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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Ich glaube, ich warte doch lieber am Feuer.«
    »Wie Ihr wünscht«, sagte Verin. »Habe ich schon erwähnt, dass die Novizinnen Haushaltsarbeiten erledigen müssen? Sie waschen das Geschirr ab, schrubben die Böden, kümmern sich um die Wäsche, bedienen am Tisch und was sonst noch alles. Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass Diener so etwas viel besser machen, aber allgemein heißt es, solche Arbeit stärke den Charakter. Oh, Ihr bleibt doch? Gut. Also, Kind, denkt daran, dass auch ein Schlehenstrauch manchmal blüht – schöne weiße Blüten inmitten der Dornen. Wir werden es probieren, eine nach der anderen. Nun nochmals ganz von Anfang an, Egwene. Schließ die Augen.«
    Mehrmals – bevor Verin schließlich ging – fühlte Egwene, wie die Macht sie durchströmte, aber es war jedes Mal nicht sehr stark und das beste, was sie fertigbrachte, war eine leichte Brise, die die Zeltklappe ein wenig bewegte. Sie war sicher, dass ein Niesen genauso viel bewirkt hätte. Sie hatte bei Moiraine schon mehr erreicht, jedenfalls manchmal. Sie wünschte sich Moiraine als Lehrerin.
    Nynaeve fühlte nicht das geringste, so behauptete sie jedenfalls. Ihre Augen wirkten so grimmig und ihre Lippen waren so zusammengepresst, dass Egwene befürchtete, sie werde Verin gleich herunterputzen, als sei die Aes Sedai eine Dorfbewohnerin, die sich in ihre privaten Angelegenheiten einmischte. Aber Verin riet ihr einfach, sie solle noch einmal die Augen schließen, doch diesmal, ohne dass Egwene mitmachte.
    Egwene saß da und beobachtete die beiden gähnend. Es war spät geworden, viel später, als sie sonst zu schlafen pflegte. Nynaeves Gesicht sah aus, als sei sie schon seit einer Woche tot. Ihre Augen waren geschlossen, als wolle sie sie überhaupt nicht mehr öffnen, und die Hände lagen zu Fäusten geballt in ihrem Schoß. Egwene hoffte, die Dorfheilerin werde sich auch weiterhin beherrschen, nachdem sie schon so lange durchgehalten hatte.
    »Fühlt den Strom der Macht in Euch«, sagte Verin gerade. Ihre Stimme klang nicht verändert, doch plötzlich funkelten ihre Augen. »Fühlt den Strom. Den Strom der Macht. Er fließt zuerst wie eine leichte Brise, wie ein Lufthauch nur.« Egwene richtete sich auf. Genauso hatte Verin sie jedes Mal geführt, wenn die Macht sie wirklich durchfloss. »Eine leichte Brise, nur ein Lufthauch. Leicht.«
    Plötzlich schlugen Flammen lichterloh aus den übereinander gelegten Decken.
    Nynaeve öffnete mit einem Aufschrei die Augen. Egwene war sich nicht bewusst, ob sie auch schrie oder nicht. Sie merkte nur, dass sie hochschoss und sich bemühte, die brennenden Decken nach draußen zu treten, bevor sie das ganze Zelt entzündeten. Bevor sie jedoch ein zweites Mal zutreten konnte, verschwanden die Flammen und hinterließen nichts als feine Rauchwölkchen, die sich aus der verkohlten Masse erhoben, und den Geruch nach versengtem Holz. »Na ja«, sagte Verin, »ich habe nicht damit gerechnet, ein Feuer löschen zu müssen. Werdet mir nur nicht ohnmächtig, Kind. Es ist ja schon alles gut. Ich habe alles unter Kontrolle.«
    »Ich … ich war wütend.« Nynaeve sagte es mit zitternden Lippen im blutleeren Gesicht. »Ich hörte Euch von einer Brise sprechen und mir sagen, was ich tun solle, und da sprang das Feuer einfach in meinen Kopf. Ich … ich wollte nichts verbrennen. Es war nur ein kleines Feuer in … in meinem Kopf.« Sie schauderte.
    »Ich denke schon, dass es ein kleines Feuer war.« Verin lachte auf, doch das Lachen brach nach einem weiteren Blick auf Nynaeves Gesicht ab. »Geht es Euch wieder gut, Kind? Wenn Euch schlecht ist, kann ich …« Nynaeve schüttelte den Kopf, und Verin nickte. »Was Ihr braucht, ist Ruhe. Ihr beide. Ich habe Euch zu sehr angetrieben. Ihr müsst ausruhen. Die Amyrlin wird uns alle noch vor der Dämmerung aufstehen und aufbrechen heißen.« Sie erhob sich und trat die verkohlten Decken mit dem Fuß. »Ich werde Euch ein paar neue Decken bringen lassen. Ich hoffe, Ihr seht nun, wie wichtig es ist, alles unter Kontrolle zu halten. Ihr müsst lernen, das zu tun, was Ihr tun wollt, aber nicht mehr. Abgesehen davon, dass Ihr beträchtlichen Schaden anrichten könnt, wenn Ihr mehr Macht an Euch zieht, als Ihr ohne Gefahr benützen könnt, zerstört Ihr Euch vielleicht selbst, wenn Ihr zu viel Macht an Euch zieht. Ihr könntet dabei sterben. Oder vielleicht brennt Ihr innerlich aus und zerstört alle Eure Fähigkeiten.« Und als habe sie nicht gerade verkündet, dass sie auf

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