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Die italienischen Momente im Leben

Die italienischen Momente im Leben

Titel: Die italienischen Momente im Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Maccallini
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Weiß, und das sanfte Tröpfeln des Wassers erhöht noch den Zauber der Atmosphäre.
    »Ab jetzt ist der Weg ganz einfach«, versichern uns die Führer. Von wegen! Jetzt macht mir die dicke Schlammschicht zu schaffen, durch die wir immer wieder waten müssen. Verdammte Sch… Nach dem hellen Licht in der Höhle müssen sich die Augen erst wieder an das schwächelnde Licht meiner Grubenlampe gewöhnen! Stellen Sie sich vor, Sie müssten sich fast nur mit ihrem Tastsinn durch eine ungewohnte Umgebung vorwärtsbewegen, entlang an glitschigen Wänden, die von einer schwammartigen Masse überzogen sind.
    Endlich gelangen wir zu der Eisentreppe am Ende der Strecke. »Heiliger Jesus, ich danke dir!« Jetzt geht es wieder in die Umkleiden, und wer will, kann auch duschen. Wir verzichten,so schnell wie möglich möchten wir uns lieber in unserer Unterkunft frischmachen.
    Nach dem Höhlenabenteuer haben wir uns ein wenig Entspannung verdient und brechen per Bus auf nach Corinaldo zum großen Halloweenspektakel.
    In dem auf einem Hügel gelegenen kleinen Ort mit mittelalterlichem Dorfkern steht alles im Zeichen des Gruselfestes: Die Häuser sind mit Skeletten geschmückt, und es gibt sogar einen schaurigen »Friedhof«, wo lustige Namen die Grabsteine aus Styropor zieren. Durch die Straßen schieben sich Menschenmassen in Verkleidung, die Stimmung ist heiter und ausgelassen: überall Kürbisse, Hexen, Musik, und auch viele Kneipen sind entsprechend dekoriert. Schade nur, dass sie alle bis auf den letzten Platz besetzt sind. Nach längerer Suche finden wir uns damit ab, dass wir auf die Schnelle nichts bekommen, und stellen uns an. So wird es Mitternacht, bis wir gegessen haben. Und dabei gibt es noch so viel zu sehen: den »Turm der Verkleidungen«, den »Geistertunnel«, den Hexenscheiterhaufen und jede Menge Pyrotechnik. Leider steigen alle Gassen im Ort steil an, und ich bin doch noch völlig erledigt von der Höhlenwanderung. Schließlich machen wir uns auf zur Bushaltestelle, aber schon von Weitem sehen wir, dass die Rückkehr zu unserer Pension nicht ganz einfach wird. Unter dem Schutzdach herrscht großes Gedränge, in Abständen kommen vier Busse an, die jeweils eine Hundertschaft abtransportieren können. Als wir ganz am Ende nach viel Gerempel und Geschubse auch noch zusteigen wollen, haben wir keine Chance: Frankenstein und die böse Stiefmutter von Schneewittchen setzen uns wieder vor die Tür! Wir müssen uns wohl oder übel zu Fuß auf den Weg machen.
    ~ ~ ~
    Zwei Tage später, nachdem ich mich von meinem Abstieg in die Unterwelt – welche auch immer – wieder erholt habe, machen wir einen Rundgang durch die historische Altstadt von Jesi, die man unbedingt besuchen sollte. Hier muss man keine großen Strecken zurücklegen, um die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Geburtsstadt von Stauferkaiser Friedrich II. zu bewundern: die Piazza della Repubblica mit dem Teatro Pergolesi, wo wir heute Abend auftreten werden, den Corso mit ihren Palazzi, die Pinakothek, die alte Abtei San Niccolò, die Stadtmauer, den Palazzo della Signoria und den Dom. Schließlich betreten wir einen Weinkeller und wählen auf gut Glück zwei Gläser Rotwein zu einem schönen Stück würzigem Höhlenkäse aus. Der Wirt, ein ungeheuer sympathischer Mann, der ursprünglich aus Andalusien stammt, unterhält sich freundlich mit uns und gibt ein paar Anekdoten aus dem Ort zum Besten. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie einige Menschen in der Provinz es schaffen, beim Erzählen lokalen Berühmtheiten Leben einzuhauchen, sie mit all ihren Tugenden und Fehlern vor unseren Augen erstehen zu lassen. Namen werden dabei natürlich nicht genannt.
    »Die Namen sage ich euch dann la próxima vez , beim nächsten Mal!«
    Der Spanier aus Jesi ist stolz auf seinen Wein, und wenn dieser Conero Rosso auch etwas blass in der Farbe wirken mag, so ist er doch fruchtig und wirklich kraftvoll. Beim ersten Schluck kitzelt uns ein berauschender Duft nach Lakritz, Pflaumen und Kirschen in der Nase. Beim zweiten eröffnen sich uns Noten von Leder und Tabak: » El soporte armónico – das passt ausgezeichnet dazu!« Beim dritten holt der Wirt eine der von der Decke baumelnden Würste herunter, aber heimlich, damit die Gattin (in der Küche) es nicht mitbekommt, anscheinend ist diese Köstlichkeit für das Abendessen eingeplant. Für eine Kostprobe reicht unsere Zeit gerade noch, dann müssen wir auch schon zurück ins Theater und uns für den Auftritt schminken.

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