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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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einige davon verstehen, obwohl er sich bemühte, nicht darauf zu hören.
    … so süßes Blut, so süß, das Blut zu trinken, das tropfende Blut, es tropft so rot; hübsche Augen, gute Augen, ich habe keine Augen, ich pflücke dir die Augen aus dem Kopf; zermalme deine Knochen, spalte dir die Knochen im Fleisch, sauge dein Mark aus, während du schreist; schrei, schrei, sing deine Schreie aus, sing und schrei … Und das Schlimmste von allem war ein Flüstern, das sich durch alles hindurchzog: Al’Thor. Al’Thor. Al’Thor . Rand entkam in das Nichts, das sich um ihn herum aufbaute, und diesmal störte ihn nicht einmal das lockende, kränkliche Glühen von Saidin gerade außerhalb seines Gesichtsfelds. Die größte aller Gefahren in den Kurzen Wegen war der Schwarze Wind, der die Seelen derer raubte, die er tötete, und jene in den Wahnsinn trieb, die er am Leben ließ. Doch Machin Shin war ein Teil der Wege und konnte sie nicht verlassen. Nur, dass er jetzt in die Nacht hinauswallte, und der Schwarze Wind rief ihn beim Namen.
    Das Tor zu den Kurzen Wegen stand noch nicht ganz offen. Wenn sie das Avendesorablatt an die richtige Stelle zurückstecken konnten … Er sah, wie Loial auf den Knien herumkroch und in der Dunkelheit im Gras tastete.
    Saidin erfüllte ihn. Es war ein Gefühl, als vibrierten seine Knochen. Er spürte den rotglühenden, eiskalten Fluss der Einen Macht, fühlte sich lebendiger als jemals sonst, fühlte den öligen Schmutz … Nein! Und lautlos schrie er sich selbst von jenseits der Leere her an: Es will dich holen! Es wird uns alle töten! Er wuchtete alles in Richtung der wallenden Schwärze, die nun schon zehn Spannen weit über das Tor hinausreichte. Er wusste nicht, was er dorthin schleuderte oder wie, aber im Herzen jener Dunkelheit blühte ein funkelnder Lichtbrunnen auf.
    Der Schwarze Wind kreischte – zehntausend wortlose Schmerzensschreie. Langsam, einen Fingerbreit nach dem anderen, wich das schwarze Wallen zurück, schrumpfte, kroch zurück durch das immer noch offen stehende Tor.
    Ein Strom der Macht durchlief Rand. Er konnte die Verbindung mit Saidin richtig fühlen. Es war wie ein über die Ufer tretender Fluss, der sich in einem tobenden Wasserfall zwischen ihn und das Feuer im Herzen des Schwarzen Windes schob. Die Hitze in seinem Inneren wurde noch brennender, wurde so stark, dass sie Stein schmelzen und Stahl verdampfen konnte und die Luft durch sie entzündet wurde. Die Kälte breitete sich aus, bis der Atem in seiner Lunge gefroren und hart wie Metall erschien. Er fühlte, wie es ihn überwältigte, wie sein Leben dahinschmolz, als sei es das lehmige Ufer eines starken Flusses. Sein Selbst wurde langsam abgetragen.
    Kann nicht aufhören! Wenn es herauskommt … Muss es töten! Ich – kann – nicht – aufhören! Verzweifelt klammerte er sich an die Reste seiner Persönlichkeit. Die Eine Macht durchtobte ihn. Er schwamm auf ihr wie ein Stück Holz in den Stromschnellen. Das Nichts begann zu schmelzen und fortzufließen; die Leere dampfte vor Kälte.
    Die Bewegung der Torflügel hielt inne und kehrte sich dann um.
    Rand war sich auf verschwommene Art sicher, dass er nur sah, was er zu sehen wünschte.
    Die Torflügel näherten sich einander und schoben dabei Machin Shin zurück, als handele es sich um eine feste Masse. Das Inferno tobte weiter in der Brust des Schwarzen Windes.
    Verschwommen und mit einem entfernt fragenden Blick sah Rand, wie Loial sich – immer noch auf allen vieren – von dem zuschwingenden Tor zurückzog.
    Der Spalt wurde enger und verschwand. Die Blätter und Ranken verschmolzen mit der Mauer und wurden zu Stein.
    Rand fühlte, wie die Verbindung zwischen ihm und dem Feuer abriss und der Strom der Macht, der durch seinen Körper floss, versiegte. Einen Augenblick später, und er hätte sich darin vollständig verloren. Zitternd fiel er auf die Knie. Es befand sich immer noch in seinem Inneren: Saidin . Es durchfloss ihn nicht mehr, sondern lag still wie ein See in ihm. Er selbst war ein See, gefüllt mit der Einen Macht. Er zitterte bei diesem Gedanken. Er roch das Gras, die Erde unter sich und die Steine der Mauer. Selbst in der Dunkelheit konnte er jeden Grashalm sehen, einzeln und alle zusammen, die gesamte Menge des Grases. Er fühlte jeden noch so schwachen Luftzug an seinem Gesicht. Seine Zunge floh vor dem Geschmack der Verderbnis zu seinem Gaumen; sein Magen verkrampfte sich.
    Verzweifelt suchte er sich einen Weg aus dem Nichts heraus,

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