Die Jerusalem-Krise
Knien.
Gemeinsam wirbelten sie zurück. Die Frau krallte sich an Suko regelrecht fest. Ein Sarg stoppte sie schließlich, und Suko merkte den Schmerz im Rücken.
Doreen ließ ihn los.
Sie federte vor ihm hoch. Mit beiden Handkanten schlug sie von zwei verschiedenen Seiten gegen Suko’s Hals. Eine Frau wie sie war voll ausgebildet. Dass sie die Kampftechniken beherrschte, stellte Suko in dem Augenblick fest, als ihn die Schläge erwischten.
Die kleine Welt vor seinen Augen geriet in einen wirbelnden Tanz hinein.
»Dich mache ich fertig!«, brüllte Doreen. Sie trat Suko die Beine weg. Der Inspektor wehrte sich nicht. So etwas hatte er noch nie erlebt. Sonst war er stets der Sieger, aber hier hatte jemand anderer die Kontrolle übernommen.
Er fiel schwer auf die Seite. Die Hand mit der Pistole begrub er unter sich. Nicht lange, denn Doreen schleuderte ihn auf den Rücken und kam so an die Waffe heran.
Für Suko sah es schlecht aus. Zwar hatte er die Arme angewinkelt und die Hände vor sein Gesicht gehalten, aber all das war zu schwerfällig abgelaufen. Hier hatte er nicht die Spur einer Chance.
Doreen trat ihm in die Seite. Suko konnte das Stöhnen nicht an sich halten. Er erwartete weitere Tritte. Zum Glück war die Wut der Frau verraucht.
Sie stellte sich anders hin und schaute ihn von der Seite her an. Ihr Gesicht zeigte den Ausdruck kalter Entschlossenheit. Längst hatte sie die Beretta wieder an sich genommen. Sie zielte damit auf Suko’s Kopf, der Finger lag am Abzug.
»Eine Kugel!«, zischte sie. »Eine Kugel ist das, was dich stoppt. Wir hätten dir einen zweiten Giftpfeil in den Schädel jagen sollen, dann hätten wir jetzt Ruhe.«
Verstecken wollte Suko sich nicht. Er hielt den Kopf so, dass er in die Höhe schauen konnte. Die Arme hatte er sinken lassen, und er kam sich in dieser verdammten Lage so gedemütigt vor. Er wusste auch, dass es ihm nicht möglich sein würde, das Blatt aus eigener Kraft zu wenden. Um am Leben zu bleiben, musste er sich auf die Gnade der Agenten verlassen.
»Bevor du stirbst, wirst du mir noch eine Frage beantworten, mein Freund. Wie hast du das geschafft?«
Suko wusste, was sie wollte. Er sah nicht ein, dass er ihr sofort antwortete.
»Was meinst du denn?«, fragte er und stöhnte dabei.
»Uns zu überwältigen!«
»Es kam so über mich!«
»Verarsch mich nicht!«, schrie sie ihn an. »Ich habe gehört, dass du etwas gerufen hast. Irgendein Scheißwort ist aus deinem Maul gedrungen.«
»Kann sein.«
»Was war es?«
»Ich war durcheinander. Ich war...«
Doreen’s Geduldsfaden riss. Sie drückte ab. Suko hörte noch den Knall, er rechnete mit dem Schlimmsten, aber das Geschoss traf seinen Kopf nicht, sondern schlug dicht neben ihm gegen den Boden und flog als Querschläger fort, ohne Schaden anzurichten.
»Die nächste Kugel trifft besser!«, drohte sie.
Da mischte sich Alan Long ein. Er war bisher nur Zuschauer gewesen. Als er sprach, war zu hören, welche Mühe es ihm bereitete. Der Aufprall gegen die Sargkante hatte ihm schon zu schaffen gemacht.
»Lass es sein. Denk daran, dass wir keine bessere Geisel finden können als ihn.«
Sie schaute ihn kurz an. Die Richtung der Waffe veränderte sich dabei nicht. Doreen war ein Profi, und sie hielt die Beretta auch so, mit beiden Händen am Griff gefasst, die Arme nach vom gestreckt und Suko’s Kopf genau im Visier haltend.
»Wer weiß, ob Sinclair noch kommt. Den hat das Bild verschluckt. Die drei Typen sind weg. Hier ist alles wieder normal geworden. Vielleicht treibt sich Sinclair in irgendeiner Zeit herum und wird auch dort sein verdammtes Dasein beenden.«
»Der nicht, Doreen.«
»Wieso?«
»Der schafft noch immer einen Weg, verflucht. Das haben wir doch erlebt. Er ist uns entwischt, womit keiner rechnen konnte. Und denk daran, was wir über ihn herausgefunden haben. Bisher ist er noch immer zurückgekehrt. Ich würde warten.«
Longs ruhige Worte blieben nicht ohne Wirkung auf Doreen Kelly. Sie entspannte sich leicht. Dabei normalisierte sich auch ihr Atem, aber die Haltung behielt sie bei. Um keinen Millimeter wich die Waffe aus der ursprünglichen Richtung ab.
»Fragt sich nur, wie lange.«
Sie bekam keine konkrete Antwort. »Sinclair ist Fachmann. Denk an das Dossier, das wir über ihn angelegt haben. Der schafft Dinge, worüber andere nur staunen können.«
»Kann sein, dass du Recht hast. Nur will ich nicht mehr zu lange warten. Der Chinese hat uns gelinkt. Ich will nur wissen, wie er das
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