Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
konnte man sich gewöhnen. Nachdem er einige Minuten so dagestanden hatte und sein etwas geschrumpftes Imperium betrachtete, bereitete er sich in der Küche einen Kaffee und ging mit dem Becher in der Hand in den Kontrollraum, die Tür schloss er hinter sich. Kurz darauf erschien die Weltkarte auf seinem Computerschirm; sie war hellgelb mit einem Stich ins Weiße. Was passierte in Rom? Er kontaktierte Tiziano via Satellitenverbindung.
»Wir sind dabei, den Präsidentenpalast zu schließen.«
»Wie bitte?«
»Zwei von den Leibwächtern sind erkrankt. Den Ärzten ist das entgangen.«
»Aber wo bist du?«
»In deinem Büro. Roberto – nirgendwo sonst war es sicher genug für mich.«
»Aber ich habe dir das verboten!«, brüllte Martinelli. »Noch bin ich Ministerpräsident, und das ist
mein
Büro.«
»Ja, ich weiß. Aber ich musste es tun, es ist der einzige sichere Ort. Ich versuche hier, die Dinge zu regeln.«
»
Ich
regle die Dinge«, schrie Martinelli noch lauter. »Was ist mit dem neuen Armeechef?«
»Es gibt keinen. Du hast vergessen, einen zu ernennen, bevor du weggeflogen bist. Wie auch immer, es gibt auch keine Armee mehr.«
»Keine Armee?«
»Verflucht!«, rief Tiziano verärgert aus. »Roberto, es ist niemand mehr übrig. Nicht einmal mehr dreißigtausend Menschen in Rom. Ich komme auf die Insel.«
»Nein. Ich brauche dich in Rom, noch ein, zwei Tage.« Der Präsident hatte keine Lust, seinen Geheimdienstchef auf die Insel kommen zu lassen – solange er nicht dahintergekommen war, was vor sich ging. »Bleib in meinem Büro! Ich melde mich heute Abend bei dir.«
»Es heißt, der Papst sei erkrankt.«
»Tatsächlich?« Als Martinelli an der Tür zum Kontrollraum eine Bewegung vernahm, sagte er hastig: »Ich rufe dich wieder an.«
Er schwang sich in seinem Stuhl herum und sah ängstlich zu, wie die Tür sich langsam öffnete. Das Maschinengewehr hatte er im Schlafzimmer gelassen. War jemand gekommen, um ihn zu töten?
»Tun Sie das nie wieder! Sie haben mich erschreckt.«
»Entschuldigen Sie bitte, Herr Ministerpräsident«, sagte die Haushälterin. »Einige Soldaten sind an der Seuche erkrankt. Oberst Frattini möchte gern mit Ihnen sprechen.«
Die Seuche! Konsterniert verschüttete Martinelli etwas Kaffee auf seinen weißen Bademantel. »Er soll nicht herkommen. Schließen Sie das Stahltor.«
»Das habe ich getan, Herr Ministerpräsident.«
»Und schicken Sie das Personal weg. Nur Sie dürfen bleiben.«
»Aber wohin sollen die Leute gehen? Sie können nicht ins Dorf, wegen der Seuche.«
»Ich weiß nicht, aber es ist riskant für mich, wenn sie bleiben. Ist mein Pilot hier?«
»Ja.«
»Er soll alle bis auf Sie aufs Festland fliegen. Gehen Sie und veranlassen Sie das sofort!«
»Ja, Herr Ministerpräsident.« Ihre unglückliche Miene sprach Bände.
»Laufen Sie!«
Verängstigt rannte sie los. Auch Martinelli hatte Bammel. Diese verfluchte Seuche war sogar hier eingedrungen. Er verließ den Kontrollraum, ging ins Schlafzimmer und stieß die Gestalt im Bett an.
»Caterina, wach auf! Die Seuche ist da.«
»Die Seuche?« Sie hob den zerzausten Kopf mit einem Ruck aus den Kissen. »Wo?«
»Unter den Soldaten.«
Ihr stockte der Atem.
»Die Villa wird abgeriegelt. Sie dürfen nicht mehr rein.«
»Aber dann sitzen wir vielleicht in der Falle und kommen nicht mehr von der Insel runter.«
»Beruhige dich! Wir haben einen Hubschrauber. Der sicherste Ort, um für sich allein zu sein. Nur du, ich und der Pilot.« Er beschloss, die Haushälterin ebenfalls von der Insel entfernen zu lassen, er misstraute ihr. »Caterina.« Er zog die Nackte an sich; sie zitterte, Schweiß rann ihr übers Gesicht. Er küsste sie. »Du wirst schon nicht sterben.« Doch seine Geliebte brach in Tränen aus und wurde hysterisch, weshalb er ihr mit der flachen Hand fest ins Gesicht schlug. »Hör auf!« Er schlug sie nochmals, sehr fest. Schließlich ging ihr Weinen in Wimmern über.
»Ich nehme jetzt eine Dusche.«
Martinelli verließ das Zimmer so langsam wie möglich. Im Inneren kämpfte er mit einer zunehmenden Panik. Warum ist das passiert? Wir sind der Seuche entronnen, trotzdem ist sie bis hierher gekommen. Er ging von dem einen Schlafzimmer in das andere, legte seinen Bademantel ab, stieg in die Duschkabine und stellte das Wasser so heiß wie möglich ein. »Beruhige dich!«, ermahnte er sich. Doch in seinem Inneren toste ein Meer stürmischer Gefühle. Sollte er hierbleiben oder nach Rom
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