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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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machen wollte.
    »Nun, so überlass’ ich’s dem Zufall und der Himmel mag helfen, da mich die Logik im Stiche läßt!«
    Schnell riß er an einer Klingelschnur, die über dem Schreibtisch hing. Die Klingel ertönte laut; der Beamte ging zur Thür und öffnete diese.
    »Bobo!« rief er hinaus.
    Einige Augenblicke vergingen
    Bobo, ein freigelassener Schwarzer und Leibdiener des Richters, erschien aber nicht. Offenbar wagte Bobo jetzt nicht, das Zimmer seines Herrn zu betreten.
    Ein neuer Zug mit der Klingel. Wieder tönte Bobo’s Name durch das Haus, aber der Diener glaubte in seinem Interesse zu handeln, wenn er jetzt den Tauben spielte.
    Jetzt riß der Beamte noch ein drittes Mal an der Schnur, aber so heftig, daß dieselbe in Stücke ging. Nun erschien Bobo.
    »Was wünscht mein Herr? fragte er, vorsichtig auf der Thürschwelle stehen bleibend.
    – Vorwärts, hereintreten, nicht gemuckst!« antwortete der Beamte, dessen Flammenblicke den armen Kerl erzittern machten.
    Bobo schritt in’s Zimmer.
    »Bobo, begann der Richter, pass’ wohl auf, was ich Dir sage, und antworte augenblicklich, ohne einen Augenblick zu überlegen, oder ich…«
    Bobo riß die Augen und sperrte den Mund auf, stand aber stramm da, wie ein Soldat ohne Waffen, und wartete der Dinge, die da kommen sollten.
    »Bist Du bei der Sache? fragte sein Herr.
    – Vollkommen!
    – Nun pass’ auf! Sage mir, ohne zu wählen, – verstehst Du mich? – die erste beste Zahl, die Dir der Zufall eingiebt.
    – Sechsundsiebenzigtausendzweihundertdreiundzwanzig!« antwortete Bobo in einem Athemzuge.
    Bobo mochte glauben, seinem Herrn einen Gefallen zu erweisen, wenn er eine recht hohe Zahl nannte.
    Der Richter Jarriquez war inzwischen zum Schreibtisch gelaufen, hatte den Bleistift ergriffen und versuchte es nun mit der Zahl, welche Bobo auf gut Glück ausgesprochen hatte.
    Der Leser sagt sich gewiß selbst, wie wenig Wahrscheinlichkeit dafür vorlag, daß gerade diese Zahl 76223 den richtigen Schlüssel des Documentes ergeben werde.
    Es kam auch kein anderes Resultat heraus, als daß Jarriquez’ Lippen einen furchtbaren Fluch herausstießen, der Bobo veranlaßte, über Hals und Kopf Fersengeld zu zahlen.
Fußnoten
    1 1,250.000 Mark.
Fünfzehntes Capitel.
Letzte Bemühungen.
    Der Beamte war übrigens nicht der Einzige, der sich mit fruchtlosen Versuchen quälte. Benito, Manoel und Minha bemühten sich nicht minder mit der Lösung des Räthsels dieses Documents, von dem das Leben und die Ehre ihres Vaters abhing. Auch Fragoso, dem Lina getreulich zur Seite stand, wollte bei dem edlen Wettstreite nicht zurückbleiben – doch Alles, Alles erwies sich vergeblich, Keinem gelang es, die richtige Zahl zu finden.
    »Du mußt dahinter kommen, Fragoso, wiederholte die junge Mulattin, Du mußt!
    – Ich werde es auch!« versicherte Fragoso.
    Leider sollte diese Hoffnung nicht in Erfüllung gehen.
    Fragoso beschäftigte sich freilich schon mit dem Gedanken an ein anderes Vorhaben, von dem er gegen Niemand, nicht einmal gegen Lina, etwas erwähnte, und das ihm gar nicht mehr aus dem Sinn kommen wollte. Er beabsichtigte nämlich, sich auf den Weg zu machen, um womöglich noch vorhandene Mitglieder jener Miliz zu finden, welcher der ehemalige Waldkapitän angehörte, und vielleicht zu erfahren, wer der Verfasser des unverständlichen Documentes habe sein können, der sich als Urheber des Attentats von Tijuco bekannt hatte. Der betreffende Theil der Provinz Amazonas, in welcher jene Miliz operirte, der Ort, wo Fragoso eine Abtheilung derselben vor einigen Jahren getroffen hatte, und die Grenze, bis zu welcher hin sich deren Thätigkeit erstreckte, waren nicht sehr weit von Manao entfernt. Es bedurfte nur einer Fahrt von etwa fünfzig Meilen auf dem Strome bis zur Mündung des Madeira, eines rechtsseitigen Nebenflusses, und er mußte den Befehlshaber jener »Capitaës do mato« auffinden, unter dem auch Torres gedient hatte. Binnen zwei, höchstens drei Tagen konnte Fragoso sich mit den früheren Kameraden des Abenteurers in’s Einvernehmen gesetzt haben.
    »Ja, ja, sagte er für sich, das ließe sich wohl ausführen – aber was dann? Welches Resultat kann mein Ausflug, wenn ich überhaupt dessen nächstes Ziel erreiche, eigentlich haben? Sollte ich auch in Erfahrung bringen, daß einer von Torres’ Kameraden unlängst mit Tode abgegangen ist, liefert das den Beweis, daß er der Urheber des Verbrechens war? Läßt es wenigstens voraussetzen, daß er gerade Torres ein

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