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Die Jäger des Lichts (German Edition)

Die Jäger des Lichts (German Edition)

Titel: Die Jäger des Lichts (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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Weiden zurück Richtung Dorf, auf das Geheul zu.
    »Was machen sie?«, fragt Clair. »Wohin gehen sie?«
    Das ergibt alles keinen Sinn. Die Mädchen aus dem Dorf, die den Älteren zunächst gefolgt sind, bleiben stehen undsehen sich fragend an, ihre Gesichter ein Abbild ihres inneren Konflikts: Sollen sie sich auf ihren Überlebensinstinkt verlassen oder die konditionierte Unterwerfung?
    Ein weiterer Schrei, nicht der eines Schatters, sondern menschlich. Die Entfernung – er kommt von den Farmen auf der anderen Seite des Dorfes – nimmt ihm wenig von seinem nackten Grauen. Weitere entsetzte Schreie durchbohren die Nacht. Vor meinem inneren Auge sehe ich Mädchen in die Metzgerei fliehen und Beile und Hackmesser packen, um die Schatter abzuwehren. Sie begreifen nicht, dass jede Gegenwehr nutzlos ist und dass der Geruch von Blut – selbst wenn es nur das von Tieren ist – die Schatter nur noch mehr in Raserei versetzt.
    »Wenn ihr überleben wollt, steigt sofort in den Zug!«, rufe ich. Das Mädchen mit den Sommersprossen tritt vor. Mit heftig zitternder Stimme befiehlt sie den Mädchen, in den Zug zu steigen. Sie brauchen keinen weiteren Ansporn; erstaunlich ruhig und wie ein einziger Mann besteigen sie die Waggons. Nur hier und da schluchzt oder schreit eins der Mädchen kurz auf.
    Eins von ihnen hebt etwas vom Boden des Waggons auf. Es ist das Mädchen mit den Zöpfen, das Sissys Messergürtel in der Hand hält und rasch deren Fesseln durchschneidet. Sissy steht auf und reibt sich die Handgelenke. Sie sieht das Mädchen dankbar an, zieht dann einen zweiten Dolch aus dem Gürtel, und gemeinsam befreien sie Clair und die Jungen.
    »Wie kriegen wir diesen Zug in Gang?«, frage ich das Mädchen mit den Sommersprossen.
    »Am Ende des Bahnsteigs ist eine Konsole, von der aus alles kontrolliert wird«, sagt sie. »Mit einer Reihe von Knöpfen wird der Zug auf Autopilot gestellt. Von da an dauert es fünfzehn Minuten, bis der Motor warm gelaufen ist. Dann werden alle Türen automatisch geschlossen, die Bremsen gelöst, und der Zug setzt sich in Bewegung. Die Automatik lässt sich nicht unterbrechen oder umkehren, bis der Zug sein Ziel erreicht hat, die Zivilisation.«
    »Weißt du, wie man die Knöpfe bedient?«, frage ich sie.
    Sie sieht mich direkt an und nickt. In ihren Augen liegt eine unvermutete Stärke. »Ich habe oft zugesehen, wie die Älteren es gemacht haben«, sagt sie. »Es ist alles ganz einfach, mit einem Farbcode und erklärenden Bildern.«
    Aus dem Dorf ertönt weiteres Geheul, lauter und unterbrochen von Schmerzensschreien. Das Blutvergießen hat begonnen. Ich kann es vielleicht nicht riechen, doch ich spüre, dass es in der Luft liegt. Die Schwärze der Nacht ist schwer von Tod.
    »Geh jetzt«, sage ich zu dem Mädchen, »und starte die Maschinen.« Sie eilt, so schnell es ihre Lotusfüße erlauben, zu der Konsole.
    Ich sehe, wie David Jacob drängend etwas zuflüstert. Sie drehen sich um und wollen losrennen.
    »Was glaubt ihr, wohin ihr geht?«, frage ich sie und packe sie an ihren Jacken.
    »Ben holen«, sagt David und schlägt meinen Arm weg.
    »Kommt nicht infrage. Ihr beiden bleibt hier.«
    »Wir fahren nicht ohne ihn, Gene.«
    »Ich weiß«, sage ich und beiße die Zähne zusammen. »Deswegen hole ich ihn.«
    »Du und ich«, sagt Sissy.
    »Ich ziehe das besser allein durch«, sage ich.
    »Diesmal nicht. Wir reden von Ben.« Sie dreht sich zu Jacob und David um. »Ihr bleibt hier und kümmert euch um Epap. Diese beiden Mädchen …«, sie zeigt auf das Mädchen mit den Zöpfen und das mit den Sommersprossen, »… sind tüchtig. Haltet euch an sie.«
    Und dann springt Sissy vom Bahnsteig und schnallt sich den Gürtel mit ihren Dolchen um. Bald habe ich sie eingeholt und renne neben ihr über die Wiese. Vom Dorf hallen weitere Schreie herüber. In den Straßen und Hütten ist der totale Terror ausgebrochen. Und wir laufen direkt darauf zu.
    »Warum hat Krugman Ben verschleppt?«, frage ich.
    Sie schüttelt den Kopf und sieht mich ängstlich an. »Ich weiß es nicht.« Ihre Füße drängen noch schneller vorwärts.
    Auf halber Strecke werfe ich einen Blick zurück. Vom Bahnhof hört man ein lautes mechanisches Klicken, gefolgt von einem Lichtblitz und einer Rauchwolke, die der Lokomotive entweicht. Der Zug läuft warm. Eine Viertelstunde. Mehr Zeit haben wir nicht. Vorausgesetzt, wir schaffen es überhaupt lebend zurück.
    An der ersten Hütte am Dorfrand spähen wir an eine Mauer gelehnt um

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