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Die Jahre mit Laura Diaz

Die Jahre mit Laura Diaz

Titel: Die Jahre mit Laura Diaz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Fuentes
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wie Laura und Jorge  oder wie Basilio Baltazar und Pilar Méndez. Lourdes und Santiago waren so vereint, wie Jorge  und Laura es sich niemals erträumen konnten, denn das Schicksal kann nicht zweimal eine Tragödie zu einem glücklichen Ausgang führen.
    Der dritte Santiago und seine Freundin Lourdes hatten aus all diesen Gründen nach Lauras Ansicht alles Recht der Welt auf ihrer Seite. Der Junge, den sie wegen der ablehnenden Haltung Dantöns und seiner hochnäsigen Frau zuvor nie kennengelernt hatte, kannte dagegen sie, die Großmutter, er kannte und bewunderte sie, weil er, wie er sagte, gerade mit dem ersten Jahr seines Jurastudiums beginne und nicht das künstlerische Talent seiner Großmutter oder seines Onkels Santiago habe, der so jung gestorben sei…
    »Dieses Paar, das sich ansieht, ist das Bild von ihm?«
    »Ja.«
    »Was für ein großes Talent, Großmutter.«
    »Ja.«
    Er rühmte nicht seine eigenen Vorzüge, er war kaum zwanzig, aber an einem Abend sagte Lourdes zu Laura, während sie das Abendessen zubereiteten, 'Reis mit Safran und Hühnerbeinen: »Santiago ist ein ganzer Kerl, ein richtiger Mann für sein Alter, Dona Laura, er läßt sich durch nichts einschüchtern. Ich habe früher einmal gedacht, ich könnte für ihn so etwas wie eine Last sein, für seine Karriere und vor allem für seine Beziehung zu seinen Eltern, aber wenn Sie gesehen hätten, wie entschieden er seinen Eltern entgegengetreten ist und mir das Gefühl gegeben hat, daß er mich braucht, daß ich keine Bürde, sondern eine Hilfe bin, daß er mich achtet.«
    Sie hatten sich auf den Schulbällen kennengelernt. Santiago besuchte sie lieber als die Feste, die von seinen Eltern und den Freunden seiner Eltern veranstaltet wurden und die so exklusiv waren, daß nur Kinder »bekannter Familien« eingeladen wurden. Auf den Schulbällen dagegen fielen die gesellschaftlichen Schranken, dort verabredeten sich Freunde, die denselben Bildungsweg verfolgten, unabhängig von ihrem Geld oder ihren Familien, mit ihren Freundinnen, Schwestern und der einen oder anderen unverheirateten Tante, denn die Tradition der »Anstandsdame« hielt sich hartnäckig am Leben.
    Danton war mit diesen Treffen einverstanden. Dauerhafte Freundschaften schloß man in der Schule, »und obwohl es deiner Mutter lieber wäre, wenn du dich nur mit Leuten unseres Standes träfest, wirst du feststellen, daß die, die uns regieren, nie aus den höheren Klassen kommen, die entwickeln sich von unten oder aus der Mittelklasse heraus, und es ist gut, sie kennenzulernen, wenn man ihnen noch etwas geben kann, denn eines Tages, das garantiere ich dir, haben sie dir mehr zu geben.« Ärmere Freunde konnten nach Dantöns Ansicht eine gute Investition sein.
    »Mexiko ist ein Land, das dem Talent offensteht, Santiago. Vergiß das nicht.«
    Santiago lernte Lourdes im ersten Jahr seines Jurastudiums kennen. Sie hatte eine Krankenschwesternausbildung begonnen und kam aus Puerto Escondido, einem Badeort an der Küste von Oaxaca, in dem ihre Eltern ein Hotel besaßen, das bescheiden sei, aber das beste Temazcal der ganzen Gegend habe, wie sie ihm erklärte.
    »Was ist denn das?«
    »Ein Dampfbad mit aromatischen Krautern, das dich von allen Giftstoffen reinigt.«
    »Ich glaube, so etwas brauche ich. Lädst du mich einmal ein?«
    »Wann du willst.«
    »Eine tolle Idee.«
    Gemeinsam fuhren sie nach Puerto Escondido und verliebten sich am Pazifik, der dort an eine steil abfallende Küste brandet; diese täuscht mit ihrem sanften Sandstrand, in Wirklichkeit ist sie ein schroffer Abgrund, wo man gleich den Boden unter seinen Füßen verliert und keinen Halt mehr findet, um sich gegen die plötzlichen Strömungen zu wehren, die Santiago packten und fortrissen, was mehr Angst als wirkliche Gefahr bedeutete. Schließlich sprang Lourdes ins Wasser, umschlang den Hals des Jungen mit einem Arm und half ihm mit dem freien Arm, zum Ufer zu schwimmen – und dort, erschöpft, aber erregt, gaben sich die beiden jungen Leute den ersten Kuß.
    »Dir zittert ja die Stimme, während du mir das erzählst«, sagte Laura zu Lourdes.
    »Weil ich Angst habe, Dona Laura.«
    »Sag nicht immer Dona zu mir, das macht mich alt.«
    »Okay, Laura.«
    »Angst wovor?«
    »Santiagos Vater ist ein sehr harter Mann, Laura, er akzeptiert nichts, was er nicht selber befohlen hat, er wird wild wie ein Tiger und ist grauenhaft.«
    »Dieser kleine Löwe ist nicht so wild, wie man ihn sich vorstellt. Er brüllt und schüchtert

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