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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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wie ein Fass ohne Boden: Egal wie viel ich trinke, ich kriege offenbar nie genug.
    »Danke«, sage ich und gebe ihr den Krug zurück. An den Wänden hängen bunte Bilder von Regenbogen und einem sagenhaften Meer. In dem Regal rechts von mir stehen abgegriffene Bücher und ein paar Tonfiguren.
    »Wie habt ihr lesen gelernt?«, frage ich.
    Epap blickt zu Boden. »Von unseren Eltern«, antwortet Sissy.
    Ich sehe sie an.
    »Einige von uns waren mit ihren Eltern hier. Die meisten hatten nur einen Vater oder eine Mutter. Bis auf Ben und mich sind wir alle nicht verschwistert, falls du dich das fragst. Er ist mein Halbbruder.«
    »Wie viele Mütter und Väter?«
    »Insgesamt acht. Sie haben uns alles beigebracht. Lesen, Schreiben, Malen, Gemüse ziehen. Sie haben die alten traditionellen Geschichten an uns weitergegeben. Sie haben uns gelehrt, Kraft zu entwickeln, lange Strecken zu laufen und zu schwimmen. Sie wollten nicht, dass wir dick und faul werden, nur herumliegen und darauf warten, dass unser tägliches Essen kommt. Wir hatten etwas, das man ›Schule‹ nennt, jeden Tag. Weißt du, was ›Schule‹ ist?«
    Ich nicke.
    »Unsere Eltern haben uns angetrieben, schnell zu lernen. Als hätten sie Angst gehabt, dass nur wenig Zeit bleibt. Als hätten sie gewusst, dass sie eines Tages weg sein würden …«
    »Und was ist mit ihnen geschehen?«
    »Eines Tages waren sie weg«, sagt Epap voller Wut.
    »Das war vor etwa zehn Jahren«, sagt Sissy ruhiger. »Sie erhielten eine Landkarte, auf der die genaue Lage einer Obstfarm verzeichnet war. Wir waren natürlich argwöhnisch, doch wir hatten seit Wochen kein Obst bekommen. Auf unseren Lippen und in unserem Mund hatten sich schmerzhafte Blasen gebildet. Sicherheitshalber ließen die Eltern uns Kinder zurück. Sie sind im ersten Morgengrauen aufgebrochen und nie zurückgekommen.«
    »Damals wart ihr fünf doch noch fast Kleinkinder«, sage ich.
    Sie zögert mit ihrer Antwort. »Ben war erst wenige Wochen alt. Er hat nur knapp überlebt. Und wir waren auch mehr als fünf. Wir waren neun.«
    »Und die anderen vier?«
    Sie schüttelt den Kopf und senkt den Blick. »Verstehst du … Epap und ich mussten alleine auf alle aufpassen. Und wir waren selbst erst sieben oder so. Als der Forscher kam, hat er uns wirklich geholfen. Nicht nur wegen des zusätzlichen Essens, das er reingeschmuggelt hat, der Bücher, Decken und Medikamente, wenn einer von uns krank war. Er hat uns auch so viel Mut gemacht. Er war ein großartiger Geschichtenerzähler und hat uns immer aufgebaut. Deswegen war es ja auch so niederschmetternd, als er uns so mir nichts, dir nichts verlassen hat.« Sie sieht mich an. »Und du meinst, eines Tages wird er uns irgendwie zu den Bergen im Osten führen?«
    Ich nicke.
    »Du lügst«, sagt Epap. »Das mit dem Forscher ist gelogen. Und das mit der Hepra-Zivilisation jenseits der Berge auch. Hinter diesen Bergen ist gar nichts.«
    »Nein, ich lüge nicht.«
    »Du und deine verdammte Maske. Glaubst du, du könntest dich dahinter verstecken und uns an der Nase herumführen? Vielleicht die Jüngeren, aber uns nicht. Mich jedenfalls ganz bestimmt nicht.«
    »Sag uns, was du weißt, Gene«, sagt Sissy sanft und schaut mich aus ihren braunen Augen ernsthaft an. Es ist so merkwürdig, bei diesem Namen genannt zu werden. In dem vom Boden reflektierten Sonnenlicht sind ihre Augen heller, als ich sie in Erinnerung hatte. »Woher weißt du von der Hepra-Zivilisation jenseits der Berge?«
    »Es steht in den Aufzeichnungen des Forschers, die ich gelesen habe. Er hat einiges dazu notiert. Er hatte Grund zu der Annahme, dass es jenseits dieser Berge eine ganze Zivilisation von uns gibt, in der Hunderte, vielleicht sogar Tausende von uns leben.« Die Lügen gleiten über meine Lippen wie Seide.
    »Wie hat er davon erfahren?«
    »Also … das weiß ich nicht. Aber er war offenbar davon überzeugt.«
    »Lügner!«, unterbricht Epap mich. »Wenn es so viele von unserer Art gibt, warum haben wir noch keinen von ihnen gesehen? Warum hat sich noch niemand hier herausgewagt?«
    »Würdest du das tun?«, frage ich. »Würdest du bei allem, was du weißt, hierherkommen und dich in ihre Reichweite begeben?«
    Er sagt nichts.
    »Das klingt logisch«, sagt Sissy. »Eine Hepra-Kolonie jenseits der Berge wäre vor den Leuten sicher. Selbst bei ihrer Schnelligkeit braucht man mindestens achtzehn Stunden bis dorthin. Sie würden nie vor Sonnenaufgang ankommen. Da draußen gibt es keinen Schutz – das

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