Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night
Tom behauptet, aber ich kann es immer noch nicht glauben. Jody soll es getan haben. Das wiederum kann ich mir ziemlich gut vorstellen. Mich hat sie ja nur leicht mit dem Baseballschläger getätschelt, und seitdem habe ich eine Riesenbeule und Kopfschmerzen. Wenn sie wirklich mit voller Kraft zugeschlagen hat, wundert es mich nicht, dass sie Hering umgebracht hat.
Egal. Wo war ich? Ach ja. Als wir nach Hause kamen und Ranch und Hering von unseren Erlebnissen erzählten, flippten sie aus. Sie taten so, als hätten wir sie absichtlich um den ganzen Spaß gebracht. Sie fluchten und behaupteten, das wäre unfair gewesen.
»Macht mal halblang«, sagte Tom schließlich. »Wenn ihr wollt, können wir sofort losziehen und jemanden um die Ecke bringen. Wir alle gemeinsam.«
Wir feierten gerade eine Party in Toms Haus, saßen in seinem Zimmer, tranken Bier und aßen Knabberzeug.
Als Tom vorschlug, noch jemanden zu töten, war ich so aufgeregt, dass ich kaum noch Luft bekam. Der kleine Hering fuhr sich über den Mund. »Oh Mann, oh Mann, oh Mann«, flüsterte Private vor sich hin, und Clement nickte und grinste wie ein Idiot.
Wir alle waren Feuer und Flamme für diese Idee.
»Ihr seid doch alle krank«, sagte Tom.
»Und stolz darauf«, sagte Private.
»Haben sie schon den Schwur geleistet?«, fragte Hering.
Erst wusste ich nicht, wovon er überhaupt redete. Tom dagegen hatte sich bereits vorbereitet. Wir nahmen uns an den Händen und schworen den Eid, genau wie damals, als wir Hester begraben hatten. Nur, dass wir jetzt zu sechst waren.
Dann gingen wir in die Garage.
Toms Garage liegt seitlich hinter dem Haus. Sie ist riesig, hat sechs Tore und Platz für genauso viele Autos. Damals konnte man noch durch die Fenster sehen. Wir haben sie erst später schwarz angemalt.
Leider gab es dort keine Klimaanlage, und es war sehr heiß und stickig. Bis auf den Mercedes waren keine Autos, dafür jede Menge Gartengeräte und solche Sachen darin. Trotzdem war die Garage praktisch leer. Ich fühlte mich wie in einem Flugzeughangar.
Tom wollte, dass wir uns auszogen. Ist euch auch schon aufgefallen, dass wir uns ständig ausziehen? Wisst ihr, so ein Massaker ist eine ziemlich blutige Angelegenheit, und man will sich ja nicht die Klamotten versauen.
Tom verteilte schwarze Overalls, Socken und Turnschuhe. Alles passte wie angegossen. Irgendwie hatte er unsere Kleidergrößen herausgefunden, ohne uns danach
zu fragen. Als ich ihn fragte, wie er das angestellt hatte, lächelte er nur.
Die Overalls waren echt schick. Wir sahen aus wie ein Trupp Fallschirmspringer oder so. Leider war es in den Dingern verdammt heiß, besonders in der Garage.
Nachdem wir uns angezogen hatten, führte uns Tom in eine Ecke, in der Werkzeug herumlag. »Sucht euch was aus, Jungs«, sagte er. Wir bewaffneten uns mit den schrecklichsten Mordgeräten: Hämmer, Schraubenzieher, Zangen, Heckenscheren, einer Sichel, einer Kettensäge und einer Axt. Außerdem nahmen wir noch Schaufeln und eine Spitzhacke mit, falls wir wieder mal eine Leiche zu beseitigen hatten.
Wir luden alles in den Kofferraum des Mercedes, dann stiegen wir ein. Es war ziemlich eng. Tom öffnete das Garagentor mit der Fernbedienung, dann ging’s los.
Sechs Jäger, die die Nacht nach Beute durchstreiften.
Ich nahm an, dass Tom so lange herumfahren wollte, bis wir ein geeignetes Opfer entdeckt hatten. Am besten wäre natürlich eine einsame Frau in einem abgeschiedenen Haus gewesen. Aber Tom hatte ganz andere Pläne.
Er fuhr uns zu einem Haus gleich in der Gegend.
Es war Denise Dennisons Haus.
Als Hering spitzkriegte, wo wir waren, holte er tief Luft. »Du machst Witze«, flüsterte er.
»Du bist doch scharf auf sie, oder nicht?«
»Klar. Sicher. Aber … wollten wir nicht jemanden umbringen? «
»So lautet der Plan.«
»Denise?«
Ranch lachte. »Näher wirst du ihr nie kommen.«
»Und wir werden ihr sehr nahe kommen«, sagte Tom.
Das war gewaltig untertrieben.
Wir brauchten etwa eine Viertelstunde, um ins Haus zu gelangen, weil wir uns bemühten, keinen Lärm zu machen. Da wir keine Taschenlampen dabeihatten, schalteten wir einfach überall das Licht ein.
Ihre Eltern stellten kein Problem dar. Wir töteten sie, noch bevor sie aus dem Bett springen konnten. Schnell und ohne Mätzchen. Das machen wir jetzt natürlich anders – inzwischen versuchen wir, es so lange wie möglich hinauszuzögern, um auch wirklich jedes Quäntchen Schock und Schmerz, das unsere Opfer empfinden,
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