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Die jungen Rebellen

Titel: Die jungen Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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weiß, waren es ja gerade die Herren … war seine Freundschaft mit den Herren der unmittelbare Grund dafür, daß er abreisen mußte.«
    Sorgfältig schließt er das Fenster: »Es wird ein Orkan, das müssen Sie sich ansehen. Wenn es am Abend vorüber ist, wird die Luft angenehm kühl sein. Nein, das wundert mich wirklich … Die jungen Herren hätten Bescheid haben müssen.«
    Sprungbereit stehen sie, Ábel bleiben die Worte im Hals stecken. Der Pfandleiher setzt sich wieder an den Tisch. Im Zimmer wird es mit jedem Augenblick düsterer. In der Dunkelheit können sie ihre Gesichter kaum noch erkennen.
    Der Pfandleiher sitzt als dunkle Masse unbewegt mit dem Rücken zum Fenster. »Ich bitte die Herren«, sagt er höflich und bestimmt, »sich zu setzen. Lassen Sie uns die Angelegenheit besprechen.«
    Er wartet, dann fährt er langsam, immer wieder Pausen einlegend, fort: »Am Vormittag war er hier … mit einem Wagen und mit Koffern. Wegen Geld kam er natürlich. Eigenartige Menschen sind diese Schauspieler. Ihnen würde nicht einmal der Schatz des Darius reichen. Und ich mit meinem verrückten Herzen habe ihm natürlich Geld gegeben, vor allem, als er mir erklärte, warum er die Stadt verlassen muß. Ich konnte es ihm nicht abschlagen … Mußte einsehen, daß ihm ernste Gefahr droht.«
    Er lacht dumpf und schwer auf: »Das sind ja solche Vagabunden!« sagt er anerkennend. »Es macht ihnen überhaupt nichts aus, zusammenzupacken und innerhalb von Stunden weiterzuziehen. Unsereiner ist natürlich nicht so beweglich. Schauen Sie sich bitte hierum. Und dann, bitte, stellen Sie sich das richtige Lager vor, unten. Denn das hier ist ja nur der Rest, das, was leichtsinnige Menschen bei mir vergessen haben. Die Menschen sind schon … Man muß sich wundern. Sie geraten in Schwierigkeiten, packen sich etwas unter den Arm, Silber, eine Uhr, Ohrringe, und hin zu Havas. Sechs Monate sind eine lange Zeit, denken sie. Aber die meisten machen sich überhaupt keine Gedanken, was in sechs Monaten sein wird. Dann, eines Tages, stehen sie da und jammern.«
    Er betrachtet den Schein, hält ihn weitsichtig etwas von sich weg: »Sechshundert Kronen. Schönes Sümmchen. Manch einer könnte ein halbes Jahr davon leben. Silber für vierundzwanzig Personen …« Er steht auf, geht zum Bett, beugt sich stöhnend hinunter und zieht einen verblichenen grünlichen Lederkoffer hervor. »Ist er das?«
    Er öffnet den Koffer, und bleichglänzend bietet sich ihnen das Familiensilber der Prockauers dar.
    Tibor faßt Havas am Arm: »Ich wußte, daß Sie es noch haben, Herr Havas … Sie konnten das doch nicht tun! Wir werden alles in Ordnung bringen, Herr Havas. Wir geben Ihnen einen Schuldschein.«
    Der Pfandleiher schiebt Tibor mit dem Arm wortlos zur Seite, schließt den Koffer und stößt ihn mit dem Fußunters Bett zurück. »Der Pfandinhaber«, sagt er, »ist nicht verpflichtet, seinen Namen anzugeben. Belieben Sie zu erwägen, daß ich nicht wissen kann, wem das Silber gehört. Der hier«, er setzt sich wieder an seinen Platz und reicht den Schein zurück, »ist abgelaufen. Der Verpfänder hat es versäumt, zu verlängern. Das Pfandobjekt wurde in einer öffentlichen Auktion versteigert.«
    »Wer hat es gekauft?« fragt Tibor.
    »Ich«, sagt Havas ruhig. »Als Meistbietender. Der Tag der Versteigerung wurde durch eine öffentliche Bekanntmachung kundgetan.«
    »Aber dann, Herr Havas«, sagt Tibor in seinem singenden, staunenden Tonfall, »ist ja alles in Ordnung. Dann kann ja nichts passieren. Sie geben uns das Silber heraus, und wir geben Ihnen eine Schuldverschreibung, die besagt, daß wir das Geld in kürzester Zeit zurückzahlen werden. Sie kennen uns, wissen, wer wir sind. Sie müssen verstehen. Denken Sie nichts Schlechtes, Herr Havas. Wir wollten seinerzeit … Hat Amadé es Ihnen nicht gesagt?«»Gesagt oder nicht gesagt, meine Herren: nach Recht und Gesetz gehört Ihnen das Silber nicht mehr.«
    »Nach Recht und Gesetz, Herr Havas?« fragt Tibor.
    »Nach Recht und Gesetz. Ich halte mich strikt an die Gesetze. Die jungen Herren werden verstehen: Es ist ein heikler Beruf. Ich darf keinen nach seinem Namen fragen.«
    »Wir haben gestern maturiert, Herr Havas«, sagt Tibor atemlos. »Verstehen Sie bitte, wir sind keine Schulbuben mehr. Was war, ist Vergangenheit, bedenken Sie bitte … Wir zahlen das Geld in kürzester Zeit zurück. Amadé war auch Ihr … auch Sie waren mit ihm befreundet.«
    »Sonderbar, sonderbare Menschen sind diese

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