Die irische Wildkatze
haben. Die Räume des Herrenhauses sind von William Kent entworfen worden, dem bekanntesten Architekten in ganz England, der auch ein enger persönlicher Freund des Grafen ist. Lord Burlington ist dafür bekannt, dass er einen außerordentlich guten Geschmack hat und ein begnadeter Kunstsammler ist.«
Als ein Gentleman in der Regent Street sich zum Gruß an den hohen Hut fasste, belohnte Maria diese Höflichkeit mit einem Lächeln. »Eine Lady lässt sich niemals, niemals dazu herab, einem Mann auf der Straße zuzulächeln. Das macht man einfach nicht! Das ist regelrecht ordinär - etwas, das vielleicht eine Schauspielerin tun würde.« Bridget sprach das Wort Schauspielerin aus, als wenn es unerhört wäre.
Maria, die es nicht leiden konnte, wenn man sie zurechtwies, beschwerte sich: »Meine neuen Schuhe machen mir Blasen an den Fersen. Wie weit ist es denn noch?«
»An der Ecke dort nehmen wir eine Kutsche. Wir müssen mit einer Kutsche ankommen, aber ich wollte nicht für den ganzen Weg von der Great Marlborough Street bis Burlington House zahlen.« Bridget sah sich die kleinen Kutschen genau an und suchte dann die aus, die am wenigsten schäbig wirkte. Es bereitete ihr großen Genuss, dem Fahrer Anweisungen zu geben.
»Burlington House!« Sie setzte sich mit königlicher hauteur in die Kutsche.
Der Portier sah sich das öffentliche Verkehrsmittel genau an, bevor er es in den Hof ließ, nachdem er die Insassinnen eindringlich gemustert und für Wert befunden hatte. Als die Kutsche vor dem Eingang des Hauses hielt, bezahlte Bridget den Fahrer, ging dann die marmornen Stufen hinauf und hob den Türklopfer. Maria folgte ihrer Mutter ebenfalls selbstbewusst, während Elizabeth Mühe hatte, sich nicht überwältigt zu fühlen.
Als sie der livrierte Haushofmeister in einen eleganten Salon brachte, der mit blauseidenen, vergoldeten Sesseln und Edelholztischen ausgestattet war, kam Charlie voller Freude, ihre Freundin zu sehen, die Spiraltreppe heruntergerannt, ihren Hund direkt hinter sich. »Elizabeth! Ich freue mich ja so, dich zu sehen!« Dann dachte Charlie an ihre guten Manieren und machte einen Knicks vor Bridget Gunning. »Vielen Dank, dass Ihr nach London gekommen seid, Madam!«
»Ein Hund!«, rief Elizabeth erfreut aus und hörte dann, wie ihre Mutter sich räusperte. »Vielen Dank für die Einladung zum Tee, Lady Charlotte. Wie heißt denn der Hund?«
»Sein Name ist Dandy und bitte sag doch Charlie zu mir.« Sie sah Maria an, die schnell ein paar Schritte vor dem Hund zurückwich, bevor er hochspringen und ihr neues, rosa Nachmittagskleid berühren konnte. Charlie bückte sich und nahm den Hund auf den Arm. »Es tut mir Leid, Maria. Er wird Euch nichts tun.«
»Willkommen in Burlington House.« Die Gräfin beugte sich zu Bridgets Wange vor und küsste in die Luft. »Derart pünktliche Gäste beschämen mich. Man wird Euch allenthalben sagen, dass ich keinerlei Zeitgefühl habe.«
»Wir sind derart von Einladungen überschüttet worden, seit wir in London angekommen sind, dass ich selbst auch langsam den Überblick verliere.« Bridget setzte sich in den
Sessel, der Dorothy Boyle gegenüberstand. Sie zog ihre Handschuhe aus, aber nicht die modische Haube. Maria folgte dem Beispiel ihrer Mutter, setzte sich ebenfalls in einen vergoldeten Sessel und zog die Handschuhe aus. Elizabeth und Charlie saßen auf einem vergoldeten Kanapee mit Dandy zwischen sich und grinsten einander an.
»Man muss lernen, welche Einladungen man annehmen und welche man ablehnen will, sonst wird man völlig überfordert«, riet die Gräfin, als eine Zofe in Uniform einen Teewagen hereinrollte, auf dem ein herrliches, georgianisches, silbernes Teeservice und ein dreistufiges Tablett mit kleinen Häppchen, wie Hummerpastete und Gurkensandwiches, standen. »Natürlich sind gewisse Einladungen einfach obligatorisch.« Sie schenkte Tee ein und forderte ihre Gäste auf, bei den Erfrischungen zuzugreifen.
»In dieser Beziehung könnte ich ein paar Ratschläge gut gebrauchen. Ich war ja schon seit Jahren nicht mehr in England.« Bridget wusste, dass die meisten Frauen gern gute Ratschläge verteilten.
»Nun, natürlich lehnt man keine Ereignisse bei Hofe oder einer der regierenden Familien der guten Gesellschaft ab. Und natürlich geht man mittwochs zu Almack's. Dieser Ort ist ein Muss, wenn man so wie wir Töchter im heiratsfähigen Alter hat.«
»Ich hatte bisher noch überhaupt keine Zeit, mich darum zu kümmern, dass wir bei
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