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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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betrat die Teeküche und öffnete den Kühlschrank. Keine der üblichen Fertigsuppen, H-Milch-Tüten und Joghurts, nur gähnende Leere. Bis auf ein paar teure Nagellacke von Chanel und eine noch ungeöffnete Flasche Champagner.
    Umso besser. Dann würde das Tiefkühlfach auch nicht mit irgendwelchen Pizzas besetzt sein!
    Bingo.
    Schnell schob Sofie den Becher in das Fach und schloss die Tür, denn schon hörte sie die frostige Stimme ihrer neuen Kollegin im Rücken.
    »Dachte ich mir, dass ich Sie hier finde. Mit Kaffee werden Sie sich allerdings selbst eindecken müssen. Ich trinke ausschließlich grünen Tee.«
    Und Champagner, dachte Sofie, heimlich grinsend.
    Dr. Falk musterte Sofie ohne den Anflug eines Lächelns und rieb ihr rechtes Handgelenk, das, wie Sofie jetzt erst bemerkte, eine lederne Manschette zierte. »Meine Sehnenscheidenentzündung macht leider wieder Zicken.«
    Wie der ganze Rest von Frau Dr. Falk, fand Sofie. Trotzdem flog sie für eine Sekunde fast so etwas wie Mitleid an. Sezieren ist harte körperliche Arbeit, das wusste Sofie nur zu gut. Kein Wunder, dass sich auf diesem Teilgebiet der Rechtsmedizin nach wie vor lieber Männer tummelten. Aber mithilfe eines kräftigen Assistenten war das auch für eine Frau irgendwie zu schaffen.
    »Herr Moosbichler, der mir sonst zur Seite steht, ist oben in der Tox gerade unabkömmlich«, fuhr die Falk gnadenlos fort, als ob sie Sofies Gedanken gelesen hätte. »Wenn Sie Ihr Päuschen also vielleicht unterbrechen und mir zur Hand gehen könnten?«

8
    1:0 für Sofie
    V ier Grad Celsius – die optimale Temperatur, um Zersetzungs prozesse von organischem Material auf natürliche Art und Weise zu verlangsamen. Ziemlich winterlich allerdings für lebende Menschen aus Fleisch und Blut.
    Sofie fröstelte, als sie den rundum gefliesten Kühlraum betrat. Davor schützte auch der sackartige flaschengrüne Kittel, den sie hastig übergezogen hatte, nicht, geschweige denn Mundschutz, Haube, Überschuhe, Einmalschürze und die doppelten Gummihandschuhe.
    In einem sogenannten offenen System werden die Leichen im Münchner Institut für Rechtsmedizin auf vier Etagen gelagert. Jeder dieser Körper ist in einen speziellen Leichenplastikbehälter gebettet, den man bei Bedarf einfach herausziehen kann.
    Zumindest theoretisch.
    »850 B«, erklang die frostige Stimme vom Eingang zum Kühlraum, deren Temperatur in etwa der des Raumes entsprach. »Wird ja wohl nicht so schwer sein, Frau Rosenhuth. Oder?«
    Auf die Idee, mitzusuchen, kam die reizende Kollegin allerdings nicht. Sofie verkniff sich eine bissige Retourkutsche und musterte stattdessen die farbigen Zettel, die unter jedem der blütenweißen Leintücher herausragten. Männer und Frauen, Junge und Alte, auch Kinder. Der Tod macht vor keinem halt.
    Mit einem Unterschied. Denn diejenigen, deren Körper hier in der Nußbaumstraße landete und die ihren Namen gegen eine mit einem Kürzel versehene anonyme Nummer eintauschten, waren eines nicht natürlichen, meist gewaltsamen Todes gestorben.
    Endlich hatte Sofie Bahre Nummer 850 B gefunden und zog sie heraus.
    Nun begann der anstrengende Teil, das Umwuchten der Leiche auf den Hubwagen, eigentlich Sache der Sektionsassistenten oder Präparatoren. Zum Glück hatte Sofie schon während ihres Studiums immer wieder mit Hand angelegt und kannte die nötigen Griffe aus dem Effeff.
    Der Körper vor ihr war leicht – etwa fünfzig Kilo schwer, wie Sofie schätzte –, dennoch geriet sie trotz der arktischen Temperaturen ins Schwitzen.
    Eine zierliche Hand glitt unter dem Leintuch heraus, faltig, verrunzelt, mit Pigmentflecken übersät. Offensichtlich die einer al ten Frau. Sehr viel mehr würde Sofie gleich bei der Sektion erfahren – vor allem auch, warum der Körper der alten Dame hier war …
    »Wollen Sie vor der Sektion noch ein Röntgenbild machen?«
    »Viel zu aufwendig. Wir haben es hier ja nicht mit dem Opfer einer Messerstecherei oder eines Schusswechsels zu tun.« Dr. Falk wandte sich bereits um und steuerte den Sektionssaal an.
    Achselzuckend folgte Sofie ihr mit dem Hubwagen.
    Im Sektionssaal dann die gleiche Prozedur in umgekehrter Reihenfolge. Unter den kritischen Blicken ihrer Kollegin platzierte Sofie den Körper auf dem Seziertisch und bettete den Kopf behutsam auf die ebenfalls stählerne Nackenstütze.
    »Na endlich. Dann können wir ja anfangen.«
    Ihr Handwerk schien die Falk allerdings zu verstehen, das musste Sofie ihr lassen, auch wenn sie die äußere

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