Die italienischen Momente im Leben
Landstraßen oder ungeteerten Wanderwegen, Sie werden immer von Apfelplantagen umgeben sein. Aber es werden auch jede Menge kleine zuckersüße Aprikosen angebaut. In den Wäldern können Sie reichlich rote Früchte sammeln: Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Heidelbeeren und Preiselbeeren (Letztere findet man kaum noch woanders).
Außerdem möchte ich Ihnen noch diese zwei Adressen als Tipp mitgeben:
1) In der Gemeinde Mals im Ortsteil Schleis gibt es einen Familienbetrieb, der Käse herstellt. Erwarten Sie keinen richtigen Laden. Es wird direkt vom Hof verkauft, und zwar in einer Art Keller neben den Kuhställen.
Der Englhof befindet sich seit mehr als zweihundert Jahren im Besitz der Familie Agethle und produziert unter anderem Futtermittel und Getreide in kontrolliert biologischem Anbau. Die Kühe, die Sie draußen freundlich muhend empfangen, sind dieselben, die die Milch für die Käseherstellung liefern. Auf dem Ladentisch liegen drei Schneidebretter, eins für jede der zum Verkauf stehenden Käsesorten: der Arunda (der am wenigsten gelagerte, ein Weichkäse), der Tella (er reift acht bis zwölf Wochen und wird ausschließlich auf der Alm hergestellt) und der Rims (der mindestens zehn Monate reifen muss). Alle drei sind ein wahrer Genuss! Es klingt vielleicht merkwürdig, wenn man das von einem Käse sagt, aber da schmeckt man wirklich die Milch durch, genau wie die Kräuter und Gräser, die Kühe bekommen eben nur gesundes Futter. Noch ein letztes Wort zum Rims : Dieser Käse ist vielleicht einer der typischsten für Südtirol, im letzten Jahr gewann er bei der Käseolympiade eine Bronzemedaille, und glauben Sie mir, er hat sie wirklich verdient!
2) Der Signaterhof in Signat wird einem noch lange in guter Erinnerung bleiben. Wenn Sie jemals beschließen, diese Gegend Italiens per Fahrrad zu besuchen, empfehle ich Ihnen diesen Abstecher von Bozen aus. Dafür brauchen Sie nur eine knappe halbe Stunde. Sie erwarten einige Kilometer auf ganz schmalen Straßen – ich habe so meine Zweifel, ob dort zwei Autos aneinander vorbeikommen – und sehr viele Haarnadelkurven. Aber solange Sie nicht unter Höhenangst leiden und fest im Sattelsitzen, wird Sie das abwechslungsreiche Panorama schon auf einen besonderen Abend einstimmen. Sie können in einem kleinen Raum neben der Rezeption einkehren – der Signaterhof bietet auch Übernachtungsmöglichkeiten – oder, wenn Sie vorher reserviert haben, was ich Ihnen dringend empfehle, in der »Stube« im oberen Stockwerk. Auf dem Hof ist alles hausgemacht, vom Brot bis zu den Nudeln. Wir haben einen typischen Vorspeisenteller mit Hirsch- und Rehsalami, Mortadella und Speck gekostet. Als ersten Gang dann Tagliatelle mit Pfifferlingen und als zweiten in rotem Lagrein geschmorte Rinderbacke auf einer schmelzenden Polenta für mich und für Jutta ein Gröstl und Krautsalat mit Speck. Als Nachspeise hatten wir Aprikosenknödel mit Waldfrüchtecoulis. Mmmmmmhhh, einfach ein Hochgenuss. Alle Gerichte sind äußerst wohlschmeckend, nicht übermäßig gewürzt, das Fleisch ist auf den Punkt gegart, saftig, und es zergeht einem auf der Zunge, die Gemüse sind knackig. Es gibt üppige Portionen, von einem Gericht werden gut auch zwei Leute satt. Ach, ich vergaß noch die Getränke dazu: Alle Weine aus Südtirol passen sehr gut, besonders die von den Bergen rings um Bozen, dazu einige seltene Weine aus dem Eisacktal und natürlich der legendäre Pinot Nero. Salute!
Viele Leute halten Südtirol zu Recht für eine Art glückliche Insel, ein »Stück Deutschland oder Österreich bei uns«. Aber ich glaube nicht, dass das nur kulinarische Aspekte betrifft. Die Straßen sind hier wirklich sauberer, die Behörden arbeiten schneller und effizienter – ich habe Ihnen ja schon erklärt, wie langsam bei uns die Mühlen der Bürokratie mahlen können – also man fühlt sich beinahe wie jenseits der Alpen. Aber es ist kein Zufall, dass die Bevölkerung weiterhin zweigeteilt ist: Durch ihre Haltung der anderen Ethnie gegenüber tragen sie sicher nicht zur Verbesserung der Situation bei: Auf der einen Seite sind da die »Deutschstämmigen« (oder zumindest ein Teil von ihnen), die darauf beharren, die Italiener nicht als vollkommen gleichberechtigte Bürger anzusehen, auf der anderen die Italiener (oder wenigstens ein Teil von uns), die sich in ihrem Stolz verletzt fühlen und nur ein einziges Argument vorbringen: »Wir sind hier in Italien, akzeptiert das endlich ein für alle Mal!«
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