans Wegbeschreibung korrekt gewesen, aber begünstigt durch die Tatsache, dass in ganz Foley trotz Nacht und Nebel nur zwei Straßenlaternen brannten – eine am Ortseingang bei der Tankstelle, die andere am Ende einer Sackgasse, die zum Hafen führte – musste Fin feststellen, dass das Dorf im Dunkeln verdammt anders wirkte als bei Tageslicht. Es war nicht mal Mitternacht gewesen, trotzdem schienen alle Bürgersteige, so es denn welche gab, hochgeklappt und alle braven Bürger, davon gab es wahrscheinlich weitaus weniger, in ihren Betten. Die anderen waren alle im Pub.
    Vor der Toreinfahrt hatte er dann noch den Schlüssel fallen lassen, und er war eine ganze Weile fluchend zu Füßen der Muttergottes herumgekrochen, um das verflixte Ding schließlich im schwachen Schein des Ewigen Lichts wiederzufinden.
    Sein Zimmer lag – Gott sei Dank – direkt neben der Haustür. Keine Gefahr, auf der kurzen Strecke dem tadelnden Blick der Witwe MacCormack zu begegnen. Seine Augen hatten sich mittlerweile so an die Dunkelheit gewöhnt, dass er nicht einmal den Lichtschalter bemühte, um das Bett zu finden. Obwohl er für seine

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