Die kalte Nacht des Hasses
dürfte. Ich hatte diese Verbindungen einmal übersehen, als wir einander kennenlernten, aber jetzt steckten wir schon wieder mit einem Haufen grinsender, hilfreicher Paten direkt mitten in einer meiner Ermittlungen.
»Willst du mir erzählen, was dich beschäftigt?«
Ich sah auf. Black betrachtete mich in aller Ruhe, dann nahm er einen Schluck von seinem Chivas. Wahrscheinlich hatte er einen langweiligen Teil des Buches erreicht. Er saß da, entspannt und zuversichtlich, das Whiskey-Glas auf dem über Kreuz gelegten Knie, wie es seine Angewohnheit war. Er starrte mich direkt an und lächelte, mit Grübchen und sehr sexy. Ich gab mir Mühe, nicht aufzuspringen und ihn zu erwürgen. Das hier war eine ernste Sache, ich konnte das nicht tolerieren, und zur Abwechslung war das auch mal etwas, was wir nicht lösen konnten, indem wir vögeln gingen.
»Ich mag es gar nicht, derart überrumpelt zu werden. Ich habe dir gesagt, dass ich nicht im Entferntesten in Verbindung mit den Geschäften deines Bruders oder irgendwelcher anderer Krimineller gebracht werden darf. Ich dachte, das wäre klar genug gewesen.«
Black sah mir ruhig wie eine narkotisierte Katze in die Augen. »Ich verstehe das und es tut mir leid, was geschehen ist. Aber diese Leute sind für mich wie meine Familie, vor allem José. Und du wusstest fast von Anfang an, womit mein Bruder sich beschäftigt. Das war zwischen uns nie ein Geheimnis.«
»Aber du hast mir nicht davon erzählt, bevor wir in Miami gelandet sind. Ich darf mich nicht mit solchen Leuten einlassen, nicht während ich diese Marke trage. Niemals.«
Blacks Stimme blieb ruhig. »Ich bin kein Krimineller, Claire. Ich habe hart für alles gearbeitet, was ich besitze. Ich war nie ein Teil von Jacques’ Geschäften und bin auch kein Teil von Josés. Ich habe all das mit achtzehn hinter mir gelassen, als ich zur Armee gegangen bin, und seit diesem Tag hatte ich nicht mehr damit zu tun. Sie haben meine Entscheidung akzeptiert und respektiert. Ich besuche sie dann und wann, weil sie meine Familie sind, das ist alles. Jacques ist mein Bruder, und ich liebe ihn. José ist mein Patenonkel, und auch er liegt mir am Herzen. Ich habe sie nie gebeten, mir irgendwelche Gefälligkeiten zu erweisen, und sie haben mich auch nicht gebeten, für Sie irgendetwas zu riskieren. Es tut mir leid, wenn das eine unglückliche Situation für dich ist, aber ich werde keinen von ihnen im Regen stehen lassen. Weder für dich noch für sonst jemand.«
»Noch eine Sache, Black, du hast nicht zufällig José erzählt, wie Hilde verstümmelt wurde, oder?«
Augenblicklich runzelte Black die Stirn und wurde wütend. »Teufel, nein. Du solltest es besser wissen.«
»Ich wollte bloß sicher gehen.«
»Du weißt, dass du mir vertrauen kannst.«
Das wusste ich, und ich schämte mich, ihm den Vorwurf gemacht zu haben, aber ich sagte nichts, sondern widmete mich einfach wieder dem Polizeibericht über Esteban Rangos. Ich umklammerte die Seiten, konnte mich aber nicht ausreichend konzentrieren, um sie zu lesen. Ich wollte im Moment über nichts davon reden, denn ich war ziemlich sicher, das würde zu keinem guten Ende führen. Aber es war nun einmal so, dass er hätte mich nie hätte bitten sollen, ihn zu Rangos zu begleiten, und schon gar nicht hätte er mich einfach mitnehmen sollen. Inzwischen wusste wahrscheinlich jeder Bulle in der Stadt, dass ich mich mit ihrem Obergauner angefreundet hatte.
Black aber war noch nicht bereit, das Thema fallen zu lassen. »Ich will darüber genauso wenig diskutieren wie du, Claire, aber es wird uns nichts helfen, es zu ignorieren in der Hoffnung, dass die Sache sich von allein erledigt.«
»Ich ignoriere gar nichts. Soweit ich sehen kann, haben wir ein Riesenproblem. Und ehrlich gesagt bin ich nicht sicher, ob wir es überstehen können.«
Blacks azurblauer Blick hielt meinem stand, intensiv, ohne zu zwinkern, aber auch fragend. Okay, jetzt hörte er mir aufmerksam zu, na wunderbar. Und nun? Black stellte sorgsam seinen Drink auf den Tisch neben sich. Ich konnte sehen, wie wütend er war. Er zeigte seine Gefühle nicht, aber er spannte immer seinen Unterkiefer an, wenn er wütend wurde, und die Muskelspannung jetzt würde ausreichen, um seine Backenzähne bis aufs Zahnfleisch plattzumachen. Er erhob sich und seine Bewegungen wurden ganz langsam, bedächtig, tödlich. Auch das war seine Art, wenn er sauer war. Angespannt und bereit – wie ein Panther.
»Vielleicht ist es nicht meine
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