Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die jungen Rebellen

Titel: Die jungen Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
Vom Netzwerk:
Meschuggener.< Die jungen Herren verstehen nicht? Er geht in das feine Haus. Im Salon Palmen. Ja, Madame, sagt er, eine, zwei, alles was da ist; die Damen, sagt sie, kommen erst am Abend, wenn der Herr mit einer hübschen Brünetten vorlieb nimmt? Das Weibsbild ist wirklich brünett, hat einen Goldzahn und eine Warze unter der Nase, aber er stört sich nicht daran, sie schaut noch gut aus. Er zieht seine Jacke aus, und da spürt er, daß der Mensch vom Gefängnis einen Geruch auf seiner Haut mitnimmt. Auf dem Spiegel steht mit Goldbuchstaben: Glückliches Neujahr!«
    »Nun stellen Sie sich bitte vor«, fährt er fort und hebt beschwörend die Hand, »daß nach einer solchen Vorgeschichte nichts geht. Ich weiß nicht, ob ich mich den jungen Herren verständlich mache? Nichts. Er zieht sich langsam wieder an, die Kleider sind schon halbwegs trocken, riechen nach diesem warmen Regen und nach dem Gefängnis. Was ist das? überlegt er. Die Brünette sitzt im Schlafrock vor dem Spiegel und raucht, schaut über die Schulter zu ihm hin. >Also das<, sagt sie … >Pardon. Das läßt sich doch erklären, wenn der Mensch von einer langen Reise kommt. Von einer langen, langen Reise. Dann vielleicht demnächst einmal.< Und sie steht schon in der Tür. Ist doch Blödsinn, denkt er. Du bist zweiundvierzig, was ist das schon für ein Alter? Bis sechs Uhr morgens auf dem Billardtisch tanzen, dazwischen zwei, drei Flaschen Schampus, dazu noch eine halbe Flasche Cognac, dann eine Elle geräucherte Wurst hineinhauen, vier, fünf harte Eier. Er dreht seinen Hut in den Händen. Versteht es nicht. Und schafft es nicht, wegzugehen. Kann weder gehen noch bleiben, er hat Angst, daß er zu toben beginnt, daß er jemanden niederschlägt. Die Brünette schlendert auf ihn zu, bei jedem Schritt schwingt ihr Körper, sie kommt noch einmal ganz nah, schaut ihn ernst an, wirft die Zigarette weg, umschlingt mit beiden Händen seinen Hals, stellt sich auf die Zehenspitzen, schließt ihre Augen und küßt ihn, aber ganz sanft. >Komm<, sagt sie leise. Sie kehren ins Zimmer zurück, das Mädchen hält seinen Hals umschlungen, so geht sie neben ihm. Er setzt sich, schaut ratlos um sich, versteht es nicht. Die Brünette wird ganz geschäftig, geht hin und her, reibt sich mit Duftwasser ein, richtet sich das Haar, legt etwas Puder auf und zieht den Schlafrock aus. Sie trägt schwarze Strümpfe und rote Strumpfbänder. Eine noch schöne Frau. Das Gesicht ist vom Alkohol leicht gezeichnet, aber doch noch schön. Sie hat einen hellen, sehr kühlen, festen Körper, eigentlich das, was du magst, denkt er, keine Spur von Fett. Sie kommt ganz nah heran, >schließ die Augen<, sagt sie. Er macht die Augen zu, das Mädchen beugt sich zu ihm und küßt ihn, das Fleisch ist auch nur ein Mechanismus, denkt er, und dieses Mädchen versteht sich darauf. Denk an etwas, sagt er sich. An etwas Lustiges. Die Urväter, David, Salomon. Salomon hatte tausend Frauen. Nein, das ist doch gar nichts Lustiges. Er streckt die Hand nach dem Hals des Mädchens aus …«
    Auch jetzt streckt er die Hand aus, und sie weichen zurück. Er beschreibt mit dem Arm einen Kreis in der Luft: »Das Mädchen stürzt sich mit ihrem ganzen Körper auf ihn. So ein Mädchen ist das. Sie wirft sich auf ihn, Fleisch klatscht auf Fleisch. Er umarmt sie, küßt sie. Zerrt und reißt an ihrem Kopf wie ein Wahnsinniger, der Körper des Mädchens wird vom Krampf geschüttelt, sie riecht nach Odol und Zigaretten, aus ihrem Mund dringt auch säuerlicher Geruch vom Magen, anscheinend hat sie noch nichts gegessen. Daran wird er sich später immer erinnern. Das Mädchen küßt seine Augen, wirft sich hin und her. Eine längere Zeit vergeht. Er löst die Hand des Mädchens von seinem Hals, richtet sich auf, hat das Gefühl zu ersticken. Das Mädchen rückt langsam von ihm weg. Sie hat Lackschuhe, Pantöffelchen. Zieht sich die Strümpfe hoch, sitzt auf dem Bettrand, starrt ihn während der ganzen Zeit unentwegt an. >Seit wann kannst du nicht<, fragt sie. Er zuckt die Achseln. Wenn ein Mensch im Liegen die Achseln zuckt, wirkt das immer lächerlich. Ich weiß nicht, ob die Herren das auch schon festgestellt haben?«
    Interessiert wartet er einen Augenblick lang auf Antwort, als ob das jetzt das wichtigste für ihn wäre. »Du hast irgendeinen Fehler gemacht, denkt er. Aber wo? Wann? Ihm fällt ein, daß die Mama ein schwarzes Medaillon besaß, sie trug es an einer schwarzen Schleife um den Hals, und wenn sie sich über

Weitere Kostenlose Bücher