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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Murray
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aufgießen,« ordnete sie an, »und hier
frühstücken. Vor einer Stunde rührt sich
noch kein Mensch – ich lauf' jetzt auf die Polizei.«
    Damit war sie wie ein Wirbelwind davon, und Marie machte sich
an die Mahlzeit, die gerade nicht einladend, aber ihr so unentbehrlich
war, daß der Hunger alle Vorurteile überwand. Das
Feuer verbreitete allmählich eine wohlige Wärme, und,
was für Marie ebenso nötig war, die
sprühenden Funken und züngelnden Flammen leisteten
ihr freundliche Gesellschaft und fachten mit der Lebenswärme
auch den Lebensmut an. Ihre Gedanken wurden zuversichtlich und
selbstbewußt; sie war auf eine wilde, gefahrvolle Jagd
ausgezogen und der Erfolg war über alle Erwartung
günstig. Höchstens noch ein paar Minuten, dann stand
sie unterm Schutz der Behörde, und die Missethäter,
die ihren armen Vater berauben wollten, würden mindestens
bewacht werden bis zu Pricketts Ankunft. War Prickett einmal da, so war
ja alles gut.
    Wohl kam ihr der Gedanke, der polizeiliche Schutz
könnte anfangs die Form polizeilicher Aufsicht annehmen und am
Ende möchte sie gar verhaftet werden, aber diese Vorstellung
flößte ihr kein sonderliches Unbehagen ein. Sie hatte
jetzt schon so viel über sich ergehen lassen, daß es
auf eine Unannehmlichkeit mehr nicht ankam. Ihre Verkleidung
mußte ja der Polizei verdächtig erscheinen, aber
Prickett war jetzt wohl schon unterwegs und sie konnte ihn mit Ruhe
abwarten.
    So verstrichen statt der paar Minuten etliche Viertelstunden,
und dann sollte sie aufs neue aus allen Himmeln gestürzt
werden! Fräulein Rosa Macnalty kam nicht allein
zurück, sondern in persönlicher Begleitung der hohen
Obrigkeit in Gestalt eines jungen Polizeikommissärs. Sie sah
sehr niedergeschlagen und gedrückt aus, denn was ihre lange
Abwesenheit veranlaßt hatte, war der vergebliche Versuch
gewesen, den Gewalthaber zu einer Bestätigung ihrer
Lüge zu bewegen.
    »Eine wunderliche Geschichte,« begann der
Mann, als Rosa ihm ihre Auftraggeberin gezeigt hatte. »Wer
sind Sie, wenn ich bitten darf?«
    Sie sah, daß er ihren Brief und die Banknote in der
Hand hielt, und begriff sofort, wie die Sache stand.
    »Sie haben meine Depesche nicht besorgt?«
rief sie in verzweifeltem Ton.
    »Weil ich sie in diesem Augenblick erst
erhielt!« versetzte der Diener des Gesetzes. »Ich
sehe durchaus nicht klar in der Sache und muß bitten,
daß Sie mir wahrheitsgemäße Auskunft
geben!«
    »Ich kam hierher in Verfolgung von drei
Männern, die meinen Vater bestohlen haben, Inspektor Prickett
von der englischen Polizei fahndet auf sie und hat die Haftbefehle, ist
aber in Vancouver, weil er sie dort zu treffen hoffte.«
    »Und bitte, wer wären diese drei
Männer?«
    Marie nannte die Namen und er nickte.
    »Das würde ja stimmen,« sagte er
vor sich hin. »Von denen habe ich in Calgary gehört
– aber wie kommen Sie auf die Vermutung, daß sie
hier seien?«
    »Weil ich sie mit eigenen Augen gesehen
habe!« rief Marie, lebhaft. »Sie standen gestern alle
drei hier auf dem Bahnhof, freilich unter falschem Namen. Engel nannte
sich Baron Goldstein.«
    »Ach so, die saubere Gesellschaft ist's?«
    »Wenn Sie an meinen Angaben zweifeln, so nehmen Sie
mich in Gewahrsam,« sagte Marie. »Ich lehne mich gar
nicht dagegen auf, Inspektor Prickett wird alles aufklären,
sobald er kommt. Ich verlange nicht, daß Sie auf mein
einfaches Wort hin irgend etwas thun sollen, als diese Männer
bis zu Pricketts Ankunft beobachten.«
    »Kann nicht geschehen,« versetzte der
Polizist.
    »Aber warum denn nicht?« rief Marie
entrüstet, »Ich kann ja die Persönlichkeiten
feststellen – nehmen Sie mich doch in Haft und bestrafen Sie
mich, falls ich falsch ausgesagt habe!«
    »O, was das betrifft, so würden wir diese
Herren recht gern beobachten und ihnen noch lieber Handschellen
anlegen, nur sind Sie leider um etliche Stunden zu spät
daran.«
    »Zu spät –.«
Jähes Entsetzen, tiefe Bitternis versetzten ihr den Atem.
    »Ich bin zufällig allein auf der Station und
habe nur sehr beschränkte Vollmacht,« sagte der Mann,
»Wenn Sie sich irren oder getäuscht worden sind, kann
ich in große Widerwärtigkeiten geraten. ...«
    Marie war auf ihren Stuhl zurückgesunken, barg ihr
Gesicht in den Händen und weinte bitterlich – alle
Gefahren, alle Entbehrungen, alle Schmach und Schande umsonst
– umsonst! Siegesgewiß hatte sie schon alles
Peinliche hinter sich geworfen,

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