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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Murray
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vorgehalten
hatte, bis persönliche Interessen dazwischen kamen.
Fräulein Rosa Macnalty hatte nämlich die Entdeckung
machen müssen, daß ihr Joseph, mit dem sie seit sechs
Monaten ernstlich verlobt war, entgegen ihren Wünschen und
seinen Gelöbnissen mit der Expedition aufgebrochen war, um in
Klondyke zu überwintern! Diese Entdeckung hatte sie gemacht,
als sie auf dem Weg zum Polizeiamt war, und es ist vielleicht kaum
verwunderlich und beinah verzeihlich, daß sie ihren Auftrag
darüber vergaß und, als er ihr wieder in den Sinn
kam, die Ausführung auf gelegenere Zeit verschob.
    Marie war nach ihrer zweiten Ohnmacht in tiefen, traumlosen
Schlaf versunken, wie ihn nur große Erschöpfung mit
sich bringt, und als sie die Augen wieder aufschlug, war es heller Tag.
Ihre Glieder waren zwar steif vor Kälte, aber doch
fühlte sie sich sehr gekräftigt und hatte einen
gesunden Hunger wie noch nie im Leben. Gern wäre sie, um ihn
zu stillen, in die Wirtschaft hinuntergegangen, aber sie hatte ja keine
Stiefel! Eine Klingel war natürlich nicht im Zimmer
– ihr Vorhandensein wäre eigentlich verwunderlicher
gewesen als ihr Fehlen, denn sie hätte gar nicht in den Stil
des Hauses gepaßt. Zu rufen wagte sie nicht, und so blieb sie
in den Bettteppich gewickelt sitzen und lauschte gespannt auf etwaiges
Geräusch im Hause. Bis vor wenigen Stunden war es lebhaft
genug hergegangen, aber davon hatte sie nichts gemerkt, jetzt kam ihr
die Stille seltsam, ja unheimlich vor. Endlich trieb sie der Hunger und
ein Gefühl der Angst und Verlassenheit doch aus ihrem
Stübchen und sie stieg lautlos auf Strümpfen die
Treppe hinunter. Diese führte geraden Weges zur Schankstube,
in der das Unterste zu oberst gekehrt war – die Tische
naß von Bier und Schnaps, die Luft erstickend von kaltem
Tabaksrauch und Alkoholdunst. Die Thür nach der
Straße war verschlossen und die andre hinter dem schmierigen
Schanktisch und der kleinen Kasse ebenfalls. Marie starrte durch die
unsauberen Fenster auf die vom Regen aufgeweichte Straße
hinaus – keine Menschenseele weit und breit. Sehr entmutigt
kletterte sie wieder in ihr Kämmerchen hinauf, wickelte sich
abermals den Bettteppich um den Leib und wartete fröstelnd auf
irgend ein Zeichen erwachender Thätigkeit im Hause, bis
endlich ein Schritt hörbar wurde und sie, zaghaft durch den
Thürspalt spähend, ihre Gegnerin und
Verbündete von gestern abend erkannte. Sie war sehr
notdürftig bekleidet, das blonde Haar hing ihr in wirren
Strähnen um den Kopf und sie trug eine buckelige Blechkanne in
der Hand. Marie wartete auf ihre Rückkehr, weil es schon zu
spät war, sie anzurufen, hörte dann unten eine
Thüre kreischen, mit Herdringen klappern und Wasser
einfüllen, und trat der Zurückkehrenden entgegen. Das
Mädchen erschrak bei ihrem Anblick, als ob sie kein gutes
Gewissen hätte.
    »Sie haben meinen Brief doch besorgt?« war
auch richtig Maries erste Frage.
    »I was werd' ich denn nicht?« gab
Fräulein Rosa leise zurück. »Nur Antwort
hab' ich noch keine, weil gerade niemand auf dem Amt war. Sobald ich
angezogen bin, geh' ich hin.«
    »Ich bin furchtbar hungrig,« sagte Marie.
»Kann ich etwas zu essen kriegen?«
    »In fünf Minuten bin ich fertig,«
erklärte das Mädchen etwas höflicher und
gefügiger durch ihr Schuldbewußtsein. »Ein
Butterbrot, ein Ei und Thee kann ich Ihnen geben – das sollen
Sie haben, sobald ich meine Kleider am Leibe habe, und dann hole ich
die Antwort.«
    Sie eilte in ihre Kammer und zog sich wirklich sehr rasch an.
    »Könnte ich nicht meine Stiefel
haben?« fragte Marie, als sie wieder sichtbar wurde.
»Es friert mich sehr in den Strümpfen.«
    »Kommen Sie nur mit,« befahl Rosa, eilig die
Treppe hinunterklappernd.
    Marie folgte ihr gehorsam zur Küche, wo Rosa nach
einer Ecke deutete, in der die Stiefel standen, und dann mit
großem Kraftaufwand das Herdfeuer anzündete. Als die
Flamme hell aufflackerte, deckte sie geräuschvoll ein nichts
weniger als reines Tuch über den Küchentisch, indes
Marie ihre steifen Hände ans Feuer hielt. Rosas
lärmende Geschäftigkeit sollte offenbar jedes
Gespräch und damit auch alle unbequemen Fragen abschneiden.
Nachdem sie Butterbrote geschmiert, Theewasser zugesetzt und ein Ei
aufs Feuer gestellt hatte, stürmte sie wieder in ihre Kammer
hinauf. Nach einer Weile streckte sie den Kopf zur
Küchenthüre herein.
    »Sie können sich Ihren Thee selbst

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