Die Jagd des Adlers
Befehle, Herr?«
Macro war über das letzte Wort ein wenig überrascht, doch es war ihm sofort klar, dass sein Freund recht hatte, wenn er ihm in seiner neuen Position als Präfekt den entsprechenden Respekt erwies. Es erinnerte ihn an ihre gemeinsame Zeit in der Zweiten Legion in Germanien und Britannien, als Cato zunächst sein Optio und dann einer der jüngeren Centurionen in derselben Kohorte gewesen war. Seither war vieles geschehen, und Macro hatte sich daran gewöhnt, den jüngeren Offizier als ihm in fast jeder Hinsicht gleichgestellt zu betrachten, doch jetzt hatten sich die Bedingungen geändert, und aufgrund seiner militärischen Erfahrung konnte er die Notwendigkeit dieser neuen Haltung akzeptieren.
»Ist Symeon schon nach Petra aufgebrochen?«
»Ja. Unmittelbar vor der Besprechung.«
»Hast du ihm nachdrücklich genug klargemacht, was ich von ihm will?«
»Ja, Herr.«
»Gut.« Macro nickte. »In Ordnung. Es wird Zeit, dass wir uns auf den Kampf gegen Bannus und die Räuberbanden aus der Wüste vorbereiten.«
Der neue Präfekt der Zweiten Illyrischen ließ seine Männer von Anfang an seine Präsenz spüren. Unterkünfte wurden in der Morgen- wie in der Abenddämmerung inspiziert, Verstöße gegen die Regeln sofort bestraft. Die Männer mussten doppelt so lange exerzieren wie zuvor, und nachdem jede Hundertschaft das Einüben der wichtigsten Manöver abgeschlossen hatte, gab es bis zur Mittagszeit Eilmärsche um die Festung herum. Erst dann war es den schwer atmenden, durstigen Soldaten in der größten Hitze des Tages erlaubt, sich auszuruhen. Rasch fanden die Offiziere zu dem zurück, wozu sie eigentlich ausgebildet worden waren, und sie schonten sich selbst genauso wenig wie ihre Männer. Es gab keine Patrouillen in die Dörfer der Umgebung mehr, stattdessen beobachteten berittene Kundschafter die Landbevölkerung diskret aus der Ferne und konzentrierten ihre Bemühungen auf die Suche nach Hinweisen auf Bannus und seine Briganten. Es war typisch für die Region, dass sich eine große Streitmacht in den Höhlen der zahllosen Wadis, die die Landschaft durchzogen, verstecken konnte, nur mussten sich die Kämpfer in so einem Fall mit Wasser und Nahrungsmitteln aus den Siedlungen versorgen. Wenn die Kundschafter also beobachteten, wie eine verdächtige Gruppe von Männern in ein Dorf kam, versuchten sie, ihnen zu folgen; doch ihre Beute schaffte es immer wieder, ihnen in den Schluchten der Berge, die sich am Ostufer des Toten Meeres erhoben, zu entwischen.
Präfekt Macro bemühte sich vor allem darum, eine ausgewählte Truppe für eine besondere Aufgabe zusammenzustellen. Er musste einige Berittene der Kohorte finden, die genauso geschickt mit ihren Pferden umgehen konnten wie mit dem Bogen. Wie bei vielen Kohorten in der Region gab es bereits eine kleine Anzahl von Soldaten, die mit dem mächtigen Kompositbogen umgehen konnte, der von den Kriegern im Osten bevorzugt wurde. Diese ließ Macro auf einem eilends errichteten Schießstand außerhalb der Festung trainieren, bis sie ihre Waffe auf verschiedene Distanzen sehr gut beherrschten.
Gleichzeitig war der Zimmermann der Kohorte angewiesen worden, einen Sattelrahmen zu entwerfen, an dem man leichte Lasten befestigen, aber auch blitzschnell abwerfen konnte. Andere Männer arbeiteten eifrig daran, scheinbar schwere Transportbehälter zu bauen, die an die Sättel gehängt werden sollten. Noch am gleichen Abend traf eine Botschaft aus Petra ein. Symeon hatte getan, was ihm aufgetragen worden war, und zu den Kaufleuten Kontakt aufgenommen, deren Karawane Macro gerettet hatte. Sie waren einverstanden, Macro und seine Männer drei Tage später in der Abenddämmerung am selben Ort zu treffen wie zuvor – an der Signalstation der Nabatäer.
In der Nacht, bevor Macro und seine kleine Truppe die Festung Bushir verlassen wollten, genehmigte er sich zusammen mit Cato eine letzte Mahlzeit im Speisesaal des ehemaligen Präfekten. Scrofa hatte den Raum großzügig ausschmücken lassen – zweifellos mit dem Geld, das er von den Karawanen-Kartellen erpresst hatte. Die Wände zeigten Jagdszenen in einer derart üppigen grünen Landschaft, die das genaue Gegenteil zu dem Ödland darstellte, in dem die Festung lag, dass sich die beiden Männer nach den angenehmeren, milderen Zonen Italiens oder sogar Britanniens sehnten.
»Sag über Scrofa, was du willst«, bemerkte Macro, während er auf einem Stück geröstetem Ziegenfleisch kaute, »aber er wusste wenigstens, wie
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