Die Kälte Des Feuers
Bedingungen akzeptiert und sich wieder beruhigt.
Jim trat an Hollys Seite, legte ihr die Hand auf den Arm und drückte kurz zu. Seine stumme Botschaft lautete: »Gute Arbeit.«
Sie beschloß, im Hinblick auf die Fähigkeit, zukünftige Ereignisse vorherzusehen, keine Klarstellung zu verlangen. Holly befürchtete, daß sie dadurch vom Thema abkamen und erst zu den Fragen zurückkehren konnten, wenn das Wesen erneut die Mühle verlassen wollte. Sie blickte wieder auf die Liste. »Warum wolltest du, daß ausgerechnet jene Menschen gerettet wurden?«
»Um der Menschheit zu helfen«, erwiderte die Wesenheit sonor. Holly glaubte, einen Hauch Aufgeblasenheit zu hören, war sich jedoch nicht ganz sicher. Die Stimme klang zu monoton, fast maschinenhaft.
»Jeden Tag sterben viele Männer, Frauen und Kinder, und die meisten von ihnen sind unschuldig. Warum hast du beschlossen, ganz bestimmte Personen vor dem Tod zu bewahren?
»Sie stellen etwas Besonderes dar.«
»Was unterscheid et sie von anderen?«
»Wenn sie leben, leistet jede von ihnen einen wichtigen Beitrag zur positiven Weiterentwicklung der Menschheit.«
»Da soll mich doch der Schlag treffen!« platzte es aus Jim heraus.
Diese Antwort kam unerwartet. Sie schien ehrlich zu sein, aber trotzdem blieb ein Rest von Zweifel in Holly. Etwas war ihr aufgefallen: die Stimme des Freundes hörte sich irgendwie vertraut an. In ihr wuchs die Überzeugung, sie schon einmal gehört zu haben, in einem ganz anderen Zusammenhang, der nun die Glaubwürdigkeit der Wesenheit unterminierte obwohl sie respekteinflößend klang. »Soll das heißen, du siehst die Zukunft nicht nur so, wie sie sein wird, sondern auch, wie sie sein könnte?«
»Ja.«
»Spielst du da nicht ein wenig Gott?«
»Nein. Ich kann nicht so klar sehen wie Gott. Aber ich sehe.«
Jim wirkte wieder wie ein glücklicher Junge, er beobachtete lächelnd die kaleidoskopartigen Lichtmuster und freute sich ganz offensichtlich über das, was er hörte.
Holly wandte sich von der Wand ab, durchquerte die Kammer, ging neben ihrer Tasche in die Hocke und öffnete sie.
Jim blickte ihr über die Schulter. »Was hast du vor?«
»Ich brauche das hier«, erwiderte sie und griff nach einem Notizbuch, in dem sie die Ergebnisse ihrer Ermittlungen festgehalten hatte. Sie stand auf, öffnete das kleine Buch und blätterte zu der Liste von Personen, die Jim vor dem Flug 246 gerettet hatte. Zu der im Kalkstein pulsierenden Wesenheit sagte sie: »Fünfzehnter Mai. Atlanta, Georgia. Sam Newsome und seine fünfjährige Tochter Emily. Weshalb sind sie wichtiger als alle anderen Personen, die an jenem Tag starben? Welchen Beitrag leisten sie zur Entwicklung der Menschheit?«
Keine Antwort.
»Nun?« drängte Holly.
»Emily wird eine berühmte Wissenschaftlerin und entdeckt ein Heilmittel für eine tödliche Krankheit.« Diesmal war eine gewisse Schwülstigkeit unüberhörbar.
»Was für eine Krankheit meinst du?«
»Warum glaubst du mir nicht, Holly Thorne?« Die förmliche Ausdrucksweise des Wesens erinnerte Holly an einen englischen Butler, aber unter der würdevollen Reserviertheit spürte sie den subtilen Trotz eines Kindes.
»Sag mir, welche Krankheit du meinst. Dann glaube ich dir vielleicht.«
»Krebs.«
»Welchen Krebs? Es gibt viele Arten.«
»Alle Tumore.«
Holly sah wieder auf ihr Notizbuch. »Siebter Juni. Corona, Kalifornien. Louis Andretti.«
»Er zeugt ein Kind, das zu einem großen Diplomaten wird.«
Was zweifellos besser ist, als an Schlangenbissen zu sterben, dachte Holly.
»Einundzwanzigster Juni«, fuhr sie fort. »New York City. Thadeus…«
»Er wird ein großer Künstler, dessen Werke Millionen Menschen Hoffnung geben.«
»Er schien ein netter Junge zu sein«, kommentierte Jim fröhlich. »Ich mochte ihn.«
Holly ignorierte diese Bemerkung. »Dreißigster Juni. San Francisco …«
»Rachael Steinberg bringt ein Kind zur Welt, das erheblichen religiösen Einfluß auf die Menschen haben wird.«
Die Stimme … Holly war sicher, sie schon einmal gehört zu haben. Aber wo?
»Fünfter Juli …«
»Miami, Florida. Carmen Diaz. Sie bringt ein Kind zur Welt, das zum Präsidenten der Vereinigten Staaten wird.«
»Warum nicht gleich zum Präsidenten der ganzen Welt?« murmelte Holly und las im Notizbuch.
»Vierzehnter Juli. Houston, Texas. Amanda Cutter. Sie bringt ein Kind zur Welt, das der Menschheit Frieden schenkt.«
»Die Wiederkunft Chris ti wäre vermutlich zuviel verlangt, oder?« fragte
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