Die kalte Nacht des Hasses
hochgezogen.
»Weiß ich noch nicht. Er wird vermutlich in den nächsten paar Stunden eine Entscheidung treffen. Was meinen denn Sie?«
»Ja. Hilde hätte das gewollt. Das weiß ich ganz sicher.«
»Sicher? Wie kommen Sie darauf?«
»Weil einmal direkt vor einem anderen Wettbewerb ein Mädchen umgebracht wurde, und alle fanden, der Wettbewerb sollte trotzdem stattfinden. So war es auch, und alle haben ihn ihr gewidmet.«
Ich merkte auf. Mein Herz schlug schneller. Bud beugte sich vor, wir waren auf derselben Wellenlänge und er fragte: »Wann war das?«
»Vor etwa zwei Jahren, denke ich. Ich war unten in Miami und habe Freunde besucht. Sie haben sie in ihrem Auto in der Nähe des Okeechobee-Sumpfes gefunden, nackt und erdrosselt. Es war etwa eine Woche vor dem Wettbewerb.«
»Erinnern Sie sich noch an den Namen des Opfers?«
»Ja. Sie war auch eine Kundin von mir. Sie hieß Reesie Verdad. Kubanischstämmig, wunderschön, mit langem ebenholzfarbenen Haar und leuchtenden, großen, tiefschwarzen Augen. Ein nettes Mädchen. Es war schrecklich, aber es hieß, sie nähme Koks und hätte sich mit den falschen Leuten angelegt.«
Ich schrieb mir den Namen und das Jahr auf. Ich würde das überprüfen müssen, vor allem wenn Charlie mich nach South Beach schickte, um Vasquez auszuchecken, und da war ich mir ziemlich sicher. Ich bedankte mich bei Mr Race und sah ihm nach, während er hinter die Bühne ging, wo sich die Umkleideräume befanden. Buds Handy klingelte und er entfernte sich, um den Anruf anzunehmen.
»Entschuldige, Claire, aber ich hatte gehofft, du hättest einen Moment Zeit für mich.«
Ich wandte mich um und sah in Judes mandelförmige grüne Augen und mein Innerstes zog sich zusammen, als hätte ich gerade einen Wurm gegessen. Meine Güte, was war denn jetzt los? Ich hatte das Gefühl, es ging um einen verdammt gut aussehenden Seelenklempner mit den blauesten Augen seit Frank Sinatra. Und es schien, als würden Jude und ich uns nicht nur beim Vornamen nennen, sondern auch duzen. Wundervoll.
»Ach so, ich bin heute hier in einer offiziellen Angelegenheit.« Schon wieder. Mein alter Freund offiziell half immer, das Unerwünschte, Unnötige, Unerfreuliche zu verscheuchen.
Judes Brauen furchten sich mitfühlend, aber sie sah immer noch verdammt gut aus. »Ich weiß, Nicky hat mir gesagt, dass du hier unten Vernehmungen durchführst, deswegen bin ich gekommen, ich hatte gehofft, dass du einen Augenblick Zeit hast. Wie schrecklich, was diesem jungen Mädchen zugestoßen ist! Ich kannte sie nicht gut, ich habe sie nur mal auf einem anderen Wettbewerb getroffen. Ich fand, sie war jemand ganz Besonderes.« Sie schaute durch den Saal zu Bud hinüber. »Ich würde auch gern Detective Davies Hallo sagen. Er hat mich letzten Sommer in New York vernommen, und Nicky sagte, er unterhielte eine enge Beziehung zu Hildes Schwester. Ich habe meine eigene Schwester verloren, als ich noch ein Kind war, also kann ich mir vorstellen, wie sie sich fühlen muss.«
»Es tut mir leid, das zu hören.« Ich wollte nichts über den Verlust von Familienmitgliedern hören, also gab ich mich freundlich.
»Jedenfalls freue ich mich, dich wiederzusehen, Jude.« Sehen Sie, ich bin durchaus großherzig. So lange sie sich nicht in meiner Gegenwart an Black ranschleimte, würden wir bestens klarkommen.
Sie lächelte. Ich lächelte. Ich versuchte, über diese Nicky-Sache hinwegzukommen. Ich weiß nicht, wieso es mich so nervte, dass sie ihn so nannte. Okay, ich hatte ihn auch ein paar Mal so genannt, aber ich meinte es dann meist sarkastisch. »Nicky« passte überhaupt nicht zu meinem Bild von ihm, schätze ich. Es klang wie ein Name, mit dem Steven Seagal in seinen blöden Filmen angesprochen wird. Außer dem einen, den ich mochte, wo er ungefähr hundert Jahre im Koma liegt und dann über Nacht seine Muskeln zurückkriegt, indem er Duftkerzen auf seinem Körper anzündet. »Black«, das war ein passender Name für meinen Kerl.
»Wollt ihr auch mit mir sprechen? Nicky war nicht sicher. Er meinte, ich soll dich fragen.«
»Du kanntest Hilde Swensen, oder?«
»Ja. Aber nicht besonders gut. Sie war im selben Business und durchaus erfolgreich, unter Kollegen kannte man also ihren Namen.«
»Soweit ich weiß, hat sie nicht nur an Schönheitswettbewerben teilgenommen, sondern auch gemodelt.«
»Das glaube ich auch. Vor allem in Miami und South Beach. Ich habe sie nie in New York gesehen. Aber vielleicht war sie auch nur von Zeit zu
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