Die Jahre mit Laura Diaz
entgegengetreten war und sie zum Teufel gejagt hatte, um den Reichtum des Landes zurückzugewinnen, die Bodenschätze, die Quellen des Teufels, der den englischen Unternehmen entgegengetreten war, die das Gemeindeland in Tamaulipas geraubt hatten, den holländischen Unternehmen, die gedungene Mörder als Weißgardisten gegen die Gewerkschaften einsetzten, den Managern der Gringos, die sitzen blieben, wenn sie die mexikanischen Arbeiter empfingen, und ihnen den Rücken zukehrten,
Gringos, Holländer und Engländer verschwanden mit ihren weißen Ingenieuren und ihren blauen Plänen und überfluteten die Bohrlöcher mit Salzwasser, und der erste mexikanische Ingenieur, der nach Poza Rica kam, wußte nicht, was er dem Arbeiter sagen sollte, der auf ihn zutrat und ihn fragte: »Chef, soll ich schon den Eimer Wasser ins Rohr schütten?«
Und deshalb standen die vier, Juan Francisco und Laura, Danton und Santiago, an diesem Nachmittag dichtgedrängt in der Menge am Zocalo, zwischen der Kathedrale und dem Rathaus, die Augen fest auf den großen Balkon des Palastes und den revolutionären Präsidenten Lazaro Cardenas gerichtet, der die ausländischen Ausbeuter, die ewigen Blutsauger, die sich Mexikos Arbeit und Reichtum angeeignet hatten, in die Schranken gewiesen hatte. »Das Öl gehört uns!« Das Menschenmeer auf dem Platz ließ Cardenas und Mexiko hochleben, die reichen Damen spendeten ihren Schmuck und die armen Frauen ihre Hühner, um die Schulden der Enteignung zu bezahlen, London und Den Haag brachen die Beziehungen zu Mexiko ab, das Erdöl gehört den Mexikanern? – na, dann sollen sie es ruhig trinken, mal sehen, wer es ihnen abkauft. Der boykottierte Cardenas mußte das Öl an Hitler und Mussolini verkaufen, er, der gleichzeitig die spanische Republik mit Waffen versorgte, und Jorge Maura beobachtete Laura Dïaz mit ihrer Familie in der Menge, Laura erkannte ihn, Jorge zog den Hut und begrüßte sie alle, Juan Francisco starrte den Spanier neugierig an, und Laura teilte ihm wortlos mit, ich konnte nicht, mein Liebster, ich konnte nicht, verzeih mir, triff mich wieder, ich rufe dich an, du hast einen Mexicana-Anschluß und ich Ericsson.
XIII. Café de Paris: 1939
»Ich muß dir von Raquel Alemân erzählen.«
Er erzählte ihr auch von seinen republikanischen Kampfgefährten, die in Mexiko andere Aufträge hatten als er. Gewöhnlich kamen sie an einem sehr zentralen Ort zusammen, im Café de Paris an der Avenida Cinco de Mayo, wo sich die mexikanischen Intellektuellen der damaligen Zeit trafen. Ihr führender Kopf war ein höchst geistreicher und maßlos sarkastischer Mann, der Lyriker Octavio Barreda, der mit einer Schwester Lupe Marins verheiratet war, Diego Riveras früherer Ehefrau, bevor er Frida geheiratet hatte. Carmen Barreda setzte sich ins Café de Paris und hörte den ironischen und spöttischen Bemerkungen ihres Mannes zu, ohne eine Miene zu verziehen. Nie lobte sie ihn, und er schien ihr dafür dankbar zu sein; das war der beste Kommentar für den trockenen Humor, den deadpan humour ihres Mannes, der am Ende Eliots »Das wüste Land« ins Spanische übersetzt hatte.
Alle erwarteten von ihm ein bedeutendes Werk, das nie kam. Er war ein ätzender Kritiker, ein Förderer literarischer Zeitschriften und ein sehr vornehm aussehender Mann, großgewachsen, schlank, mit den Gesichtszügen eines Helden des Unabhängigkeitskampfes, hellbraunem Teint und tiefgrünen, funkelnden Augen. Er saß an einem Tisch mit Xavier Villaurrutia und José Gorostiza, zwei hervorragenden Lyrikern. Der gerade dank seiner Disziplin so produktive Villaurrutia erweckte den Eindruck, sein lyrisches Werk sei wenig umfangreich, weil es so schmucklos war. Tatsächlich hatte er einen dicken Band zusammengestellt, in dem er Mexico-Stadt mit einer nächtlichen, liebevollen Sensibilität beseelte, zu der keiner vor ihm gelangt war: »Träumen, die Nacht träumen, die Straße, die Treppe und den Ruf der Statue, der die Ecke verdoppelt. Zur Statue laufen und nur den Ruf entdecken, den Ruf berühren wollen und nur das Echo finden, das Echo fassen wollen und nur die Mauer entdecken, zur Mauer laufen und einen Spiegel berühren.«
Villaurrutia war klein, zart und von mysteriösen, unnennbaren Mächten bedroht. Sein Leben verströmte in der Dichtung. Der robuste, verschmitzte und schweigsame Gorostiza hingegen war der Autor eines einzigen großen und langen Gedichtes, »Endloser Tod«, das viele für das beste mexikanische Gedicht
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