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Die Jaeger

Die Jaeger

Titel: Die Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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es?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Leif widmete sich dem nächsten Stapel Waren.
    »Gibt es einen weiteren Vampir hier in der Gegend?«
    »Vermutlich.«
    Leif war seltsam, jetzt fiel es mir deutlich auf. Noch vor kurzem hatte er Zeter und Mordio geschrien, als es um die Vampirjäger ging, und wollte auf keinen Fall auffallen. Doch plötzlich interessierte ihn ein brutaler Mord, eindeutig begangen von einem Vampir, der mit Sicherheit eine Menge Aufsehen erregen und das Medieninteresse wecken würde, nicht mehr. Irgendetwas war hier faul.
    »Und was gedenkst du dagegen zu tun?«, fragte Robert nun.
    »Was kann ich denn tun? Abwarten und nichts trinken. Irgendwann legt sich der Trubel wieder. Und solange die Morde nicht in Mullendorf passieren, ist es nicht so schlimm.«
    Jetzt reichte es mir doch. »Nicht so schlimm? Zwei Menschen sind auf brutale Weise umgebracht worden und du sagst, es ist nicht schlimm, weil es nicht vor deiner Haustür geschah?!«
    Er sah auf und mich an. »Was soll ich denn sonst sagen? Ich war es nicht!«
    »Aber du hast was damit zu tun?« Ich hoffte, er würde »nein« sagen. Er sagte es auch, aber es klang unheimlich schlaff. Überhaupt nicht überzeugend.
    »Was hast du getan?«, zischte Robert.
    Leif legte endlich den Block zur Seite. »Er hat mich genervt. Der Junge hat mich unglaublich genervt, da konnte ich nicht anders.«
    »Was? Welcher Junge?« Ich war irritiert.
    »Kurt oder Knut oder wie er heißt. Der Kerl aus meiner Werkstatt. Ich weiß nicht, wie er darauf gekommen ist, was ich bin. Aber den ganzen gestrigen Abend hing er an meinen Fersen und wollte wissen, wie das Leben als Vampir ist, und er bestand darauf, dass ich ihn auch zum Vampir mache. Er hat ununterbrochen gedrängelt und gebettelt, meinte, er bewundere uns schon seit Jahren und wolle mit unserer Rasse verschmelzen und so ein Zeugs. Er hat mich wahnsinnig gemacht und da hatte ich einen schwachen Moment.«
    Ich stand mit offenem Mund da. »Und was?«
    »Ich habe ihn zum Vampir gemacht und ich denke, er hat die beiden Touristen getötet.«
    Roberts Hand ballte sich zur Faust, ich konnte sehen, wie seine Knöchel weiß hervortraten. Ich musste mich auf die nächstbeste Kiste setzen, so geschockt war ich von seinen Worten.
    »Er wollte es unbedingt und ich war so hungrig.« Leifs Rechtfertigung klang lahm und völlig daneben. Er hatte einen Menschen in ein Monster verwandelt und dadurch vermutlich zwei weitere Menschen auf dem Gewissen. Ich hätte schreien können. Ich wollte es auch tun, wenn nicht in diesem Moment ein echter Schrei aus dem Laden zu uns gedrungen wäre. Ein Schrei oder ein Rufen, es war nicht so genau zu identifizieren, es war nur laut und schrill. Und stammte von einer Frau, die außer sich schien.
    »Wo ist Kurt jetzt?«, fragte ich panisch. »Ist er hier?«
    »Nein«, antwortete Leif. »Er hat gleich nach seiner Umwandlung gekündigt. Er will die Freiheit auskosten und die Welt erobern, hat er gesagt.«
    Wieder schrie es. Dieses Mal klang es aber wie: »Wo ist er?«.
    Wir liefen zur Tür, doch bevor wir sie erreichten, wurde sie aufgerissen und meine Freundin Viviane stand vor mir. Sie sah schrecklich aus. Ich hatte sie ein paar Tage nicht mehr gesehen, denn seit dem Tod ihrer Mutter hatte sie sich zurückgezogen und wollte von mir und der Welt nichts mehr wissen. Ihre Haare hingen strähnig nach unten, sie war ungeschminkt mit tiefen Ringen unter den Augen. Ihre Haut glänzte fettig. Vermutlich hielt sie sich nur mit Schokolade und Alkohol über Wasser. Ihr Anblick erinnerte mich sehr an den meiner Mutter. Dass sie jetzt aufgelöst hier stand, war kein gutes Zeichen.
    Sie schrie nicht mehr. »Was ist mit ihm passiert?«, fragte sie bedrohlich leise und sah von Leif zu Robert und von ihm zu mir. In dieser Reihenfolge. »Was habt ihr getan?«
    Ich ging auf sie zu, doch sie wich zurück. »Wenn du was damit zu tun hast, dann Gnade dir Gott«, zischte sie.
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe es gerade erst erfahren und bin genauso schockiert wie du. Es tut mir leid, wirklich, Viviane. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr.«
    Sie kniff die Augen zusammen. Sie sah aus wie eine Katze kurz vor dem tödlichen Sprung auf ihre Beute. »Du bist nicht so geschockt wie ich, denn dein Freund, gestern noch warm und lebendig, hat sich nicht plötzlich über Nacht in einen Vampir verwandelt und will dir mit eiskalten Fingern an die Wäsche, blutverschmiert und voller Dreck.« Sie lachte kurz verbittert auf.

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