Die Kälte Des Feuers
Bewohner, daß in der goldenen Landschaft um sie herum etwas Schreckliches auf sie wartet.
Vielleicht fürchteten sie nur Feuer. Dieser Region erging es ebenso wie dem größten Teil von Kalifornien. Ausgedörrtes Land erstreckte sich dort, wo der Mensch es nicht künstlich bewässerte.
Das Tal lag zwischen den Santa Ynez Mountains im Westen und den San Rafael Mountains im Osten eingebettet; es war so breit und tief, daß es von einer größeren geographischen Vielfalt gekennzeichnet schien als ganze Staaten im Osten. Doch in dieser Jahreszeit - es hatte zum letztenmal im Frühling geregnet - zeigten sich überwiegend braune Töne. Jim und Holly fuhren über anmutig gewölbte goldene Hügel und an lohfarbenen Wiesen vorbei. Die günstigsten Aussichtspunkte während der zwei Meilen langen Fahrt boten einen weiten Blick über höhere, mit Chaparral bewachsene Hügel, über Täler innerhalb des Tals, wo immergrüne Eichen wuchsen; hinzu kamen kleine Weinberge, umgeben von vertrocknetem Gras.
»Es ist wundervoll«, sagte Holly und beobachtete blasse Hügel, goldfarben glänzende Wiesen und öliges Chaparral. Selbst die Eichen ihre Ansammlungen deuteten auf einen relativ hohen Grundwasserspiegel hin - offenbarten kein saftiges Grün, sondern ein halbausgetrocknetes mattes Silber. »Wundervoll, ja. Aber ein Pulverfaß. Wie werden die Menschen hier mit dem Feuer fertig?«
Als sie diese Frage stellte, rollte der Ford durch eine Kurve, und dahinter bemerkte sie schwarzes Land neben der zweispurigen Straße. Büsche, Sträucher und Gras bildeten nur noch Spuren aus grauweißer Asche auf dem rußigen Boden. Hier hatten erst vor wenigen Tagen Flammen gezüngelt; der Brandgeruch war noch immer sehr deutlich wahrzunehmen.
»Dieses Feuer kam nicht besonders weit«, erwiderte Jim. »Es scheinen höchstens zehn Morgen verbrannt zu sein. Die Leute hier reagieren schnell, wenn sie irgendwo Rauch sehen. Eine Freiwilligengruppe in Svenborg ist ständig einsatzbereit, und außerdem gibt es im Tal eine Station der Forstverwaltung. Wenn man hier lebt, vergißt man die Gefahr nie - und begreift nach einer Weile, daß man sie in Grenzen halten kann.«
Jim klang recht zuversichtlich. Er hatte hier sieben oder acht Jahre verbracht, Grund genug für Holly, ihre Pyrophobie zu unterdrücken. Aber als sie den verkohlten Landstrich passiert hatten und der durchdringende Brandgeruch hinter ihnen zurückblieb, entstand ein gräßliches Bild vor Hollys innerem Auge: Sie sah ein nächtliches Tal, das vom einen Ende bis zum anderen loderte. Gewaltige orangefarbene Flammen wirbelten wie Tornados und verschlangen alles, was zwischen den Wällen der beiden Bergketten lag.
»Ironheart Farm«, sagte Jim plötzlich, und die Schreckensbilder verflüchtigten sich.
Als er Gas wegnahm, blickte Holly nach links.
Ein Farmhaus stand etwa dreißig Meter von der Straße entfernt hinter einem verdorrten Rasen. Es zeichnete sich nicht durch einen besonderen architektonischen Stil aus, sondern war nur ein normales, aber gemütlich wirkendes zweistöckiges Gebäude mit roten Dachschindeln und einer geräumigen Veranda. Es erweckte den Eindruck, als stamme es direkt aus dem Mittelwesten, denn in den Staaten des Getreidegürtels gab es Tausende von solchen Häusern.
Etwa hundert Meter weiter links erhob sich ein roter Schuppen, dessen spitzes Dach in einer aus angelaufenem Metall bestehenden Wetterfahne endete, die ein Pferd samt Wagen darstellte. Es handelte sich nicht um einen riesigen Schuppen; er war nur etwa anderthalbmal so groß wie das Haus.
Dahinter, sichtbar durch die Lücke zwischen den beiden Gebäuden, funkelte das Wasser des Teichs, und auf der gegenüberliegenden Seite stand das faszinierendste Bauwerk der Farm: die Windmühle.
3
Jim hielt auf der Wendestelle zwischen Haus und Schuppen und stieg aus. Er mußte aussteigen, denn der Anblick dieses Ortes wirkte nachhaltiger auf ihn, als er erwartet hatte. Er spürte, wie sein Gesicht zu glühen begann, und gleichzeitig lief es ihm kalt über den Rücken. Trotz der Kühle, die aus den Schlitzen der Klimaanlage wehte, schien die Luft im Innern des Wagens warm und verbraucht zu sein, enthielt zuwenig Sauerstoff. Jim ging einige Schritte, verharrte, atmete in tiefen Zügen und versuchte, nicht die Fassung zu verlieren.
Die schmucklosen Fenster des Hauses blieben ohne Wirkung auf ihn. Als er sie beobachtete, fühlte er nur eine süße Melancholie, die sich im Laufe der Zeit in bedrückendere Trauer oder
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