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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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Kragenschnitt bekannt und weniger geläufig – für Sofie dennoch reine Routine und in diesem Fall durchaus angemessen. Angesichts der überwältigenden Körperfülle des toten Metzgermeisters allerdings eine ziemlich anstrengende Angelegenheit.
    Doch Sofies Mühe wurde schneller belohnt, als sie gedacht hatte. Gleich nach der Öffnung des Brustkorbs mit der Rippenschere: Die Milz war mit Blut gefüllt, deren Kapsel bei Unterkühlten sonst in der Regel blutarm war und außerordentlich faltig. Somit also weiterhin keinerlei Befund, der für einen Kältetod sprach.
    Auffallend hingegen der bis zum Platzen mit Blut gefüllte Herzbeutel.
    Kein Zweifel: Metzgermeister Anton Zeislmaier war an einer Herzbeuteltamponade gestorben – ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, bei dem der Bindegewebsbeutel, der das Herz wie eine Art Sack schützend umschließt, sich innerhalb kürzester Zeit mit Blut füllt. Dadurch wird das Herz zusammengedrückt, bis es seine Funktion nicht mehr ausüben kann. Es setzt aus.
    Noch war unklar, was die Herzbeuteltamponade verursacht hatte – entweder ein Riss in der Herzkammerwand infolge eines Infarkts oder aber in der Körperhauptschlagader, ausgelöst durch Ablagerungen an der Gefäßinnenwand. Angesichts der Leibesfülle des Metzgers kamen beide Ursachen gleichermaßen in Betracht.
    Viel wichtiger aber: Der Mann war eindeutig eines natürlichen Todes gestorben, und zwar bereits am frühen Abend, kurz nachdem er den Kühlraum betreten hatte. Damit war sein zu Unrecht beschuldigter Kompagnon entlastet.
    Geradezu erleichtert sah Sofie auf – und traf auf den frostigen Blick ihrer Kollegin.
    Elke Falk räusperte sich. »Na also. War ja von Anfang an zweifelhaft, diese vorschnelle Diagnose des Ermittlers vor Ort. Der Rest ist dann eher Formsache, schätze ich. Wenn Sie uns noch kurz bei den Präparationen zur Seite stehen könnten? Das Vernähen schafft Herr Moosbichler dann sicher auch allein. Zumal sich in Ihrem Büro ja bekanntlich jede Menge Gutachten stapeln, die dringend Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit bedürfen – übrigens ebenso wie Ihr T-Shirt, wenn ich Sie noch mal daran erinnern darf.«

18
    Rein beruflich
    D ie anschließende Präparation der Organe des Metzgermeisters hatte Sofies Verdacht hinsichtlich der Todesursache eindeutig bestätigt: Die bei Kältetod sonst zwingend auftretenden schwarzen Verfärbungen der Magenschleimhaut, die sogenannten Wischnewski-Flecken, hatten sich nicht nachweisen lassen, ebenso wenig entsprechende Befunde im Urin, die für eine durch Unterkühlung bedingte Stoffwechselstörung gesprochen hätten. Auch die Blutanalyse war negativ gewesen; eine vorab erfolgte Betäubung ließ sich also definitiv ausschließen.
    Stattdessen hatte sie erhebliche arteriosklerotische Veränderungen der Aorteninnenwand vorgefunden, die in unmittelbarer Herznähe zu einem Riss und in weiterer Folge zu einer Tamponade des Herzbeutels geführt hatten.
    Damit ließ sich nun auch der Hergang in der Kühlkammer relativ exakt rekonstruieren: Der Metzger hatte vermutlich gleich nach Geschäftsschluss, also gegen 20 Uhr, den Raum betreten und dort eine Herzbeuteltamponade erlitten, an deren Folgen er wenige Minuten später verstarb.
    Etwa eine Stunde später, gegen 21 Uhr, war sein Kompagnon nach eigenen Angaben auf die offen stehende Tür zum Kühlraum aufmerksam geworden. Allerdings hatte er den Leichnam, der hinter einem Regal verborgen lag, nicht sehen können. Er hatte die Tür daher einfach zugesperrt und war nach Haus gegangen – ohne zu ahnen, dass er am nächsten Morgen unter dringenden Mordverdacht gestellt würde.
    Zufrieden schloss Sofie die Tür zu ihrem Büro halb hinter sich und nickte dem freundlich grinsenden Skelett in der Ecke kurz zu. Wenigstens einer, dem die nach wie vor auf ihrem T-Shirt prangenden Kaffeeflecken nichts ausmachen würden!
    Dann setzte sie sich an den Schreibtisch und griff konzentriert nach dem ersten Aktenordner.
    Wäre sie nicht so vertieft gewesen in die Frage, ob der vorliegende fragliche Nackenschuss wirklich ein Mordfall war oder aber ein Selbstmord, vom Opfer auf heimtückische Art und Weise als Mord vorgetäuscht, hätte sie vielleicht die Schritte gehört, die eine halbe Stunde später an ihrer Bürotür vorbei zielstrebig die Sektionsräume ansteuerten.
    So aber war Sofies Chance, sich rechtzeitig zu verkrümeln, gleich null.
    Auch Frau Dr. Falk war alles andere als begeistert, als der schmucke Mordkommissar plötzlich in ihren

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