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Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night

Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night

Titel: Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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gab den Blick auf ungebräunte Haut frei. Jody errötete, als ihr einfiel, dass er keine Unterwäsche trug.
    Sein linkes Knie war immer noch von einer Mullbinde bedeckt, und er trug nach wie vor die weißen Socken und ihre Keds. Die nagelneuen Schnürsenkel waren inzwischen genauso verdreckt wie die Schuhe selbst.
    »Wie siehst du denn aus?«, fragte Jody.
    »Daran hättest du denken sollen, bevor du mich umarmt hast.«
    Sie sah an sich herab. Ihr vorher blütenweißes Nachthemd war jetzt mit Dreckspuren überzogen. »Egal«, sagte sie. »Was soll ich nur mit dir machen? Dad kann jeden Moment zurückkommen. Ich weiß nicht, wo …«
    »Er ist in Zimmer 238.«
    Das war Sharons Zimmer. »Seit wann?«

    »Seit ein paar Minuten. Mann, du hast wirklich einen gesunden Schlaf.«
    »Er ist in Sharons Zimmer gegangen?«
    Andy zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, wer Sharon ist, aber es war jedenfalls eine ziemlich große Frau, ziemlich kurvig. Mit ordentlich Vorbau, verstehst du?«
    »Lass das.«
    »Ihre Haare sind sogar noch kürzer als deine. Wie bei einem Mann. Aber trotzdem – was für ein Gerät!«
    »Das war Sharon, zweifellos. Sie ist auch Polizistin und begleitet uns. Sie ist wirklich nett. Und mein Vater ist tatsächlich in ihr Zimmer gegangen?«
    »Wenn ich’s dir doch sage.«
    »Und sie hat ihn reingelassen?«
    »Klar.«
    »Hat sie ihn erwartet?«
    »Woher soll ich denn das wissen?«
    »Was hat sie angehabt?«
    »Einen Morgenmantel oder so. Irgendetwas Blaues, Glänzendes. Ziemlich kurz, wenn du mich fragst.«
    »Oh Gott.«
    Andy verzog einen Mundwinkel. »Ist das gut oder schlecht?«
    »Gut«, sagte sie. »Toll. Glaube ich.«
    »Glaubst du, dass er sie bumst?«
    »Andy!« Sie boxte ihn hart gegen die Schulter, und er lachte.
    »Wahrscheinlich bumst er sie jetzt gerade.«
    Jody versuchte vergeblich, ernst zu bleiben. »Du hast echt eine schmutzige Fantasie. Hör auf mit dem Blödsinn, sonst werfe ich dich raus, kapiert? Ich habe ganz vergessen, was für eine Nervensäge du sein kannst.«

    »Hast du mich vermisst?«
    »Wir dachten schon, sie hätten dich entführt. Oder umgebracht. Wie konntest du nur einfach so abhauen?«
    »Ich hasse diesen Kerl. Hast du was zu trinken?«
    »Nur Wasser.«
    »Prima.« Als er an ihr vorbeiging, bemerkte sie, dass er nicht mehr so stark humpelte. Sein Knie schien sich langsam zu erholen.
    Jody folgte ihm ins Badezimmer, wo er das Licht einschaltete. Sie betrachtete ihn im Spiegel. Er war dreckig und wirkte furchtbar klein und verletzlich. Wie ein Straßenkind aus einem Charles-Dickens-Roman. Jody dagegen war viel erwachsener und … Verdammt, sie hatte ja gleich gewusst, dass ihr das Nachthemd viel zu klein war. Als sie sich vorhin die Zähne geputzt hatte, war ihr das nicht aufgefallen, weil sie ihren Morgenmantel darüber getragen hatte. Doch jetzt sah sie, dass es so kurz war, dass man sogar den Verband sehen konnte, den Sharon über die Schusswunde geklebt hatte. Außerdem war das Nachthemd so eng, dass sich jede Rundung ihres Körpers darunter abzeichnete. Sogar ihre Brustwarzen waren deutlich als dunkle Kreise zu sehen.
    Na toll, dachte sie. Andy kann sich nicht beklagen.
    Sie errötete bis in die Haarspitzen.
    Während sich Andy über das Waschbecken beugte, lief sie zu ihrem Morgenmantel, den sie über die Reisetasche geworfen hatte. Schnell warf sie ihn über und knotete den Gürtel zusammen.
    »Wird dir nicht warm in dem Ding?«, fragte Andy.
    »Wird schon gehen, danke der Nachfrage.« Sie schlüpfte in ihre Mokassins.

    Besser, sie erzählte ihm nichts von dem Heckenschützen, der die beiden Leute umgebracht hatte (und das Baby, ein Baby, das noch nicht einmal das Licht der Welt erblickt hatte). Den Streifschuss durfte sie schon gleich gar nicht erwähnen. Andy würde sicher die Wunde sehen wollen.
    Sie konnte es ihm ja später erzählen. Wenn sie ordentlich angezogen war.
    Er trank direkt aus dem Wasserhahn, dann trocknete er sich den Mund an einem Handtuch ab. »Hast du was zu essen?«
    Jody schüttelte den Kopf. »So hungrig kannst du doch gar nicht sein. Ich hab auch nicht viel mehr gegessen als du.«
    »Man braucht viel Energie, wenn man auf der Flucht ist.«
    »Mann, Andy. Die Cops sind auf der Suche nach dir.«
    »Wem sagst du das.«
    »Du hast wohl völlig den Verstand verloren.« Sie setzte sich auf das Bett ihres Vaters. »Einfach vor deinem Onkel wegzulaufen.«
    Er grinste. »Das war leicht.«
    »Mann.«
    Er ließ sich neben ihr auf das Bett fallen.

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