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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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ein sanftes, aber doch bestimmtes Blau getaucht. Nirgends war auch nur die kleinste Wolke zu sehen. Aus dem Garten unter ihnen stieg der Duft von Hyazinthen auf.
    Die Sultana thronte auf einem Stapel bunt bestickter Kissen mit Troddeln. Bücher und wertvolle Manuskriptrollen türmten sich um sie herum auf. An der Balkontür standen drei alte Eunuchen und blickten misstrauisch auf den Arabischlehrer.
    »Allahu akbar …« , fing nun auch der Muezzin von der Hagia Sophia an, den die Schwester des Sultans wegen seiner klangvollen Stimme schätzte.
    Wie jeden Mittag schloss sie die Augen und lauschte verzückt seinem Gebetsruf, bevor sie einen weiteren tiefen Zug aus ihrer Wasserpfeife nahm. Dann legte sie den Schlauch zur Seite und strich sich die Fransen ihres Schleiers aus dem Gesicht. Sie rückte die mit Diamanten verzierte Brille auf ihrer Nase zurecht und griff nach ihren Schreibutensilien. Seit sie ihren Mann, den Emir von Mossul, verlassen hatte und mit ihren zwei Töchtern in den Harem ihres Halbbruders gezogen war – der Sohn war beim Vater geblieben –, forschte sie über Hatice, die auf Arabisch Khadija hieß und die erste Frau Mohammeds war.
    »Immer geht es um Aische, dabei ist doch Hatice die viel Interessantere!«, pflegte sie zu sagen. »Sie war ja viel älter als der Prophet, als er sie geheiratet hat. Sie war eine Kauffrau, hatte ihr eigenes Geschäft. Eine sehr selbstständige Frau. Leider weiß man nur so wenig über sie. Nicht mal, wer ihr erster Mann war, wissen wir.«
    Ihre hennagefärbten Finger blätterten in dem dicken goldverzierten Buch mit den arabischen Schriftzeichen.
    »Das nehmen wir auf jeden Fall auch mit«, sagte sie nach wenigen Minuten und packte das Buch auf den gefährlich schwankenden Bücherstapel zu ihrer Linken. Man konnte ihre Armbänder nur klimpern hören, nicht sehen, da sie sich wegen des Arabischlehrers komplett verschleiert hatte. Auf den linken Stapel kam alles, was Zehra auf ihrer Pilgerreise nach Mekka begleiten würde. »Allein für die Bücher brauchen wir dreißig Kamele«, hatte Johanna den obersten Eunuchen schimpfen hören.
    »Und weißt du, Yuhanissa« – Zehra blickte von einer mit Hie roglyphen beschriebenen Papyrusrolle auf – »für dich wird es sicher auch interessant sein zu sehen, wie die Araber den Kaffee zubereiten. Ich persönlich habe mich ja nie an den ganzen Kardamom gewöhnen können in Mossul. Mir ist unsere Art, den Kaffee zuzubereiten, viel lieber. Vor allem, wenn Aglaia ihn macht, sie ist einfach die Beste.«
    Mit kleinen Schlucken trank sie ihre Kaffeetasse leer.
    »Hm, der ist gut! Hast du den gemacht?«
    Johanna nickte. Sie hatte Aglaia genau auf die Finger geschaut. Die alte Kaffeemeisterin prüfte immer alle Bohnen einzeln mit der Hand. Vor und nach dem Rösten. Alles, was ihr nicht in Ordnung schien, wurde rigoros aussortiert. Sie gab eine Prise Ingwer und eine Prise Kardamom an den Kaffee. Gerade so viel, dass man es nicht bewusst wahrnahm, die Gewürze den Kaffee aber intensiver schmecken ließen. Und dann goss sie den fertig gebrühten Kaffee so lange hin und her, bis der ganze Satz herausgefiltert war. Eigentlich ganz einfach, aber trotzdem war Johanna mit dem Ergebnis ihrer eigenen Zubereitung meistens nicht zufrieden. Irgendetwas fehlte, dachte sie dann, ein winziges Etwas, von dem sie einfach nicht wusste, was es sein könnte.
    Ein Stück von der Papyrusrolle zerbröselte, als Zehra sie entrollte. Sie schien den Unterschied zwischen ihrem und Aglaias Kaffee nicht zu schmecken.
    »Am schlimmsten ist der Kaffee der Beduinen«, sprach sie weiter. »Der schmeckt richtig salzig. Ich weiß gar nicht, wie sie das machen. Ganz merkwürdig! Angeblich gewöhnt man sich ja daran. Aber das ist mir nie gelungen. Man kann dann ja nicht einfach ablehnen: Da sitzt du in der Wüste in einem Zelt mit dreißig Beduinenfrauen und bekommst diesen merkwürdig schmeckenden Kaffee angeboten! Als hätten sie Salz und Säure reingeschüttet. Und dann muss man ein Tässchen nach dem anderen trinken, das gehört sich einfach so. Na ja, das wirst du ja alles selbst erleben.« Raschelnd rollte sie den Papyrus zusammen.
    Der Aufbruch zum Hadsch, der Pilgerreise nach Mekka, sollte schon in der nächsten Woche stattfinden, weil die Schwester des Sultans in Damaskus und Jerusalem Station machen wollte. »Wir werden erst in der Omaijaden-Moschee und dann in der Al-Aqsa-Moschee beten«, hatte sie angeordnet. Sie hatte verschiedene Buchhändler über ihr Kommen

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