Die Jäger des Roten Mondes
Essen zu. Dallith, sehr klein und zerbrechlich, saß über ihren Teller gebeugt. Als sie hereinkamen, hob sie den Kopf und lächelte Dane an (Erleichterung über sein Zurückkommen – hatte sie ihn vermißt?), und es traf Dane wie ein Fuder Backsteine.
Dallith! O Gott! Sie wird es wissen. Ich liebe sie, ich liebe sie und treibe mich mit Rianna in den Büschen herum … Verflucht seien alle protosimianischen Instinkte …
Das Lächeln gefror plötzlich auf Dalliths Gesicht; sie errötete tief und beugte sich wieder über ihren Teller, und Riannas Lächeln verzerrte sich, aber sie ergriff Danes Hand fast schmerzhaft, und Dane konnte vor Scham seine Hand nicht wegziehen. Statt dessen legte er seinen Arm um ihre Taille und zog sie beruhigend an sich.
Sie verdient nichts als Freundlichkeit! Aber, o Gott, Dallith … Habe ich sie verletzt? Tief unglücklich sah er ihren gesenkten Kopf.
Aratak, der die Spannung im Raum spürte, schaute mit freundlich fragenden Augen auf, und Rianna sagte herb, verteidigend: »Nun, hat das Göttliche Ei keine Weisheit für diesen Augenblick?«
Aratak grummelte: »Es gibt Zeiten, in denen Weisheit fehl am Platz scheint, Kind. Die einzige Weisheit, der ich im Moment meine Zunge leihen kann, ist die, daß es gut ist, wenn alles andere versagt, den Magen zu beruhigen. Iß dein Abendessen, Rianna, bevor es kalt wird.«
»Das klingt wie eine verdammt gute Idee«, sagte Dane. Er wollte zu seinem gewohnten Platz neben Dallith gehen, aber Rianna hielt immer noch seine Hand, und er konnte es nicht über sich bringen, sich von ihr zu lösen. Er bückte sich, um sein Tablett aufzunehmen und ließ sich neben Rianna auf der Erde nieder.
Während sie aßen, hob er immer wieder die Augen und schaute hinüber durch den Kreis, den sie bildeten, um Dalliths Blick aufzufangen, aber jedes Mal, wenn er sie anschaute, saß sie über ihren Teller gebeugt und aß verbissen irgend etwas, was wie Reis mit Soße aussah. Oder sie schälte eine große hellgelbe Frucht, das Gesicht in den lockeren Wellen ihrer blonden Haare halb versteckt. Bevor Dane halb aufgegessen hatte, legte sie ihr Tablett beiseite und ging zu ihrem Bett, wo sie ihnen allen den Rücken zukehrte und bewegungslos dalag, schlafend oder es nur vortäuschend. Einmal während des Abends ging Rianna zu ihr hin und beugte sich über sie, wie um mit ihr zu sprechen, aber Dallith lag mit geschlossenen Augen da. Weder bewegte sie sich, noch nahm sie sonst irgendwie Notiz von ihr.
Sie hatten, halb unbewußt, die Schlafordnung beibehalten, in der sie sich befunden hatten, als sie das erste Mal hierher gebracht worden waren: Dane schlief an Riannas Seite auf einem breiten Bett, Dallith ihnen gegenüber. Aratak hatte es sich auf den Steinen bequem gemacht, der Mekhar hatte sich wie eine Katze auf dem weichsten Bett zusammengerollt. Dane hatte am Abend zuvor daran gedacht, die Frauen zu fragen, ob sie es vorziehen würden, sich das breite Bett zu teilen und ihm das andere zu lassen, aber die Ruhe, mit der sie die Anordnung akzeptiert hatten, hatte ihn davon zurückgehalten. Jetzt kam ihm der Gedanke, daß vielleicht der Geschlechtsunterschied zwischen männlichen Menschen und weiblichen Menschen für die Jäger völlig ohne Bedeutung war.
Als sie sich zum Schlafen niederlegten, legte Rianna ihren Kopf in seine Armbeuge. Sie sagte weich: »Dane, Dallith ist so unglücklich. Kann sie eifersüchtig sein?«
Dane hatte verbissen versucht, gerade diesen Schluß zu vermeiden. Welches Recht hatte er zu denken, daß es Dallith etwas ausmachte? »Ich weiß es nicht, Rianna. Vielleicht ist sie einfach … verlegen, weil ich es war. Ich habe dir ein bißchen über die … nun, die sexuellen Gebräuche meiner Welt erzählt. Sie fühlte meine Verlegenheit, als du und Roxon … auf dem Mekhar-Schiff …«
»Aber damals wußte sie, daß Roxon und ich nur so taten«, sagte sie klug. »Dane, tut es dir leid?«
»Wie könnte es?« Er legte seine Arme um sie und hielt sie fest an sich gedrückt. Sie war großzügig seinen Bedürfnissen gegenüber gewesen – hatte sie geteilt –, und wie auch immer er ihr gegenüber fühlte, es knüpfte ein Band. Und er hatte kein Recht, es ihr vorzuwerfen. Sie rückte näher zu ihm heran, und nach einigen Minuten fiel sie in tiefen Schlaf.
Aber Dane lag wach und wußte, ohne es zu sehen oder zu hören, von Dalliths unglücklicher Stille und Zurückgezogenheit. Es erinnerte ihn nur zu lebhaft daran, wie sie ausgesehen und gehandelt
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