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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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nicht meine Annahme, dass wir nur Menschenmörder oder Jungfrauenschlächter sein sollten, auch wenn beides so einfach über uns kam, wie es bei einem Löwen der Fall war, der in der Savanne Gazellen im Überfluss vorfindet. Ich dachte an das, was der Priester des Blutes zu mir gesagt hatte, und an die Worte von Mere Morwenna. Wir waren Wächter, und als Unsterbliche sollten wir diejenigen beschützen, von denen wir tranken, und das Blut, das sie uns schenkten, auch achtsam annehmen. Ich hatte herausgefunden, dass ich ein wenig von dem Blut des Opfers trinken und dem Menschen dann die Freiheit schenken konnte. Dieser war vielleicht geschwächt, aber doch in der Lage, den Biss und jede Infektion, die möglicherweise daraus entstand, zu überleben.
    Mit gerade genügend Blut, um in der Nacht davonzufliegen, überquerte ich die wunderschöne Landschaft aus Dschungeln und Bergen. Auch erblickte ich die Kanäle und Alleen einer Zivilisation, die diesen Kontinent überzog, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Und doch hatte meine Ehrfurcht gerade erst begonnen, denn bei ihnen handelte es sich um die
Hauptverkehrsstraßen dieser Völker, und die Dörfer und Tempel in ihren Zentren waren äußerst beeindruckend. Als ich mich nach Westen wandte, wurde der Strom überwältigend stark, und ich begann mich zu fragen, ob es in dieser Zivilisation von Vampyren nicht nur so wimmelte. Irgendwo hier in diesem Land der Berge und Dschungel und der Wüste blühte und gedieh mein Volk.
     
    Ich folgte den Linien auf der Erde unter mir und bewegte mich im Einklang mit dem Strom selbst, beinahe als könnte ich die Vampyre, die an seiner Strömung zogen, berühren. Da stieß ich auf eine riesige Stadt, die es in einiger Hinsicht mit dem gefallenen Königreich Alkemara aufnehmen konnte.
    Dicht über den Bäumen fliegend überquerte ich einen Gebirgszug. Plötzlich begann ich jenes Schwinden meiner Lebensgeister zu fühlen, das die ferne Sonne begleitete, die ihren Weg über den östlichen Himmel schnell zurücklegte.
    Und dort, in einer Talsohle, umgab ein riesiger Sumpf etwas, das von den Bergen aus gesehen wie eine große weiße Insel aussah. Ich bezeichne sie deshalb als weiß, weil sie in der Dunkelheit auf eine unheimliche Art leuchtete. Vielleicht handelte es sich dabei um Sumpflicht oder um die Lichtreflexe der zahlreichen Bauwerke und Tempel, die den Mond, der am Himmel stand, spiegelten. In der Stadt durchschnitten große Alleen und Prachtstraßen eine Reihe von kreisförmigen Kanälen, die aus tiefen Gräben bestanden, ohne dass es eine sichtbare Wasserquelle jenseits des Sumpfes selbst gegeben hätte.
    Zum ersten Mal erblickte ich die große Stadt Aztlanteum. Im Mondschein flogen Schwärme von weißen Vögeln über das Sumpfland und schienen wie Geister auf das Jenseits zuzufliegen.
Als sich meine Augen an die Beleuchtung gewöhnt hatten, erkannte ich, dass die Stadt überhaupt nicht weiß, sondern aus dunklem Stein gebaut war. An einigen Stellen wurde der Sumpfnebel von ihnen reflektiert, so dass der Stein hell erschien, fast so weiß wie der Caelumstein von Taranis-Hir. Aber die Tempel hier waren mit Obsidian und Kristall verkleidet, und die Folge war, dass sie auf eine überwältigende Art funkelten. Sie waren Steinriesen und konnten es mit den Legenden über die Große Pyramide von Ägypten aufnehmen. Eine gewaltige Prozession aus Frauen und Männern, die mit bunten Federn und Gewändern in leuchtenden Farben ausgestattet waren, stand auf den etwa tausend Stufen des größten Tempels, als feierte man irgendein großes Ereignis.
    Außerdem roch ich Blut, frisch vergossenes Blut, und hörte den Klang einer fremdartigen Musik, der durch das Sumpfland hallte.
    Dies war Aztlanteum, ein Königreich, das für die Menschen aus Europa und Afrika verloren war, da es auf einem Kontinent lag, der den Wesen aus meiner Zeit unbekannt war.
     
    In der modernen Welt des einundzwanzigsten Jahrhunderts ist es schwer vorstellbar, wie dieses große Königreich in jenem Tal aussah, denn seine Macht war bereits lange, bevor die Menschen aus Europa dort das erste Mal an Land gingen, verloren gewesen. Es verfügte über herrliche Bauwerke, die beinahe die Sterne zu berühren schienen. Der Stein, der im Sonnenlicht grau war, leuchtete im Mondschein in einem seltsamen blauweißen Eicht – zumindest wirkte es auf meine Augen so, denn ich sah, wie er in der Dunkelheit phosphoreszierend glühte.

    Es schien beinahe so, als besäße Alkemara, jene

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