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Die Jäger des Roten Mondes

Die Jäger des Roten Mondes

Titel: Die Jäger des Roten Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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verwegene Leute als Beute zu bekommen. Es ergibt also kaum einen Sinn, wenn es ihnen um ein Massaker geht. Wir müssen irgendeine Chance haben – vielleicht keine gute Chance, aber eine Chance irgendeiner Art, sie zu töten.«
    Dallith antwortete nicht. Sie schwamm auf das Ufer zu; Dane folgte ihr. Nahe am Beckenrand überholte er sie. Sie stand bis zu den Knien im Wasser, und er sah sie zum ersten Mal völlig nackt, ohne das alles umhüllende, weite weiße Gewand ihres Heimatplaneten.
    Sie ist ebenfalls schön, dachte er. Als ich sie das erste Mal sah, schien sie für mich die vollkommene Schönheit, unvergleichlich, zu sein. Aber er reagierte auf ihre Nacktheit nicht mit der direkten sinnlichen Zuwendung, die er bei Rianna gefühlt hatte. Liegt das nur an der Gewohnheit, sie zu beschützen, für sie zu sorgen und ihr alle Ängste und Sorgen aus dem Weg zu räumen? Er unterdrückte schnell die automatisch erfolgende Antwort, weil er wußte, daß sie sie – mit dieser wißbegierigen, empathischen Sensitivität – aus seinen Gedanken und Gefühlen ablesen würde.
    Ich liebe sie. Und doch zieht sie mich – sexuell – nicht halb so sehr an wie Rianna. Ich schaue Rianna an, wie sie nackt in ihrem Bad liegt, und werde zum Barbaren – ich könnte auf der Stelle auf sie springen, genau wie alle Protosimianer es angeblich tun. Und dabei habe ich sie nicht einmal besonders gern!
    Die Luft schlug ihm eiskalt entgegen nach dem warmen Wasser, und Dane beeilte sich, in seine warme Tunika zu kommen und sie um sich zu wickeln. Er sah auf seine nackten Beine hinunter und dachte: Es ist lustig, wie sehr unser Selbstgefühl von unserer Kleidung abhängig ist. Wenn man mich, sagen wir, vor einem Jahr danach gefragt hätte, wäre meine Antwort gewesen, daß ich mich um Kleidung nicht im geringsten schere, daß sie nur dazu da sei, die Kälte abzuhalten und die Polizisten daran zu hindern, mir wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses nachzurennen. Aber ohne Hosen zu sein, ist eine merkwürdige Sache für einen Mann aus dem Westen. Wir definieren sogar unsere Männlichkeit auf diese Weise – wir sagen, daß der Mann die Hosen in der Familie anhat.
    Am Rande des Beckens gesellte er sich zu Dallith. Das Licht wurde schwächer, und die anderen Schwimmer verließen das Bad. In der langen, weiten, terrakottafarbenen Tunika, mit ihrem hellen, glatten Haar, das wie ein Vorhang über ihre Schultern und fast bis zur Taille fiel, sah sie schüchtern und wunderhübsch aus.
    »Es ist eigenartig … zu fühlen, daß Leute mich anschauen.«
    »Mir geht es genauso«, sagte Dane. »In dem Teil der Welt, von wo ich komme, badet man gewöhnlich nicht nackt, obwohl ich natürlich schon in Länder gereist bin, wo es üblich ist, und es stört mich nicht. Wir haben ein Sprichwort, das heißt: ›Wenn du in Rom bist‹ – Rom ist eine Stadt in meiner Welt, eine große Stadt – ›mach es wie die Römer‹.«
    Dallith sagte: »Wir haben ein ähnliches Sprichwort: ›Wenn du nach Lughar reist, iß Fisch‹.«
    »Sicher könnte Aratak einen Spruch von der Weisheit des Göttlichen Eis finden, um es abzurunden«, sagte Dane trocken. »Die menschliche Natur scheint dieselben Wege zu gehen … menschliche Natur?«
    »Allumfassende Weisheit«, korrigierte ihn Dallith freundlich. »Aber du hast recht; die meisten intelligenten Wesen entdecken dieselben Wahrheiten und halten sie in ihren Sprichwörtern fest …«
    Danes Mund verzog sich: »Wie passen die Mekhar da hinein?« fragte er.
    Dallith sagte langsam: »Sie sind gewiß intelligente Wesen. Sie scheinen ihre eigenen strengen ethischen Vorstellungen zu haben. Aber sie haben sich dem Galaktischen Bund noch nicht angeschlossen …«
    Ihre Worte erstarben, wie durch die Schwere ihrer Bedeutung, und sie schwieg. Dann sagte sie: »Bevor wir über Sprichwörter und Weisheit redeten, sagte ich, daß ich das Gefühl seltsam finde, wenn Leute mich anschauen.«
    »Dann bist du es also nicht gewohnt, nackt zu baden?«
    »Aber nein. Das ist üblich bei uns – tatsächlich tragen wir überhaupt nur sehr selten Kleider in unserer Welt, außer es schneit, oder wir müssen in sehr nasse, dornige Wälder reisen – aber wir sehen uns nur selten gegenseitig an. Es ist leichter, auf Leute meiner eigenen Art zu reagieren, wenn ich darauf achte, wie sie auf meine Gefühle wirken. Es war seltsam zu fühlen, daß Leute über meinen Körper, meine äußere Erscheinung nachdenken, anstatt darüber, wie es in mir aussieht … bin

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